KAPITEL 1

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MARIENKÄFER WAREN EINE PLAGE. Wüstensturm schüttelte sich exzessiv, doch das Tierchen wollte nicht von ihrer Nase weichen. Sie nieste. Der rot schwarz gepunktete Kerl blieb sitzen. "Ahhhrrrggg!", sie hüpfte auf und ab und schüttelte sich. "Wer hat dich denn gestochen?", Jaguarkralle spuckte eine frisch erlegte fette Waldmaus vor sich aus. Er war gerade von einer sehr unbeholfenen, langwierigen Jagd zurückgekommen. Noch wollten ihm seine Gliedmaßen nicht wirklich gehorchen, aber die Maus, die er gefangen hatte, hatte es wahrlich darauf angelegt verspeist zu werden. Wüstensturm antwortete nicht. Sie hüpfte einfach nur wie ein verärgerter Fellball auf und ab.

"Wüstensturm?", er kicherte. Sie sah einfach zu witzig aus. "Lach nicht!", sie fauchte ärgerlich und wankte auf den Marienkäfer schielend auf ihn zu, "Mach den weg!" "Was weg?" "Ja den weg.", sie schielte noch intensiver auf den Käfer. Der schwarze Kater brach in heilloses Gelächter aus, als er den roten Käfer auf der Nase der Kätzin entdeckte. Er hatte zwar versucht, seine Erheiterung in einem leisen Glucksen vertuschen zu können, aber bei Wüstensturms Ablick konnte er einfach nicht anders. "Jaguarkralle!", fauchte sie und patschte mit einer Pfote unbeholfen nach ihm. "Das war eine ganze Sprunglänge an mir vorbei.", kicherte er. Sie hatte ihn durch ihr Schielen um Längen verfehlt, auch wenn sie ihn eh nicht wirklich treffen wollte.

Bevor sie noch mehr Terror machen konnte und sich in ihrer Verärgerung in den nahegelegenen Busch warf, miaute er noch immer grinsend: "Ja ja, ist ja gut, jetzt halt mal still." Wüstensturm zog einen Flunsch, hörte aber mit dem Hüpfen auf. Jaguarkralle fuhr vorsichtig eine Kralle aus und lotste den Marienkäfer darauf, um ihn ebenso sanft auf einem Blatt abzusetzen.

Die Kätzin schüttelte sich. "Brrrrrrr...", sie klapperte mit den Zähnen, "Ich mag keine Käfer. Besonders nicht die Sorte." Jaguarkralle grinste sie von oben an. Trotz der tatsache, dass sie sich wieder erholte und ihre aufrechte Haltung zurück gewann, war Jaguarkralle immer noch um einiges größer als sie. "Danke.", jetzt musste auch sie grinsen. Irgendwie war es schon komisch. Ein kleiner rot schwarz gepunkteter Käfer brachte die taffe Kätzin aus der Fassung.

Ihre Beute nebeneinander verspeisend, murmelte Jaguarkralle: "Wie lange denkst du noch, dass wir brauchen, bis wir unseren Clan wieder erreichen?" "Hmppffff...", sie schluckte einen großen Bissen Maus herunter, " Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke es kann sich nur noch um wenige Tage handeln." "Hmmhmm, meine Rede." Ihre Schwänze ineinander verknotet aßen sie beide schweigend weiter und genossen den Geschmack der Frischbeute.

"Wie geht es dir?", fragte Wüstensturm, als sie die letzten Mausreste hinuntergeschluckt hatte. "Hm?" "Ja dein Bein?" Jaguarkralles weniger schwere Wunden waren im letzten Mond recht gut verheilt, während sie sich langsam auf den Rückweg zum DonnerClan gemacht hatten. Aber die tiefe Wunde, die Wüstensturm so notdürftig versorgt hatte, machte ihm immer noch zu schaffen. Sie war noch nicht ganz verheilt, da sie den Riss so lange offenhalten hatten müssen, bis der Muskel wieder richtig verwachsen war. Das war ein scheußlich schmerzhafter Prozess gewesen. Wüstensturm wollte garnicht daran denken, wie sie ihm alle zwei Tagen mit ihren nadelfeinen Krallen das Fleisch hatte aufschneiden müssen, da sich die Wunde sonst zu schnell schloss. Bei der Erinnerung schüttelte es sie am ganzen Leib. Nie wieder wollte sie seine unterdrückten schmerzvollen Schreie hören und das Zittern sehen, das ihn nach der Prozedur immer überkommen hatte. Dadurch dass sie keine Mohnsamen hatten, war das Ganze nochmal schlimmer gewesen. Wüstensturm hatte sich immer tröstend an ihn geschmiegt, aber sie konnte ihm die Schmerzen nicht nehmen. Jetzt war der Muskel recht gut und ordentlich verwachsen und Jaguarkralle konnte sich recht normal bewegen, doch geschlossen hatte sich das Fleisch noch nicht gänzlich.

"Es geht.", mampfte er zwischen zwei Bissen. Sie sah ihn nachdenklich an. Wartete darauf, dass er die Aussage weiter ausführen würde.

"Naja, es schmerzt noch, wenn ich auftrete und irgendwie....", er runzelte die Stirn und überlegte, wie er es am besten ausdrücken könnte, "...hab ich das Gefühl, dass immer so kleine Fasern wie bei nem Spitzwegerichblatt reißt, wenn ich die Pfote zu stark nach oben ziehe.... Ist das schlecht?"

"Hmmmm.", Wüstensturm knabberte an ihrer Unterlippe und ihre Ohren zuckten leicht, "Ich denke, wenn du das nicht zu sehr belastet und zum Beispiel große oder hohe Sprünge machst, sollte das kein Problem sein...."

"Ernsthaft?", ungläubig weiteten sich seine Augen, denn das Gefühl war stets äußerst ungut.

"Ich denke schon.... Du kannst es dir vorstellen, dass es so ist, wie wenn du viel trainierst und dann deine Muskeln schmerzen.", sie versuchte ihm ihre Überlegungen verständlich zu erklären, "Da sind dann auch kleine Risse im Muskel, die verheilen und dich dann stärker machen. Ich denke das ist hier genauso."

"Ahhh.", er nickte verstehend. Solange sie ihm nicht sagte, dass das ein schlechtes Gefühl war, war ihm das heilerische Hintergrundwissen eher egal. "Du bist echt knuffig, wenn du dir um mich Sorgen machst.", miaute er plötzlich aus dem heiteren Himmel. Wüstensturm blinzelte. Ihre Augen waren groß und rund wie der Mond. Dann knuffte sie ihm in die Schuler. "Ich geb dir gleich knuffig." "He! Jetzt bist du nicht mehr ...." "Manchmal ist Schweigen die beste Option.", miaute sie mit einem ironischem Grinsen. "Ich werd...", Jaguarkralle wollte wieder kontern, doch Wüstensturm hatte ihre Nase schon an seine gedrückt und schmiegte sich schnurrend an ihn. Das war die beste Möglichkeit, den großen Krieger zum Schweigen zu bringen. Jaguarkralle seufzte ergeben und genießerisch und schloss die Augen. "Du kleines Biest.", murmelte er leise. Wüstensturm ginste in sein Fell.

Am nächsten Tag beschlossen die beiden Katzen, sich weiter Richtung Heimat auf zu machen. Sie hatten nun einige Tage in dem kleinen Wäldchen verbracht, um sich von den Strapazen des langen Abstiegs vom Gebirge zu erholen. Inzwischen war die Gegend wieder deutlich flacher. Sie hatten bereits die Zweibeinersiedlung wieder durchquert, in der der Hund sie angegriffen hatte. Dort waren sie auch wieder auf das fette und äußerst zuvorkommende Hauskätzchen Mango getroffen und hatten mit diesem einen kurzen Plausch gehalten. Doch sie wollten nicht zu lange bleiben, und waren nach kurzer Zeit wieder weiter gewandert. Nun konnten sie in der Ferne bereits den rauschenden Donnerweg und die Zweibeinersiedlung nahe des Territoriums der Clans erahnen. Da das Land jedoch in dieser Gegend sehr flach war, würde es noch etwas dauern, bis sie zuhause ankamen.

Wüstensturm marschierte durch ein hohes Gerstenfeld, wobei die Pflanzenwipfel leicht wippten, wenn sie aus Versehen mit der Schwanzspitze dagegen stieß. Jaguarkralle war ihr dicht auf den Fersen. "Bald sind wir da.", miaute die Kätzin erleichtert. Ihre Miene drückte vorbehaltlose Freude aus. "Ich kann es gar nicht glauben.", Jaguarkralle schüttelte den Kopf, "Wie beim SternenClan haben wie überlebt und den Rückweg geschafft?" "Ich habe keine Ahnung.", seufzte sie überfragt. "Egal. Ich bin einfach nur froh, dass wir es getan haben." "Und ich erst."

"Sollen wir noch einmal Rast machen, bevor wir den Donnerweg erreichen oder gleich weiter gehen?", fragte Wüstensturm und drehte sich zu ihrem Gefährten um. Die Kätzin musterte ihn besorgt. Er lief zwar recht sauber, doch ihr fiel auf, dass er das verletzte Bein immer noch nicht voll belasten konnte. "Am besten nicht übertreiben.", meinte Jaguarkralle, "Ich will mich vorerst schonen, nicht dass noch etwas endgültig zerstört wird." "Hmmm, hast recht. Meine Gesundheit lässt auch noch zu wünschen übrig", musste sie zugeben. Sie war inzwischen zwar wieder gut auf den Beinen, und hatte wieder etwas zugenommen, doch noch immer waren ihre Rippen zu sehen und ihre ehemalige Kraft noch lange nicht wieder hergestellt. Wüstensturm wusste, dass sie weder ihm noch ihr selbst zu viel abverlangen konnte, vor allem, wenn die Mühen komplett unnötig wären.

"Dann lass uns am Rande des Feldes einen Unterschlupf suchen... Ich denke da sollte sich wieder ein Graben wie zuvor befinden.", schlug Jaguarkralle vor. Die Kriegerin nickte zustimmend. Sie schnurrte, als er darauf bestand, neben ihr zu gehen, um seinen Schwanz mit ihrem verschränken zu können. Kein Zweifel mehr: Sie waren wirklich Gefährten. Ihre Augen strahlten vor Glück und ihr Herzschlag beschleunigte sich jedes Mal, wenn Jaguarkralle ihr so nahe kam - auch wenn sie gedacht hatte, das irgendwann gewöhnt zu sein.

Sooo, neues Kapitelchen. Ich hoffe euch gefällt's! XD Ich schreibe bis zum 13.07 Prüfungen, da wird es wahrscheinlich nicht so regelmäßige Updates geben, aber danach habe ich vor wieder weiter zu schreiben. Günstigsterweise möchte ich jeden Tag bzw jeden zweiten Tag ein Kapitel veröffentlichen. ^^

Vielen Dank fürs Lesen!

Eure Diana Jane. 

WarriorCats - Zeichen des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt