~ K A P I T E L 3 ~

9 3 1
                                    

Yoongi POV

Ich schenkte mir gerade einen Whiskey ein, als mir Sekjins Starren zu bunt wurde.

"Jetzt sag schon, was dir auf der Zunge liegt" forderte ich kühl.

Er war vor wenigen Minuten von seinem nächtlichen Streifzug nach Hause gekommem und stand nun seitdem an die große Flügeltür zu meinem Salon gelehnt und durchbohrte mich mit seinem Blick.

"Was ist nur in dich gefahren, dass du diesen Jungen in Angst und Schrecken versetzt?!" platzte es aus ihm heraus.

Von seinem Ausbruch unbeeindruckt, schwenkte ich die goldende Flüssigkeit einmal in dem Kristallglas und ließ sie in dem fahlen Kerzenschein glitzern.

"Ich weiß nicht was du meinst" antwortete ich monoton und nahm einen Schluck.

Genießend schloss ich die Augen, als der Alkohol meine Kehle hinunter lief und ich das angenehme willkommene brennen spürte.

Aufgebracht stieß Seokjin sich von der Flügeltür ab und trat an mich heran.

"Vorhin, im Opernhaus. Du hast den Jungen zu Tode erschreckt!" setzte er nochmal an und durchbohrte mich erneut mit einem finsternen Blick.

Nun sah ich ihn ebenfalls an.

"Ich sage es dir nochmal. Ich weiß nicht wovon du redest" entgegnete ich kühl.

"Der Junge hatte Todesangst... Sein Blut und er rochen..." kurz stockte Seokjin, schloss die Augen und sammelte sich, aufgrund der Erinnerung, die gerade vor seinem inneren Auge aufblitzte "es hat mich jegliche Mühe gekostet, ihn wieder zu beruhigen"

Mit jeglicher Mühe ihn zu beruhigen, meinte Seokjin wohl viel mehr, dem Geruch seines Blutes zu wiederstehen, welches bei Angst verführerisch durch die Adern der Menschen rauscht. Gepaart mit dem Geruch von Angst, war es ein berauschender Duft, dem unsereiner nur nach jahrelanger Erfahrung und Selbstbeherrschung widerstehen konnte.

Und selbst dann unterlagen die meisten ihren Instinkten.

"Du scheinst der Verlockung widerstanden zu haben. Das freut mich" und nahm noch einen Schluck der goldenen Flüssigkeit. "Ich hätte dir nur ungerne den Kopf abgerissen, nur weil du meiner Hauptrolle das Leben ausgesaugt hast..." sagte ich ernst und schwenkte den Rest des Whiskeys noch einmal in dem Kristallglas.

"Und was ist mit dir? Wirst du der Verlockung auch widerstehen?" entgegnete Seokjin provozierend.

Ich löste meinen Blick von der goldenen Flüssigkeit und sah Seokjin kühl an.

"Du solltest deine Zunge ein wenig mäßigen..." sprach ich und fixierte ihn drohend mit meinem Blick.

Seokjin hielt meinem stechenden Blick nicht lange stand. Ich konnte genau den Moment in seinen Augen erkennen, in dem er nach gab. Das war auch der Augenblick, als ich wieder von ihm abließ und meine Aufmerksamkeit wieder dem Alkohol zukommen ließ.

"Du kannst nicht leugnen, dass der Duft des Jungen einem die Sinne vernebelt" sagte Seokjin nun etwas sanfter.

"Es gab schon viele wie ihn" antwortete ich monoton.

"Aber keiner hat dich bisher dazu gebracht, in der Öffentlichkeit deinem Instinkt nach zu gehen..." gab Seokjin zu bedenken.

Er spielte damit auf die gestrige Situation vor dem Opernhaus an.

Ein Moment, in dem ich mich kurz von seinem verführerischen Duft locken ließ, einem Moment, in dem der Ruf des Blutes fast lauter gewesen war, als das Rufen meines Begleiters.

Der Graf von Raidenhall     Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt