•|Die anderen Boten|•

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Jahre waren vergangen, seit Darcy und Ruhn ihre erste Begegnung auf jener Lichtung hatten. Die Welt veränderte sich stetig, doch die Schatten, die sich in der Dunkelheit ausbreiteten, blieben eine immerwährende Bedrohung. Die Menschen glaubten längst, alle Hexen wären auf den Scheiterhaufen verbrannt, doch Darcy überlebte, verborgen in einem alten, verlassenen Schloss, das an den Klippen einer windumtosten Küste lag. Es war ein düsterer, verlassener Ort - hohe, spitze Türme und steinerne Zinnen ragten wie Finger in den Himmel, während der Ozean unter ihnen tosend gegen die Felsen schlug. Hier, in dieser Isolation, fanden sich Darcy und die vier Boten, vereint durch ein Ziel: das Böse zurückzudrängen und das Gleichgewicht der Erde zu schützen.

Eines Abends, während die kühlen Winde des Winters das Schloss umspielten, saß Darcy am großen, steinernen Kamin, als Ruhn sie zur Bibliothek rief. „Es ist an der Zeit, dass du die anderen kennenlernst", hatte er gesagt und ihr einen langen, ruhigen Blick zugeworfen. Darcy folgte ihm schweigend durch die düsteren Gänge, das Feuer seiner silbernen Magie als einziges Licht in der Dunkelheit.

In der Bibliothek erwarteten sie drei Männer, jeder so verschieden vom anderen, dass Darcy für einen Moment verblüfft stehen blieb. Zuerst fiel ihr Blick auf den größten der drei - ein breitschultriger Mann mit einem dichten, weißen Bart, der wie eine Mischung aus Wildheit und Wärme wirkte. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er Darcy sah.

„Ah, also bist du die Letzte der Hexen!" rief er mit einer Stimme, die den Raum erfüllte. „Ich bin Klaus, aber die Menschen nennen mich Santa Claus. Ja, ich weiß, ein wenig absurd, oder? Ich verteile Geschenke und bewahre die Freude - aber das ist nur ein Teil meiner Arbeit." Er zwinkerte und lachte, ein herzhaftes, klingendes Lachen, das selbst Darcy ein Lächeln entlockte.

Neben ihm stand ein Mann mit einem schmalen, fast drahtigen Körper, der jedoch voller Energie zu vibrieren schien. Sein Fell war dicht, und große, schlappohrige Hasenohren zuckten ständig, als ob er nie stillstehen konnte. „Ich bin Flips", sagte er mit einem schelmischen Grinsen, „aber auch als der Osterhase bekannt. Ich bringe Fruchtbarkeit, Neuanfang und das Versprechen des Frühlings, aber wenn mir jemand dumm kommt, kann ich auch anders." Seine Augen blitzten dabei gefährlich auf, doch sein Lächeln verriet, dass er nicht wirklich böse war - nur schnell reizbar.

Der letzte war ein Mann von schlanker Gestalt, fast schwebend, mit einer ruhigen, unheimlich friedvollen Ausstrahlung. Sein Gesicht hatte etwas Verträumtes, und sein Blick war ein wenig abwesend, als würde er ständig in eine andere Welt schauen. „Zeke", sagte er sanft und nickte Darcy zu. „Ich bin der Sandmann, Herr der Träume und Ruhe. Und das bedeutet, dass ich die meiste Zeit die Erde besänftige, wenn die Menschen in ihrem Schlaf das Gleichgewicht finden." Seine Stimme war sanft und doch durchdringend, als ob sie in den Köpfen der Zuhörer nachklingen würde.

Darcy musterte die drei neuen Verbündeten mit kritischem Blick. Diese skurrile Truppe sollte die Erde vor den dunklen Mächten schützen? Und sie selbst, die Hexe der Schatten, sollte Teil davon sein? Sie konnte nicht verhindern, dass ein skeptisches Lächeln über ihre Lippen huschte. Doch Ruhn, der wie immer still an ihrer Seite stand, legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter.

„Sie mögen eigen sein", flüsterte er, „aber ihre Kräfte sind stark. Wir alle haben einen Platz in diesem Kampf, Darcy."

In den nächsten Monaten lernte Darcy, die anderen besser zu verstehen. Klaus, der Weihnachtsmann, war tatsächlich der humorvolle Boss der Truppe. Doch seine Freude und seine Lachen verbargen einen tiefen Ernst. In jeder Besprechung, jeder Planung strahlte er eine unerschütterliche Entschlossenheit aus, die Darcy beeindruckte. „Das Böse hat viele Gesichter", erklärte er einmal, „und unsere Aufgabe ist es, das Licht in den Herzen der Menschen zu bewahren, wie klein es auch scheinen mag."

Flips hingegen schien immer am Rand seiner Geduld zu stehen und wirkte oft wie ein aufgeregtes Kaninchen, das auf den Frühling wartete. Doch im Kampf zeigte sich seine wahre Stärke: Er war flink und unberechenbar, ein Wirbelsturm aus Energie, der mit blitzschnellen Manövern die Kreaturen der Dunkelheit austricksen konnte.

Zeke, der Sandmann, schien jedoch der geheimnisvollste der vier zu sein. Wenn er sprach, schien es, als würde die Zeit stillstehen. „Schlaf ist das Tor zur Seele", sagte er eines Nachts zu Darcy, „und die Albträume der Menschen bergen oft die dunklen Wesen, die wir bekämpfen. Die Träume geben mir Einblicke in ihre Ängste, ihre Schwächen." Er wirkte ruhig und gelassen, doch Darcy ahnte, dass er eine gefährliche Seite besaß

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