twelve

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Caroline reagierte nicht. Stattdessen schritt sie mit hoch erhobenem Kopf neben einem unserer Bodyguards Richtung Fahrstuhl und würdigte mich keines Blickes mehr. Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, war ich froh über ihre distanzierte Art und meine Feigheit.

Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich es wirklich ausgesprochen hätte. Wenn ich ihr wirklich gesagt hätte, dass ich sie nicht zur Show verteidigt hatte. Wahrscheinlich hätte sie mich ausgelacht. Oder mir eine geklatscht. Oder beides. Jedenfalls war mir ihre kalte Schulter gerade lieber als jede imaginäre Szene, die sich in meinem Kopf abgespielt hatte. In jeder hatte sich Caroline noch weiter von mir entfernt. Hatte komplett dicht gemacht, weil sie die Wahrheit nicht akzeptierte. Nicht hören wollte.

"Liam! Kommst du endlich?"

Ich hob den Kopf, um zu schauen woher die vertraute Stimme von Niall kam und nickte hastig, als ich den Blondschopf bei den anderen am Fahrstuhl entdeckte und mich wie auf Kommando in Bewegung setzte, um es noch rechtzeitig in die kleine Kabine zu schaffen. Wieder in Carolines Nähe, die mir auf mir immer noch suspekte Weise den Atem zu rauben schien.

"Das Interview wird bestimmt unheimlich entspannt.", verkündete Harry mit einem breiten Grinsen auf den Lippen, als sich die Türen schlossen und wir uns auf direktem Weg zu Zayns und meiner persönlichen Hölle befanden. "Die werden sowieso nur Liam ausfragen.", ergänzte Louis mit einem genauso dreckigen Grinsen seinen besten Freund und wackelte mit den Augenbrauen, als er abwechselnd zu Caroline und mir schaute.

Als Antwort folgte nur eine Augendrehen von mir und ein verächtlicher Blick von meiner engagierten Freundin, gefolgt von direkten Anweisungen in gewohnt kaltem Ton: "Wenn irgendwelche Fragen kommen, die mich betreffen, habt ihr alle eure Münder zu halten. Liam weiß, was er zu sagen hat. Hoffe ich jedenfalls. Bei zu persönlichen Fragen wird euer Pressesprecher eingreifen und euch sagen, dass ihr ruhig sein sollt."

Alle nickten. Bis auf Harry, der nur grinsend mit den Schultern zuckte. Scheinbar waren seine Mundwinkel an den Ohren befestigt und zwangen ihn ständig dazu Zähne zu zeigen. "Caro, entspann dich mal. Hast du schonmal Interviews von uns gesehen? Wir geben da immer irgendwelche Kommentare, da machen wir bei dir doch keine Ausnahme. Du scheinst dich nicht richig informiert zu haben." Mit seinem letzten Satz schüttelte er noch kurz mit einem tadelnden Gesichtsausdruck den Kopf und fixierte sie mit seinen Augen.

Ich merkte, wie ich die Luft anhielt, als ich auf Carolines höchstwahrscheinlich einer Explosion einer Atombombe gleichende Reaktion auf Harrys freche Art wartete. Jedenfalls, wäre ich schon längst tot, wenn ich so mit ihr sprechen würde.

Also würde sie auch Harry zusammenstauchen. Mit wenigen gezielten Worten, die an den richtigen Stellen schmerzen würden wie Messrstiche. Sie würde ihn leiden lassen und mit einem zufriedenen Lächeln zusehen, wie sein Respekt ihr gegenüber steigen würde. Genau so, wie sie es bei mir immer tat.

Doch es passierte nichts. Gar nichts. Sie ignorierte ihn nicht einmal, sondern teilte dem vor Selbstbewusstsein nur so strotzendem Mann mit, dass er es nicht übertreiben solle. Mehr nicht. Sie lächelte auch noch dabei.

Bin ich im falschen Film?

Am liebsten hätte ich meinen Kopf geschüttelt und dabei mit meinen Fuß gegen die Wand getreten, als sich die plötzliche Wut gemischt mit der lähmenden Enttäuschung in mir ausbreitete, wie Gift. Wie ein Nervengift, denn meine Nerven schienen mir durchzubrennen, als ich erst meinen Kollegen und dann meine Fakefreundin aus zusammengekniffenen Augen musterte.

Wieso war sie so anders zu ihm? Wieso war sie so anders zu mir? Wollte sie mir das Leben wirklich so schwer machen? Welchen Grund hatte sie, mich so zu hassen? Brauchte sie überhaupt einen Grund mich zu hassen, oder tat sie es einfach?

ToxicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt