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Henry

(Ich hörte einen erstickten Schrei und das scheppern von Glas). Augenblicklich versteinerte sich mein Körper, meine Mutter jedoch rannte durch die offene Tür. Ich folgte ihr, und sah, wie eine Krankenschwester auf dem Boden lag. Bei genauerem Hinsehen konnte man erkennen, dass sie eine Platzwunde am Kopf hatte, als sie sich hustend wieder aufrappelte. Meine Oma lag weinend im Bett, das Tablett zu ihrer rechten war umgeworfen. Ich blieb wie angewurzelt stehen, meine Mum jedoch hechtete zu der Schwester. Sie half ihr hoch, und fragte sie, ob alles in Ordnung war, doch diese winkte nur ab.
»Alles Okay, das ist normal bei Patienten«, quetschte sie mit beinahe geschlossenem Mund hervor, und verließ schnell den Raum. Meine Mum drehte sich zu meiner Oma um, schaute sie böse an. »Was hast du dir dabei gedacht, sie so zu verletzen?« Meine Oma weinte noch immer, nun jedoch sah sie meine Mum genau an. »Ich- I... Nein... Au«, wisperte sie, und wandte sich mir zu. Ihr milchigen Augen ließen mich vermuten, dass sie es nicht absichtlich gemacht hatte, doch sie hatte sich offensichtlich nicht besser zu helfen gewusst. Ich drehte den Stuhl um, der neben dem Bett stand, und setzte mich nieder. Meine Mum setzte sich auf das andere- freie - Bett in dem Zimmer. Ich hatte kaum einmal durchgeatmet, da kam auch schon dr. black durch die Tür, und streckte und alles freundlich die Hand entgegen. »Guten Mittag«, begrüßte er und, und lächelte ein wenig gezwungen.
»Guten Mittag«, antwortete ich, und lächelte ihm ebenfalls zurück. Er hatte bräunliche Haare, auch wenn die meisten von grauen überdeckt wurden. Er sah ziemlich sympathisch aus, so wie nahezu jeder Arzt. Meine Mum sah ihn besorg an. Sie hatte angst um ihre Mutter. Wenn ich mir vorstellte, dass meine Mum Alzheimer hatte wurde mir unwohl zumute.
»Aus welchem Grund sind wir hier?«, fragte meine Mutter, und dr. Black drehte sich zu ihr um. »Es wird schlimmer«, begann er. »Ihren kleinen 'Anfall' durften sie ja gerade selber miterleben. Und dann haben wir gestern bei einem Ct bemerkt, dass...«
»Dass was?«, platzte es aus mir heraus, ich konnte es nicht mehr abwarten. Augenblicklich drehten sich die beiden zu mir, und meine Mum sah mich mit einem tadelndem Blick an. Sie mochte es nicht, und doch tat ich es immer wieder.
»Wir haben einen Tumor entdeckt. Bösartig. Dennoch heilbar.« er machte eine Pause. »Er ist behandelbar, meine Frage am sie ist nun, ob sie das wirklich tun wollen. Sie müsste von einem Onkologen operiert werden, danach würde eine Zeitaufwändige Chemo notwenig sein.«
Meine Mum schaute bestürzt. »Na und, was spricht gegen die Behandlung?«
»Ihr Mutter ist 77 Jahre alt, und hat seit 6 Jahren Alzheimer. Sie hätte sowieso nicht mehr 2 Jahre, und das, wenn wir sie an Maschinen anschließen. Die Behandlung würde ca. 13 Monate dauern, und aus welchem Grund? Damit sie danach noch weniger als 1 Jahr lebt? Besser gesagt, leidet?«
Ich schaute bedrückt zu Boden, hörte ein Wimmern, schaute nach rechts und sah, dass meiner Mum eine Träne aus dem Auge kullerte. »Das bedeutet...«, fing sie an, doch unterbrach sich. Dr. Black beendete den Satz. »Das bedeutet, dass es das beste für uns, für euch und vor allem für sie ist, wenn wir sie in ein Hospiz versetzen.«

Solange ich LebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt