X.

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Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, als ich hier zu einem Glas Limonade in meiner Küche neben Aaron saß. Meine Mom unterhielt sich ausgiebig mit seiner Stiefmutter und Aaron neben mir wippte mit dem Bein, was nicht gerade beruhigend auf meine Nerven wirkte.

Als meine Mutter dann irgendwann den großartigen Vorschlag machte, wir sollen doch mal in mein Zimmer gehen und Anfangen, nickte ich bloß angespannt und machte mich auf den Weg, Aaron knapp hinter mir.

"Das ist ja wohl ein schlechter Scherz. Als meine Mom sagte Ms. May und ihr Sohn Adam kommen, hätte ich nicht mit Mrs. Hayes und ihrem Stiefsohn Aaron gerechnet. Wieso ist sie bloß so verdammt schlecht mit Namen?"
Brach es aus mir heraus, kaum dass ich meine Zimmertür hinter uns geschlossen hatte.
Ich drehte mich zu ihm um und funkelte ihn böse an.
"Nein verdammt, denkst du ich hab mich gefreut als ich dich gesehen hab Morrison? Und Anne heißt wirklich May, sie hat bei der Hochzeit ihren Namen behalten."

"Nenn mich verdammt nochmal nicht so, mein Name ist Allie."
"Oh nein," widersprach er mir und setzte sich auf mein Bett, "dein Name ist Allison Christine Morrison." Lächelte er provokant.
Ich kniff die Augen zusammen und fasste an meine Schläfe.

"Okay du Klugscheißer, hör mir mal zu. Ich kann jetzt auch einfach wieder runter gehen und meine Mutter darüber in Kenntnis setzen, dass du mich seit fünf Jahren terrorisierst und ich verdammt nochmal nicht das geringste bisschen daran interessiert bin, ob du das Abschlussjahr schaffst oder nicht."
Ich unter brach mich selbst und hob den Zeigefinger, "Halt, nein das stimmt so nicht. Ich würde es dir sogar regelrecht gönnen, wenn du gnadenlos versagst und durch die Abschlussprüfung fällst. Also entweder du reißt dich jetzt verdammt nochmal zusammen, oder du verschwindest auf der Stelle und suchst dir eine andere Nachhilfe, die dich ertragen muss. Verstanden?"

Er besaß doch tatsächlich die Dreistigkeit, mir dreckig ins Gesicht zu lachen.
"Ernsthaft? Hast du so eine Angst vor mir, dass du direkt Mama petzen gehen musst?"
Ich ballte meine Hände zu Fäusten und musste den starken Reiz unterdrücken, ihn anzuspringen und ihm die Augen auszukratzen oder seinen Kopf gegen die Wand zu hauen oder sonst eine Dummheit anzustellen.

"Nein. Weißt du was? Dann gehen wir beide runter und du erklärst das -wie hieß sie gleich? Annie? Anna?- selbst. Irgendwie war es dir ja wies aussieht wichtig, dass sie nichts davon merkt, dass wir uns kennen. Mal gucken, wie sie reagiert wenn du ihr gestehst, dass du irgendwelche Mädchen tyrannisierst."

"Oh nein. Das werden wir sicher nicht. Und du bist auch nicht besser mit Namen als deine Mommy. Ihr Name ist Anne."
Er spielte zwar cool, ich hatte allerdings gesehen wie sich seine Augen minimal weiteten, als ich seine Stiefmom erwähnte.
"Gut, dann geh ich eben doch alleine." Und schon hatte ich die Tür wieder geöffnet und stand auf dem Flur.

"Nein!"
Kaum hatte ich zwei Schritte gemacht, stand er hinter mir und legte mir eine Hand auf die Schulter.
Ich drehte mich ruckartig um.
"Fass mich nicht an!" Zischte ich, als ich seine Hand wegschlug und noch einen Schritt machte.

Diesmal griff er nach meinem Handgelenk. Ich entzog es ihm mit einem Ruck.
"Ich hab gesagt du sollst mich nicht-"
"Verdammt Allie. Bitte."
Es waren vier Dinge, die mich innehalten ließen.

Die Tatsache, dass er bitte sagte.
Die Verzweiflung in seiner Stimme.
Die Tatsache, dass er meinen Spitznamen benutzte.
Aber vor allem der flehende Blick, der mir begegnete als ich mich wieder zu ihm umdrehte.

"Wieso nicht?"
"Das verstehst du nicht."
Ich zog eine Augenbraue hoch.
"Ach echt nicht?" Dann setzte ich mich wieder in Bewegung.
"Verdammte scheiße bleib stehen. Okay, gut ich erklärs dir, aber komm zurück ins Zimmer."
Schnell lief ich die Treppe runter und als ich mich umdrehte sah ich Aaron, wie er immer noch am Kopf der Treppe stand und sich die Haare raufte.

Als ich die Küche betrat lachten die Beiden gerade ausgelassen, sahen mich jedoch fragend an als sie meine Anwesenheit bemerkten. Anne lächelte mir zu und sie sah aus wie die Verkörperung des Weltfriedens oder so. Sie war so sympathisch und kam mir so lieb vor, dass ich das Gefühl hatte, es würde ihr das Herz brechen, wenn sie wusste was für ein ekelhaftes Arschloch ihr Stiefsohn wirklich war.

Also lächelte ich zurück, füllte zwei Gläser mit Limonade und verließ den Raum wieder. Beinahe stieß ich mit Aaron zusammen als ich um die Ecke bog. Ich drückte ihm wortlos das Glas in die Hand, er zog die Augenbrauen zusammen und ich wusste nicht, ob das ein fragender oder ein wütender Blick sein sollte.
Dann ging ich erneut die Treppe hoch und er folgte mir. Als wir uns dieses mal nebeneinander auf mein Bett setzten schwiegen wir uns an.

"Wie wärs mit einem Deal?"
Fragte ich nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich nachgedacht und meine Limo getrunken hatte.
"Ernsthaft?" Lachte dieses sarkastische Arschloch.
"Ja, du Depp ich mein das vollkommen ernst." Antwortete ich ihm gereizt.

"Mhm, lass hören, was für mich dabei rausspringt. Sex zählt nicht, den will ich von dir nicht." Gab er mit einem spöttischen Lachen zurück.
"Du bist echt ekelhaft. Was soll schon für dich rausspringen? Dein Abschluss natürlich du Vollidiot."
"Willst du mir die Prüfung schreiben oder was?"

"Gott wie kann man nur so verblödet sein?"
"Sei nicht ständig so frech Morrison. Ich weiß schon was du meinst, aber wer garantiert mir schon, dass deine Nachhilfe mir den Abschluss bringt?"

Ich zeigte auf ihn.
"Das ist Teil des Deals."
"Dass du aufhörst so frech zu sein? Einverstanden." Er zwinkerte und ich unterdrückte erfolgreich einen Brechreiz.

"Nein. Dass du aufhörst frech zu sein." Ich zwinkerte übertrieben zurück, er zog bloß beide Augenbrauen hoch und verschränkte die Arme vor der Brust.

Bevor ich weiter sprach dankte ich einer höheren Macht dafür, dass ihm ausnahmsweise kein dummer Spruch dazu einfiel.

"Du nennst mich nicht mehr Morrison. Nie wieder. Ich heiße für dich ab sofort Allie. In der Schule lässt du mich in Ruhe. Ich verlange nicht, dass du nett zu mir bist, um Gottes Willen, mir ist es am liebsten wenn du mich einfach ignorierst. Aber diese ständigen dummen Sprüche, die grundlosen Beleidigungen haben ein Ende."

"Dafür, dass wir ein bisschen Hausaufgaben machen? Ich weiß ja nicht, ob es sich lohnt, diesen Spaß dafür aufzugeben."

"Nein, dafür, dass ich unseren Müttern gegenüber nicht zufällig erwähne, was für ein ekelhaft sarkastisches, selbstverliebtes Arschloch du bist. Und dafür, dass mir nicht aus Versehen in der Schule raus rutscht, dass du Hilfe brauchst, um deinen Abschluss zu schaffen. Achso und natürlich dafür, dass ich dir Mathe erkläre und dabei versuche, mich nicht über deine mickrigen mathematischen Fähigkeiten lustig zu machen. Wobei das wahrscheinlich nicht das einzig mickrige an dir ist, denn wies aussieht, hast du was zu kompensieren und man weiß ja, wo bei Jungs meistens das Problem liegt. Oder sollte ich sagen wo es hängt?"

"Also mickrig ist da schonmal gar nichts und wenn überhaupt, wäre die meiste Zeit steht das Verb, nach dem du suchst. Kannst einige Mädels in unserer Stufe fragen, die dir das bestätigen würden." Gab er zurück und kam mir dabei beinahe belustigt vor.
"Ist ja auch egal Aaron, es interessiert mich nicht."
"Ach echt nicht?" Imitierte er mich von vorhin. "Du hast aber davon angefangen."

Ich stöhnte genervt auf und verdrehte die Augen.
"Vergiss es. Zurück zum Thema. Entweder wir einigen uns darauf oder ich gehe runter und frage Anne mal, ob sie weiß, was du den ganzen Tag so treibst. Also, deal?"

"Na gut, Deal."

The Absence of Heat - Die Abwesenheit von WärmeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt