Tränen in den Ohren

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×Tränen in den Ohren

Unser letzter Sommer, war der beste meines Lebens. Falls meine Kinder, die ich vermutlich nie bekommen werde, jemals diese Briefe lesen sollten, möchte ich das dieser Sommer besonders hervorgehoben wird. Diese langen Abende, in denen die Sonne erst spät untergeht und viel zu früh wieder aufgeht. Wenn wir, in der kurzen, schwülen Nacht draußen lagen, auf einer Decke und in den Himmel starrten. Der Sommer, in dem wir zusammenzogen. Unsere Wohnung war perfekt. Klein, aber einfach perfekt. Wir hatten kein Bett, nur eine überdimensionale Couch und wir brauchten auch kein Bett. Wir schliefen auch am Küchenboden gut, denn wir waren schlimmeres gewöhnt. Unsere Vermieterin, die alte Mrs. Simons, war eine herzensgute Frau. Sie hatte uns gern, nannte mich Liebchen und neckte dich mit Griesgram, weißt du noch?
Wir hatten ein Flachdach, auf das wir uns in diesen kurzen, schwülen Nächten immer schlichen, mit etwas Stoff und mit etwas Hochprozentigen. Wir machten es uns auf einer alten Patchworkdecke gemütlich und redeten. Zogen hin und wieder eine Line, rauchten was, zum Schluss des Sommers waren auch immer häufiger Spritzen dabei. Ich wusste nicht, woher du es hattest. Wollte es auch gar nicht wissen. Doch jetzt verfluche ich mich, wieso ich mich nie getraut hatte zu fragen. Diese eine spezielle Nacht, von der ich immer noch träume, du warst nicht gut drauf und sagtest, du wolltest noch schnell etwas holen. Als du, am Abend zu mir hinauf gestiegen bist und das kleine Säckchen, den Löffel, die Zitronensäure und zu guter Letzt auch die Spritze aus deiner Jacke gezogen hast, dachte ich du scherzt. Ich meine, hin und wieder ein bisschen Gras oder auch eine Line, ja, aber, dass was du da hervorgezaubert hast. Ich hätte dich sofort zusammenscheissen sollen, dich fragen, was zum Henker in dich gefahren war. Aber ich blieb still. Lange. Zu lange. Erst als du die Nadel in meine Haut rammtest, machte ich meinen Mund auf und... stöhnte. Dieses Gefühl. Es überrante mich, heiß und kalt zugleich. Bereite mir Gänsehaut. Mein Puls beschleunigte sich bis ich nur noch das wilde Pochen meines Herzens hörte. Ich starrte dich an, begeistert und ängstlich zugleich. Ängstlich, weil ich wusste, wenn du es schon so dringend brauchtest, du schon zu tief in dieser Scheisse drinnen warst. Also genoss ich das Gefühl, die Welt drehte sich viel zu schnell um mich, und es war toll.
Wir lachten, bis uns die Tränen kamen, schrien laut auf. Beschützten uns gegenseitig vor unserem eigenen Verstand, der uns Streiche spielte. In den frühen Morgenstunden, es war so um die 4 Uhr, denke ich. Wir lagen keuchend nebeneinander. Wir hatten getanzt, ohne Musik, wild getanzt. Uns geküsst. Und dann waren wir, erschöpft und immer noch mit wild pochenden Herzen und ohne Atem auf die Decke gefallen und haben weiter geredet. Wir haben wieder gelacht. Und wieder geweint. Du hast dir mit dem Handballen die Tränen von den Wangen gestrichen, doch ein weiter Heulkrampf erfasste uns beide und du ließt deine Hand wieder sinken.
"Wenn ich meine Tränen einfach laufen lasse, laufen sie dann in meine Ohren? Weinen meine Ohren dann mit mir einfach mit?"
Und ich hatte geantwortet:
"Ja, ich glaube wir haben Tränen in den Ohren. Oh, es kitzelt...", wieder habe ich angefangen zu kichern und du hast miteingestimmt.

Jetzt in diesem Moment, hab ich wieder Tränen in den Ohren.

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