Das Mädchen mit den bunten Hosen

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×Das Mädchen mit den bunten Hosen

Du hast mich schon immer gekannt, hast mich von jeher geliebt und geschätzt. Du hast gewusst, wie ich ticke und meinen Style vor mir entdeckt. Das Mädchen mit den bunten Hosen, so hast du mich genannt. Hast mich aufgezogen, wenn ich meine weiten, bunt gemusterten Hose angezogen hatte, und doch haben sie dir gefallen. Das glaube ich, hoffe ich jedenfalls.
"Sie sind gemütlich und für was soll ich mich hübsch machen?", hab ich dich gefragt. Und du hast bloß gelächelt. Ich bin mir nicht sicher, was danach geschah, aber... ich glaube es hat Spaß gemacht. Die restliche Nacht habe ich gelöscht. Mit schweren Mitteln habe ich sie aus meinen Gedächtnis verbannt. Den Spaß, den wir hatten. Sie Halluzinationen, die zuerst ganz lustig waren, aber immer schlimmer wurden. Unsere wirren Blicken, die sich trafen, um sich gegenseitig von ihren eigenen Gedanken zu beschützen. Die Berührungen, die folgten. Ich merke sogar jetzt, dass ich rot werde, nur wenn ich an diese Nacht denke. Die Leidenschaft.
Ich hab doch schon mal von Niklas geredet oder? Ich liebe ihn nicht, aber er ist hier und du bist es nicht. Er kann gut küssen, weißt du? Ich kann mich an deine gar nicht mehr erinnern, deine rauen Lippen an meinen. Deine Bartstoppeln die meine Wange berühren. Das Brennen. Die Lust auf mehr. Nik hat das alles nicht, außer vielleicht sein Bart. Aber deiner war kratzig und männlich, seiner ist so weich. Wenn ich Niklas beschreiben müsste, würde ich sagen, er sei weich, glatt, beinahe perfekt. Du warst alles andere als das. Du warst kantig, rau und... ja, sexy. Du warst das genaue Gegenteil von perfekt, mit deinen Stimmungsschwankungen und mehr schlechten als guten Zeiten im Leben. Nik ist so anders, aber er tut mir gut. Trotzdem, ich vergleiche euch ständig und immer wieder zeigt er mir, wie sehr du mir fehlst, wie deine unangebrachten Wutausbrüche, deine willkürlichen Liebeserklärungen und deine sarkastische und  leicht pessimistische Art mir fehlen. Ich glaube, er mag mich. Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich ihn vielleicht sogar geliebt. Wäre brav geworden, hätte in einer Vorstadt gelebt, hätte ihm ein paar Kinder zuviel geschenkt. Wir hätten geheiratet. Du hast mich verkorkst. Du ganz allein. Naja, vielleicht auch meine Familie. Aber zum größten Teil doch du. Weißt du, wieso ich an dich denke? Ich trage gerade eine meiner bunten Hosen, die erste, die du mir gekauft hast. Zu meinen ersten Geburtstag, den wir beide betrunken gefeiert hatten. Sonst warst immer nur du zu. Ich streiche über meine bunte Hose und hoffe, dass sie dir gefallen haben. Manchmal hast du sie gehasst, hast mich angeschnauzt, ich soll mir was anständiges zum anziehen suchen. Aber dann waren da wieder Tage, das hast du sie gemocht. Unser letzter Tag.
Denn am letzten Tag hast du gesagt:
"Ich liebe dich, denn für andere bist du nur ein kleines Mädchen, das nicht weiß was es anziehen soll. Aber was sie nicht sehen ist, dass du mein Mädchen mit den bunten Hosen bist." Das war ich, ja. Dein Mädchen mit den bunten Hosen.

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