20. Dr. Google und der wehleidige Ardian

3.1K 174 9
                                    

"Du hast bestimmt keine Bindungsängste, Abby. Du wirst doch nicht auf Dr. Google hören, der alles zehnmal so schlimm macht, als es tatsächlich ist, anstatt einem guten Freund und Frauenversteher zu glauben", sagte Tobi ernst, während ich mir ein weiteres Mal mein Longboard fester unter den Arm klemmte.

"Und woher willst du das wissen?", raunte ich und kaute mit den Zähnen auf meiner Unterlippe herum.

"Jetzt hab' dich nicht so. Nur weil es dir vielleicht ein wenig zu schnell geht, brauchst du noch lange nicht solche Panik zu schieben."

"Ich will ihn aber nicht enttäuschen, Tobi", sagte ich verzweifelt, worauf mir mein Board aus der Hand rutschte und es auf den Boden fiel. Danach greifend erinnerte ich mich jedoch an ein wichtiges Kriterium, dass ich Tobi ja noch gar nicht richtig klargemacht hatte: "Außerdem ist Taddl gar nicht in mich verliebt."

Ich hörte ein lautes Seufzen auf der anderen Seite des Hörers.

"Ich könnte eigentlich genauso gut mit einer Wand reden."

Als ich mein Board wieder richtig unter dem Arm hatte, fiel mir auf, dass ich die Straße, in der ich mich aktuell befand, bedenklich gut kannte.

"Ich würde vorschlagen, dass wir dieses Gespräch auf Montag verschieben. Weil ich nämlich nicht groß deine Meinung ändern kann, wenn ich dich gleichzeitig nicht durch meine körperliche Präsenz einschüchtern kann", hörte ich Tobi sagen, während ich mir die Gebäude in dieser Straße näher anschaute.

"Mmh", raunte ich. Mein Blick glitt währenddessen an der Hausfassade entlang, auf deren Straßenseite ich mich befand und endlich schien der Groschen zu fallen. Ich stand bereits vor dem Haus, in dem sich meine Wohnung befand. Genau vor der Haustür. Während mich die Oma aus dem ersten Stock durch ihren offenen Fensterrahmen, auf den sie sich gelehnt hatte, verstört anschaute.
Peinlich berührt grinste ich sie an und löste mich ruckartig aus meiner Starre, als sich ihr Gesichtsausdruck immer noch nicht veränderte.

Ich wollte mir gerade mein Handy zwischen Ohr und Schulter klemmen, da entdeckte ich auch noch, dass Tobi bereits aufgelegt hatte. Ein wenig grantig verstaute ich das Ding in meiner Hosentasche und nahm gleichzeitig die Schlüssel heraus.

Meine Nacht verlief unruhig, der darauffolgende Morgen katastrophal und der Rest des Tages bis zum Beginn der Party chaotischer, als meine ganzen Prüfungsvorbereitungen zusammen. Mein Geschenk war so unglaublich schlecht eingepackt, das hatte ich sogar zu Weihnachten bei meiner Familie besser hinbekommen und Ethan beschwerte sich per WhatsApp die ganze Zeit über Ares, der irgendetwas gemacht hatte, das Ethan zutiefst gekränkt hatte.

Als ich mich dann doch irgendwann von der Couch und meinem Laptop trennen konnte, schlüpfte ich in eine schwarze Röhrenjeans und streifte mir eine Spitzenbluse über die Schultern, die ich von unten nach oben zuknöpfte. Als Windschutz konnte ich nur eine lange Regenjacke finden. Mein Geschenk, was aus einer übergroßen Leinwand bestand, auf der ich ein Selfie aus dem Internet von Taddl und seinen Freunden aufgemalt hatte, war gerade zu groß dafür, dass ich es unter meinen Arm klemmen konnte, also musste ich es wohl oder übel mit beiden Händen transportieren. Ich steckte mir noch schnell mein Handy und den Hausschlüssel ein und stand schon wenige Minuten später vor der Haustür der beiden Jungs. Taddl begrüßte mich persönlich und drückte mich an sich, sichtlich besser gelaunt als gestern, wobei seine warme Hand durch den dünnen Blusenstoff auf meiner Hand prickelte, die er unter den Regenmantel auf meinen unteren Rücken geschoben hatte. Danach ist er einfach mit meinem Geschenk verschwunden und hat sich um die anderen Gäste gekümmert.

"Liebe ist die beschissenste Illusion, die sich je einer ausdenken hätte können", grummelte Ardian, der sich wohl doch noch dazu gerungen hatte sich zu der Party zu begeben. Er spielte mit dem kleinen Shotglas in seiner Hand.

"Wenn du weiterhin das Tröpfchen Elend spielst, wird es auch eine Illusion für dich bleiben", sagte ich und kippte meines herunter, um das Mitleid, das gerade heraufkam wieder in die tiefsten Stellen meiner Seele zu spülen.
Wenige Sekunden später hörte ich lautes Begrüßunggejohle und FloVloggt und Miriam ließen sich neben mir nieder.

"Hallo", begrüßte ich sie monoton, da sich Taddl wieder aus dem Staub machte und sich irgendwie nicht mit mir befassen wollte. Meine Laune hob sich jedoch ein Stückchen, da jetzt wenigstens mal ein Mädchen die Party betrat, das ich kannte, sodass ich mich unter den ganzen Youtubern nicht ganz so aufsässig fühlte. Auch sie begrüßten mich, und Ardy sein Glas ein weiteres Mal auf.

"Krieg' ich das auch mal?", fragte ich und streckte meine Hand nach der Flasche Wodka aus.
Ardy musterte mich mit glasigen Augen, nahm einen großen Schluck aus der Flasche und reichte sie mir, während ich mit den Augen rollte. Vorsichtig goss ich mir ein und hielt den beiden Neuankömmlingen die Flasche vor die Nase.

"Auch?", fragte ich ein wenig beschwipst. Miriam nickte und nahm sich die Flasche, während Flo verneinte, der zwar lächelte, aber unserer Situation wahrscheinlich nicht viel gutes zusprach, weswegen er sich gleich wieder erhob und zum, zur Tanzfläche umfunktionierten, Wohnzimmer schlich.

Ardy hatte seine glasigen Augen auf Miriam gerichtet und betrachtete ihr Gesicht eindringlich, bis es ihr zu unangenehm wurde: "Taddl hat schon gesagt, dass du in letzter Zeit ein wenig komisch wärest."

"Ich? Ich bin doch nicht komisch. Abby, bin ich komisch?", lallte er und wandte seinen Kopf schwerfällig zu mir.

"Keine Ahnung. Kannte dich vorher nicht so gut.", antwortete ich und beobachtete interessiert ihre Unterhaltung.

"Siehste.", sagte er an Miriam gewandt und kippte sich noch einen Shot hinter.

"Dein Youtube-Account war in letzter Zeit auch ziemlich inaktiv, meinst du nicht?"

"Willst du mich wütend machen?"

"Nein, aber ich würde gerne wissen was mit dir los ist", erklärte sie ganz ruhig und nippte an dem Wodka.

"Liebeskummer", informierte ich sie nur kurz und legte meine Arme auf die Lehne unserer Sitzbank.

"Garnicht!", protestiere er. "Diese miese Schlampe hat meine Zuneigung doch gar nicht verdient und außerdem...!"

Danach fiel ihm nichts mehr ein und er starrte mit leerem Blick auf das dunkle Holz des Tisches, bevor er wieder sein Glas ansetzte. Als es leer war, nahm Miriam es in die Hand und platzierte es außerhalb seiner Reichweite. Er inspizierte sie mit zusammengekniffenen Augen, bevor sein Ausdruck zu einem unergründlichen umsprang und er den Mund öffnete, um Sekunden später etwas zu sagen, was ich nicht erwartet hätte: "Wir gehen jetzt tanzen."

Schwankend erhob er sich und zog Miriam zur Tanzfläche, bis sie aus meinem Blickfeld verschwunden waren und ich wieder allein an meinem kleinen Tisch saß.



"Übrigens, wieder die blaue Fernbedienung. Also, wenn ihr mich daten wollt...ich hab' 'ne blaue Fernbedienung."- Taddl (Poképark)

Drawn Love (Taddl FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt