Kapitel 1

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Samstag, 17.05.

Müde streckte ich meine Glieder. Es war gerade mal 4:30 Uhr, aber Turnierreiter müssen früh aufstehen. Also stand ich auf und tappte durch mein dunkles Zimmer um ein Stockwerk nach unten zu gehen. Dort wartete schon meine Mutter und meine jüngere Schwester Cara. "Guten Morgen, Yvonne. Komm stärk dich,wir fahren in einer Stunde!", meine Mutter deutete auf einen freien Platz neben ihr, wo bereits ein Teller mit Brot und Marmelade bereitstad. Meine Mutter Tina, Cara, die zwei Stallburschen Ben und Max würden mit mir zu dem Turnier heute gehen. Mein Vater Roland, die Reitlehrerin Eli und der andere Stallbursche Simon würden erst morgen zu den höheren Turnieren kommen. Heute gingen die Turniere um 10 Uhr los und die Klassen E, A, L und L/M sind heute dran. Morgen gibt es dann M, S und S** und am Montag noch den Geländeritt mit den Klassen A und L und die legendäre Pferdeschau. Außerdem gibt es Voltigierauftritte, Vorstellung der neuen Saisonkleidungen und viele Pferdeverkäufe. Das sogenannte Pfingstturnier im 100 km entfernten Ort Heinog. "Hat Paps Boxen geholt?", fragte meine 7 jährige Schwester und Mam lachte. "Wir haben ein ganzes Zelt mit 10 Boxen", antwortete sie. "10 Boxen? Welche Pferde nehmen wir alle mit?", fragte ich verblüfft, denn ich hatte mit weniger Pferden gerechnet. "Meine First Lady und Bariala, Papas Free und Carat, Caras Stute Honey und dein Crasher und Heartbreaker und Elis Wallach Lancelot. Die anderen zwei sind für Pferde frei, die Papa kaufen will." Zwei neue Pferde? "Was für welche?", fragte ich neugierig. "Er sucht zwei Kutschpferde." "Kutschpferde?!", ich musste loslachen. "Ja, er will Kutschfahrten anbieten.", meinte meine Mutter. "Cool, cool. Also, ich bin fertig. Ich zieh mich mal an", sagte ich und räumte mein Teller weg. Dann ging ich einen Stock höher in mein Zimmer und zog mir Jeans, eine grüne Bluse und Turnschuhe an. Dazu nahm ich meine schwarze Softshelljacke mit dem Zeichen unseres Hofs und meinem Namen. "Gut Junger, seit über 100 Jahren", murmelte ich und zog mir die Jacke über. Draußen hörte ich Hufe und wie die Pferde verladen wurden. Zuerst nur die von Mam, Cara und mir. Morgen kommen die anderen drei im kleinen LKW hinzu. In unserem hatten sieben Pferde Platz, im anderen drei. Dann hatten wir für den Schulbetrieb noch drei Anhänger. Als ich kein Hufgeklapper mehr hörte und ich fertig war, rannte ich nach unten. Durch unsere Wohnung und die darunterliegende Reitschule und das Büro meiner Eltern und der Aufenthaltsraum für die Reitschüler. "Na endlich. Jetzt komm!", rief meine Mutter. Ich setzte mich mit Cara in den großen LKW neben unsere Mutter und die zwei Stallburschen fahren in einem Range Rover hinter uns her. Schon nach kurzem Fahren bemerkten wir Tumult unter den Pferden. "Mammy, was ist denn da hinten los?", fragte meine kleine Schwester. "Das wird Honey sein. Sie fährt doch zum ersten Mal im LKW." Beruhigt schliefen Cara und ich ein.

Nach etwa zwei Stunden wachte ich wieder auf. "Erst 7 Uhr", fragte ich Mama müde und sie nickte. "Ich fahr an einen Rastplatz um mit Ben zu tauschen. Willst du dir die Beine kurz vertreten?", fragte sie und ich sah ihr an, dass auch sie müde war. "Ist klar. Soll ich Cara wecken?" Doch wie auf's Stichwort wachte sie auf. Hatte sie überhaupt geschlafen oder nur so getan? "Ich komm!", meinte sie und wollte schon den Sicherheitsgurt lösen. Schnell legte ich meine Hand darauf. "Wartest du wohl?!", maulte ich sie an und sie zuckte zurück. " 'tschuldige...", murmelte sie. Da parkte Mam auf dem Rastplatz und ich ging hinaus. "Darf ich meine Pferde kurz bewegen?" "Ich auch?" Stimmte meine Schwester mit ein. "Na gut, aber seid vorsichtig!" Bevor ich die Rampe öffnen konnte, sah ich den Range Rover von uns. Ben stieg aus. "Morgen, Ladies! Wir müssen uns beeilen, es ist schon halb 8!", rief er. "Halb 8?? Es ist erst kurz nach 7!", antwortete meine Mutter aus dem Führerhaus. "Mist, die Uhr ist kaputt! Kinder, kommt, wir müssen weiter!" Sie wechselte mit Ben und Cara und ich stiegen wieder ein. "Sorry, aber wir müssen uns beeilen. Um 10 Uhr beginnen die Turniere und wir müssen die Pferde ausladen, putzen, satteln,..." "Ich weiß was man machen muss, Ben. Das ist nicht unser erstes Turnier", unterbrach ich ihn gespielt frech. Darauf lächelte er und nickte nur. Ich lehnte mich wieder zurück und schaute die Landschaft an.

Kurz vor halb 9 kamen wir dann in Heinog am Turnierplatz an. Wir parkten vor unserem reservierten Zelt, wo bereits Mam und Max warteten. "Los, holen wir die Pferde raus", kommandierte meine Mutter. Erst da fiel mir auf, dass im LKW immer noch ein Pferd tobte. Nicht mehr so stark wie vorher, aber trotzdem. "Honey geht ganz schön ab", spottete ich. "Hoffentlich nix passiert.", kommentierte Cara. Gemeinsam liesen wir die Rampe runter und ich ging als Erste hinein. "WAS?!", ich schrie regelrecht. "Mama!! Komm her und sag mir dass das ein Witz ist!", ich brüllte richtig rum. "Was ist denn?", fragte meine Mutter und kam in den Wagen. "Ach je! Das...!" "Ja ich weiß!", meinte ich. "Das gibt's doch nicht...", sie rannte raus. "...Ihr habt das falsche Pferd eingeladen!", sagte sie zu Ben und Max. "Was?", fragte Max. Wutentbrannt folgte ich meiner Mutter raus. "Ihr habt statt Heartbreaker den Wildfang eingeladen!", kreischte ich. "Wildfang?", fragte Max überlegt. "Ja den Wildfang da. Wild Nightmare!", antwortete ich zornig. "Das kann doch nicht sein. Die Turnierpferde stehen doch alle hinten im Stall...", meinte Max. "Wild Nightmare aber auch, da man ihn nicht zu den anderen Pferden stellen kann! Und er und Heartbreaker haben erst die Box gewechselt, weil der Wildfang mit Honey nicht klar kommt, aber mit Crasher ganz o.k. ist!" Ich wurde immer wütender. "Joseph und Karl haben die Pferde eingeladen, nicht Max oder ich oder Eli oder Simon.", sagte Ben ruhig. "Mam, ruf Papa an und sag er soll Heartbreaker mitnehmen!", sagte ich zu ihr. "Der kleine LKW ist aber schon voll, Yvonne. Und es ist kein Auto mehr für einen Hänger da, außerdem ist das Turnier um 16 Uhr. Das schafft Papa nicht...", meinte Mama leise. "Und was jetzt? Ich brauch das Turnier zum Aufsteigen!" Ich wurde richtig hysterisch. "Starte doch mit Wild Nightmare. Er hat die gleiche Statur wie Heartbreaker, also passen auch Sattel und Zaumzeug.", meinte Max. "Mit dem wilden Gaul? Das schafft niemand!", ich war am Rande der Verzweiflung. "Wenn du den Sieg brauchst, dann ist es ein Versuch wert...", murmelte meine Mutter. "Na super. Ganz super. Aber schön. Wenn ihr wollt dass ich mich blamiere und sterbe...", grummelte ich. "Dann melde ich schnell um. Die ganzen Pässe von allen Pferden haben wir sowieso im Auto.", geschwind erledigte das meine Mutter. Währendessen brachten wir die Pferde ins Zelt. Mit aller Kraft zog ich Wild Nightmare ins Zelt in die Box neben Crasher. "Warum tust du nicht mit Crasher an Start gehen?", fragte meine kleine Schwester. "Crasher ist ein Dressurpferd und kein Springpferd der Klasse L/M.", antwortete ich ihr. Sie nickte. "Aber Wild Nightmare ist schön..." Da hatte sie recht. Sein schwarzes Fell glänzte, die schwarze Mähne war ein Irokesenschnitt und sah echt schneidig aus. Seine Brust war groß und insgesamt ist er hoch gewachsen. Auch war er gut bemuskelt, obwohl er nur von meinem Vater geritten wurde un geritten wurden konnte. Sein Kopf hatte eine leichte Hechtkopfform, woran man sah, dass etwas Edeles in seinen Adern fließen musste. Mein Vater hatte ihn von einem Freund geschenkt bekommen, den der Freund konnte mit ihm nichts anfangen. Es wäre nicht das erste Mal dass ich ihn reite. Zuhause hatte ich mich ein paar Mal mit ihm befasst, aber ich hab mir nur ein paar Knochen gebrochen. Und jetzt auf ein Turnier, schön. Mal sehen was der Tag noch bringt.

Wildfang I - UngezähmtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt