-Mandys sicht-
>>Okay<<, sagte ich energisch. >>Jetzt hört mal gut zu, ihr zwei. Niemand darf etwas davon erfahren, sonst werde ich zum Gespött der ganzen Schule. Und Gina ist jedes mittel recht, um mich zu blamieren. Ich will ihn immer noch und ich werde ihn auch Kriegen. Keine Ahnung, wie, aber ich werd's schaffen. Bis ich einen neuen Plan habe, zeigen wir ihm erst mal die kalte Schulter.<<
>>Oh, tun wir das?<<
>>Ja, das tun wir! Du kannst ihn nicht haben, Jessie. Er gehört mir. Und ich muss euch total vertrauen können.<<
>>Warte mal eine Minute<<, unterbrach Roxy mich mit einem Glitzern in den Augen.Sie löste die verzierte Brosche von ihrer Bluse, hielt den Daumen hoch und stach schnell zu. >>Jessie, darf ich um deine hand bitten?<<
>>Warum?<< Jessie musterte die scharfe Nadel der Brosche misstrauisch.
>>Weil ich dich Heiraten will?! Warum sonst wohl, du Idioten?<<
>>Aber...aber...Okay, ist schon gut....Aua!<<
>>Jetzt du Mandy.<< Rasch stach Roxy in meinen Daumen, dann presste sie ihn zusammen, bis sich ein Tropfen Blut darauf bildete. >>Jetzt<<, fuhr Roxy fort und sah uns beide mit leuchtenden dunklen Grünen Augen an, >>Pressen wir unsere Daumen zusammen und schwören. Das gilt besonders für dich, Jessie. Wir schwören, dass wir dieses Geheimnis bewahren und alles tun werden, was Mandy in Bezug auf Mario von uns verlangt.<<
>>Mit Blut zu schwören, ist gefährlich<<, protestierte Jessie ernst. >>Es bedeutet, dass du zu deinem Eid stehen musst, egal was auch passiert, Roxy.<<>>Ich weiß. Deshalb sollst Ddu's ja auch machen. Ich kann mich gut erinnern, wie das damals mit Noah Chadwick war.<<
Jessie zog ein Gesicht. >>Die ollen Kamellen. Das ist schon Jahre her und überhaupt...Ach, was soll's. Okay, ich bin dabei.<< Sie Schloss die Augen und sagte: >>Ich schwöre, dieses Geheimnis zu bewahren und alles zu tun, was Mandy in Bezug auf Mario von uns verlangt.<<
Roxy wiederholte den Eid. Ich starrte auf die zusammengepressten Daumen, die sich blass von der Dämmerung abhoben, holte tief Luft und sagte leise: >>Und ich schwöre, dass ich nicht ruhen werde, bis er mir gehört.<<Ein eiskalter Windstoß blies bei diesen Worten über den Friedhof. Der Wind ließ unsere Haare flattern und wirbelte das trocken Laub vom Boden auf. Jessie schrie leise und zog ruckartig ihre Hand zurück. Wir drei sahen uns misstrauisch um und kicherten nervös.
>>Es ist schon dunkel<<, meinte ich überrascht. >>Wir machen uns lieber auf den Heimweg<<, sagte Roxy und befestigte ihre Brosche wieder an ihrer Bluse, während sie aufstand. Jessie erhob sich ebenfalls und steckte den Daumen in den Mund. >>Auf Wiedersehen<<, sagte ich leise, zum Grabstein gewandt. Die Wildblumen auf dem Grab waren nur noch undeutlich zu erkennen. Ich hob das fliederfarbene Haarband auf, das dort daneben lag, drehte mich um und nickte Jessie und Roxy zu. >>Okay, machen wir uns auf den Weg.<<Schweigend gingen wir auf den Hügel hoch, auf die Kirchenruine zu. Der Eid, den wir mit Blut besiegelt haben, hat bei uns allen ein merkwürdig düsteres Gefühl hinterlassen. Als wir an der Kirche ankamen, erschauderte Jessie unwillkürlich. Nachdem Sonnenuntergang ist es plötzlich sehr kalt geworden. Ein schneidender Wind ist aufgekommen. Der Wind fuhr wie ein Peitschenschlag durch's hohe Gras und wirbelte das trockene Laub der Eichen durcheinander. >>Ich friere<<. Ich blieb einen Moment stehen und schaute durch das schwarze Loch, das mal die Kirchentür gewesen ist, auf die Landschaft unter uns. Der Mond ist noch nicht aufgegangen. Wir können den alten Friedhof und die Wickery Bridge gerade noch so erkennen. Seine Grabstätten stammen aus der Zeit des Bürgerkrieges und viele Grabsteine tragen den Namen von gefallenen Soldaten.
Das Land dort ist verwildert. Dornige Sträucher und hohes Gras wachsen auf den Gräbern. Giftiger Efeu rankt sich um die zerfallenden Grabsteine. Ich mag diesen ort nicht. Ich habe ihn noch nie gemocht.
>>Er sieht anders aus, findet ihr nicht? Im dunkeln, meine ich<<, fügte ich unsicher hinzu. Ich weiß nicht, wie ich meine Gefühle ausdrücken soll. Nämlich, weil das kein Platz ist, an dem lebende verweilen sollen. >>Wir können einen Umweg machen<<, schlug Roxy vor. >>Aber das Bedeutet zwanzig Minuten mehr Fußweg.<<
>>Meinetwegen müssen wir das nicht machen.<< Trotzdem schluckte Jessie nervös. >>Ich wollte schon immer auf dem alten Teil des Friedhofs beerdigt werden.<<
>>Hör endlich auf, andauernd von Tod und Beerdigungen zu reden!<<, fuhr ich Jessie an, während ich ohne weiters zögern losgegangen war. Je weiter ich den schmalen Pfad hinunterging, desto mehr verstärkte sich mein unbehagliches Gefühl. Ich verlangsamte mein Tempo, bis Jessie und Roxy mich eingeholt haben. Als wir uns den ersten Grabstein näherten, began mein Herz, wie Wild zu klopfen.