Jayden's Sicht:
Es war Mittwoch, etwa viertel vor sechs Abends. Mike und ich warteten vor dem Biochemischen Labor auf Ben. Er war bereits 26, und der einzige von uns vieren, der ein Auto hatte. Beziehungsweise sich eins leisten konnte. Er fuhr Mike, Pat und mich immer zur Arbeit. Pat kam gerade um die Ecke, als die Tür des Labors aufging und Ben und sein Laborleiter Dr. Wagner heraus kamen. Wagner wollte schon an uns vorbei gehen, als er stehen blieb und zu mir sagte: "Sie sind doch der Kerl mit dem sich Moonshadow trifft."
"Wollen Sie mich jetzt auch vor ihr warnen", sagte ich genervt.
"Oh, Nein", antwortete er, "sie ist ganz okay und es ist manchmal ganz lustig mit ihr. Wenn man mit ihrer Art klar kommt."
"Was, hat sie denn für eine Art?", fragte Pat.
"Sie ist rechthaberisch, selbstverliebt, will immer das letzte Wort haben, aber das ist wie bei einem Teenager, mal ist sie so, dann wieder anderst. Ich kenne sie schon seit fast fünf Jahren, seit sie bei B.E.T. angefangen hat. Sie spielt regelmässig Poker mit uns."
"Wen meinen Sie mit uns?"
Wir gingen zum Lift. "David, Dr. Lind Morton von der Krankenstation, Dr. Carlos Ramirez der Leiter der Sektion drei und ich."
"Ist Audy gut im Pokern", fragte ich neugierig, während wir auf den Lift warteten.
"Sie ist verdammt gut! Sie hat ein Pokerface, wie aus Stahl gegossen. Selbst wenn sie mal schlecht Karten bekommt, schafft sie es dennoch das Beste raus zu holen. Und das erfordert doch sehr viel Kenntnis in Pokerstrategie und dem Deuten von den Mikroausdrücken der Anderen Spieler."
"Was sind Mikroausdrücke?", fragte Mike.
"Das sind winzige Regungen der Gesichtsmuskeln. Sie sind unterbewusst, aber man kann sie mit viel Übung unterdrucken. Leute, die diese Mikroausdrücke deuten können, können in den anderen Menschen lesen, wie in einem Buch. Und Audy kann das." Er drehte sich zu mir um und sagte: "Falls Sie Moonshadow jemals anlügen wollen, tun Sie 's nicht. Sie würde es merken."
Wir fuhren mit dem Lift nach oben. "Moonshadolw, fliegt einmal im Jahr mit Steffen nach Monte Carlo, dort findet irgendein wichtiges Pokerturnier statt. Wenn man gut ist und Glück hat , dann kann laut Audy Millionen abkassieren."
"Sie fliegt mit Steffen dahin?", fragte ich und ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus.
"die Beiden haben doch etwas miteinander.", sagte Pat.
"Das weiss keiner so genau. Sicher ist aber dass die Beiden schon eine besondere und innige Verbindung zu einander haben. Die Beiden wohnen zusammen."
Wir kamen mit dem Lift in der Eingangshalle an und ich fragte: "Was wissen sie sonst noch über Audy?"
"Sie ist sehr gut in Kampfsport aus aller Welt. Sie liebt Neonfarben und High Heels. Sie glaubt an spirituelle Dinge, wie dass man durch Meditation eine höhere Bewusstseinsebene erreichen kann, dass man wiedergeboren wird, dass es Geister gibt und eben solche Dinge. Sie mag Hunde. Vor allem Wolfshund und Huskys. Oh, sie hat ein Tattoo."
"Wo?", fragte Mike während wir Dr. Wagner durch die Eingangshalle folgten.
"Am Rücken, genau in der Mitte. Dort wo sich normalerweise die Wirbelsäule befindet. Es sind eigentlich mehrere Symbole, alle etwa fünf Zentimeter gross. Ähm, ein Pentagramm, also ein fünfzack Stern, ein Sonnenrad, Das Yin und Yang Zeichen, zwei chinesisches Schriftzeichen und ein Zeichen, dass aussieht wie der Planet Saturn."
"Wollen sie damit sagen Moonshadow ist ein Neo-Nazi?", fragte Ben. Das Sonnenrad war, soweit ich weiss, das Symbol der SS."
"Ich kann Sie beruhigen. Audy ist kein Nazi. Wissen sie das Sonnenrad hat eigentlich eine völlig andere Bedeutung. In Indien und anderen asiatischen Ländern ist das Sonnenrad ein Symbol der göttlichen Macht und auch ein Symbol für Gott selbst. Auch das Hakenkreuz hat eigentlich eine andere Bedeutung. Es ist nämlich ein Glückssymbol. Aber seit Hitler sehen alle in diesen Symbolen nur das Böse. Ich hoffe, dass der Kerl in der Hölle schmort."
"Woher wissen Sie, welche Tattoos Audy hat?", fragte ich.
"Oh, sie hat es mir gesagt."
Wir waren auf dem Parkplatz angekommen und Dr. Wagner verabschiedete sich von uns. Als wir in Bens Auto sassen sagte Mike: "Hast du gehört was Wagner gesagt hat? Audy hat zu Steffen eine besondere und innige Verbindung. Und sie wohnt mit ihm zusammen."
"Das muss doch nichts heissen", sagte ich. "Wir wohnen ja auch zusammen."
"Wir sind gut Freunde. Audy hingegen ist Steffens Boss. Wie oft kommt das vor, dass jemand mit seinem Boss zusammen wohnt. Und es ist auch nicht so, dass einer der Beiden sich keine eigene Wohnung leisten könnte. Denk mal darüber nach."
Ich hatte gestern noch lange über das nachgedacht, was Dr. Wagner gestern über Audy erzählt hatte. Es kam wirklich nicht so oft vor, dass jemand mit seinem Assistenten zusammenwohnt. Dabei hatte Audy mir erzählt, dass sie kein Verhältnis mit Steffen hätte. Mike hat mir vorgeschlagen in meinen Pausen Audy und Steffen zu beobachten um einen Hinweis darauf zu finden ob Audy und Steffen ein Verhältnis zusammen haben. Aber wenn die Beiden tatsächlich ein Verhältnis haben und dieses geheim halten wollen, dann werden sie wohl kaum in der Öffentlichkeit Zuneigung zueinander zeigen. Aber Mike meinte, dass man so etwas nicht immer unterdrücken kann.
Nun sassen wir im Café George und frühstückten. Wir sassen an der Theke und Es war bereits zehn nach acht, doch Audy hatte ich noch nicht gesehen.
Fünf Minuten später kam Ben uns abholen.
Als wir durch die Haupthalle von B.E.T. gingen sah ich durch die Glasscheibe, dass Audy in ihrem Büro war. Sie diskutierte gerade mit David über etwas, was auf Davids Computerbildschirm angezeigt wurde. Steffen war nicht im Büro.
Um ca. 15 Minuten nach zwölf waren Pat, Ben, Mike und ich auf dem Weg vom Parkplatz zum Eingang des Café George. Vor uns gingen Audy, David und Steffen. Audy und David gingen etwas voraus und diskutierten wieder. Steffen, der auf sein Tablet konzentriert ging hinter den Beiden her. Im Café setzten sich die drei an die Theke. Steffen setzte sich in der Mitte, David links und Audy rechts von ihm. Wir setzten uns an einen vierer tisch. Ich fragte mich, welches Menue heute auf Audys Speiseplan stand. Es war mir immer noch unbegreiflich wie man an jedem Wochentag immer das gleiche essen konnte. Das war doch voll langweilig.
Ich beobachtete Audy während der ganzen Mittagspause, doch es geschah nichts aufregendes als, dass Audy mit der Hand aus Versehen ihre Gabel vom Tisch stiess und sie einen Schwall von Fluch Wörtern ausstiess und Steffen daraufhin beruhigend auf Audy einredete.
Der erste "Beweis" für die besondere Verbindung zwischen Audy und Steffen, die ja auch schon Dr. Wagner angesprochen hatte, fand ich am Nächsten Morgen, als Pat, Mike und ich vor dem Café George auf Ben warteten. Es regnete. Nicht in Strömen, aber dennoch standen wir, sowie alle Leute unter einem Regenschirm. So auch Audy. Sie kam aus dem Café und spannte einen grossen, hellgrauen Regenschirm auf. Sie sah aus als ob sie heute zur abwechslungsweise mal richtig gut drauf wäre. Ich sah wie Steffen sich zu Audy unter den Schirm gesellte. Hatte der den keinen eigenen Schirm? So wie ich das dachte, könnte man glatt meinen ich sei eifersüchtig. War ich ja auch ein Bisschen. Ich wollte auch mit Audy unter einem Schirm sein. Ich sah den beiden nach und sah wie Audy Steffen auf die Wange küsste!
Ich dachte in dem Moment ich seh nicht recht. Deshalb wandte ich mich zu Mike um ihn zu fragen ob er das eben auch gesehen hatte. Doch sein "Ich-wusste-es-ja-schon-immer"-Gesichtsausdruck, beantwortete meine Frage.
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Audy
RomanceJayden hat ein Problem. Noch eins mehr. Zu seinem Studium, bei dem er die letzte Prüfung nur mit Ach und Krach bestanden hat, seiner Drama Queen Ex-Freundin, die nicht einsehen will, dass die Beziehung vorbei ist, seiner völlig zerstrittener Familie...