Dann schweift mein Blick zu der Person mit den starken Armen und dem muskulösen Körper.
Es ist ein Mann, nicht älter als 25.
Er kniet vor mir und sieht mir besorgt, traurig oder wütend, genau sagen kann ich es nicht, in meine müden Augen. Seine leuchtenden Augen haben die Farbe von frischem Moos und er hat einen leichten Drei-Tage-Bart. Seine Haare sind dunkel und an den Seiten etwas kürzer. Er trägt ein schwarzes T-Shirt, durch das seine Muskeln gut zu erkennen sind und eine ebenso schwarze Hose und sieht für meinen Geschmack sehr gut aus.
Seine Hände zeigen mit der Handfläche nach oben, so als wolle er mir damit sagen, dass er mir nichts tun wird. Ich sitze einfach nur da, auf dem kalten Betonboden, die Backsteinwand an meinem Rücken und die getrockneten Tränen auf den Wangen und schaue den Mann an.
Ich fühle mich zu müde, um mir Sorgen darüber zu machen, wer das ist und wieso ich nicht weglaufe, und lehne meinen schweren Kopf an die Wand.
Ein Luftzug weht durch die Straße und ich rieche einen salzigen Hauch, der wahrscheinlich vom Meer in der Nähe kommt. Der Geruch erinnert mich an früher, an die Zeit vor.. -.
Müde will ich mit meiner Hand über meine schmerzenden Augen fahren, doch mitten in der Bewegung werde ich gestoppt. Die schlanke Hand meines Gegenübers schließt sich um mein Handgelenk. Mit rauer und tiefer, aber sanften Stimme beantwortet er mir meine Überraschung.
"Stopp, du hast da was".
Er zeigt auf meine Handfläche und jetzt erst sehe ich, dass meine Hand voller Blut ist. Erschrocken weiten sich meine Augen und mir wird schwindelig. Ich muss mich wohl an einem der Dinge geschnitten haben, die ich beim Laufen um mich geworfen habe.
Langsam holt er ein frisches Taschentuch aus der Jackentasche und fährt vorsichtig über die blutende Wunde. Er runzelt die Stirn.
"Das muss auf jeden Fall verbunden werden. Wenn du willst, kannst du kurz mit zu mir kommen."
Als er meine Blick bemerkt, setzt er schnell hinzu:
"Natürlich nur zum Verarzten. Ist das okay? Meine Wohnung ist gleich hier um die Ecke."
Müde überlege ich, komme aber zu dem Schluss dass das erstens die beste Lösung ist, ich zweitens noch nicht wieder an den Ort zurück gehen möchte, von dem ich komme und es mir drittens gerade ziemlich egal ist, was mit mir passiert.
Also nicke ich schnell und er hilft mir hoch. Da meine Beine sich so anfühlen, als würden sie gleich nachgeben, lehne ich mich an ihn. Er riecht leicht nach Minze und einem anderen Duft, den ich nicht identifizieren kann und ich atme tief ein.
Auch der Geruch löst in mir ein merkwürdiges Gefühl aus. Langsam gehen wir zu seiner Wohnung, die, wie er gesagt hat, gleich um die Ecke ist und er hilft mir, die steilen Stufen zu seinem Loft hinauf zu kommen, da ich mittlerweile sehr zittere, und schließt mit seiner freien Hand die Tür auf.
Als das warme Licht angeht, sehe ich mich in seiner Wohnung um. Das Loft ist sehr ordentlich, wenn man von dem riesigen, vollgestopften Regal an der einen Wohnzimmerwand und den daneben sich aufstapelnden Büchern absieht. Neben dem Regal säumt ein riesiges Panoramafenster die Seite und man kann die nächtliche Skyline von Los Angeles sehen. Davor steht ein modernes aber gemütliches großes Sofa mit Fernseher. An den Wänden hängen ein paar Bilder mit verschiedenen Motiven und eine große alte Standuhr mit einem Pendel steht neben dem Sofa an der Wand.
Mit kleinen Schritten betreten wir die Wohnung und er führt mich in die Küche, die sehr modern eingerichtet ist. In der Mitte steht ein Chromtisch. Der Fremde zieht einen Stuhl für mich heran und bedeutet mir, mich zu setzen.
Ich lasse mich auf den Stuhl fallen und reibe mir mit meiner unverletzten Hand über die Augen, während er im Bad verschwindet. Kurz darauf kommt er mit Verbandszeug zurück, legt es auf den Tisch und nimmt eine Schale aus einem der Küchenschränke, die er mit Wasser füllt. Danach kniet er sich vor mich, nimmt vorsichtig meine Hand und säubert sie sanft. Das warme Wasser auf meiner kalten Haut fühlt sich gut an und ich spüre das leichte Ziepen nicht so stark.
Nachdem der Mann meine blutende Wunde gereinigt hat, verbindet er sie geschickt, wobei er währenddessen, genau wie ich, schweigt.
Dankbar schaue ich ihn an und forme ein "Dankeschön" mit meinen Lippen. Ich bekomme kein Wort heraus, einerseits, weil ich Angst habe, dass sonst alles aus mir herausbricht und weil meine Kehle sich rau und trocken anfühlt.
Lächelnd gießt er das rosane Wasser weg und bekommt von meinen Kampf mit mir selber nichts mit.
"Willst du was trinken? Ein Glas Wasser?", fragt er mich mit dem Rücken zu mir.
"Ja, danke", schaffe ich es zu krächzen und schaue auf den Boden. Verdammt, Laury, fang bloß nicht wieder an zu weinen! Doch schon laufen mir wieder die Tränen über die Wangen und ich hebe nicht den Kopf, als der Fremde mir ein Glas Wasser in die Hand drückt.
Schnell drinke ich einen Schluck und schaue ihn dabei kurz an. Ich sehe, wie er sich neben mich setzt und auch einen Schluck aus seinem Glas trinkt. Fast gleichzeitig stellen wir unsere Gläser auf den Tisch.
Schnell schaue ich wieder auf den Boden, doch in dem Moment streicht er mir mit einer Hand meine Haare hinters Ohr.
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Vielen Dank an alle, die meine Geschichte lesen und ich würde mich total freuen, wenn sie euch gefällt, ihr dann für sie votet und euren Freunden weiter empfehlen würdet. Noch einen schönen Tag. Fühlt euch umarmt <3<3
~ Thessa
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Shelter
Teen Fiction~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ich liege still in meinem Bett, wage nicht zu atmen, oder ein Geräusch von mir zu geben, ich starre einfach nur auf meine Türklinke. Ich habe Angst, dass er wieder kommt, dass mitten in der Nacht die Klinke zu meinem Z...