6. Kapitel

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Den ganzen Weg über schwieg Fealwen. Es war ihr unglaublich peinlich gewesen, dass Thorin sie gerade in so einer Situation erwischt hatte. Warum, das wusste sie nicht. Sie bemerkte seine starke Eifersucht, auch wenn, wie sie es sah, diese Eifersucht unberechtigt war. Sie würde Legolas doch sowieso nicht wieder sehen – oder?

Thorin hielt das Pony vor dem kleinen Häuschen Fealwen's an und ließ sie absteigen. Er selber blieb sitzen und sah sie stumm an. Fealwen biss sich wie verrückt auf ihrer Unterlippe herum und sah zu Boden. Da sie anscheinend nichts mehr zu sagen hatte, beschloss der Zwergenprinz davon zu reiten.

"Thorin, warte!", rief sie ihm dann nach und das Pony blieb stehen.

Thorin stieg hinab und kam zu ihr. Langsam nahm er ihre Hand. Sein Blick schien mit Schmerz gefüllt, als er sie ansah.

"Es tut mir leid, wie ich reagiert habe. Es war falsch von mir mich der Art unangemessen zu verhalten."

Fealwen seufzte erleichtert und streichelte zährtlich über seinen Handrücken.

"Schon vergessen. Ich denke, ich wäre ebenso eifersüchtig geworden."

Thorin zog seine Augenbrauen hoch.

"Wie bitte? Ich – Eifersüchtig? Da hast du etwas falsch verstanden, tut mir leid."

"Ach, Thorin, bitte! Ich sehe es doch in deinen Augen. Und es ist in Ordnung."

Der Zwerg stutzte.

"Einen Moment, hast du gerade gesagt, du wärst AUCH eifersüchtig geworden?", hakte er nach und grinste zufrieden.

Doch Fealwen blieb ganz offen. So wie immer.

"Allerdings. Ich glaube ich würde es nicht ertragen, wenn dich irgendjemand einfach mit nimmt und du gehen würdest. Aber das wusstest du doch."

Etwas überrascht kam Thorin ihr näher.

"Wusste ich das wirklich?"

Fealwen nickte nur langsam, als ihr Blick auf seine Lippen fielen.

"Deine Worte klingen so sicher, man könnte fast meinen du ...", begann Thorin, hatte dann aber doch noch zu große Angst, den Satz mit 'bist in mich verliebt' zu vollenden.
Stattdessen atmete er tief durch und streichte ihr über die rosafarbende Wange, die schon ganz kühl war.

"Du solltest hinein gehen. Deine Großmutter wartet schon."

"Kommst du noch mit zur Tür?"

Als der Abschied bevor stand und Thorin im Begriff war zu gehen, ergirff er einen stillen, scheinbar perfekten Augenblick und legte seine Lippen vorsichtig auf ihre, als wären sie aus Glas. Fealwen legte schnell ihre Hand auf die seine, die an ihrer Wange verweilte. Thorin nahm diese und zusammen ließen sie sie sinken. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste er sich dann wieder und begutachtete ihren Gesichtsausdruck. Dieser jedoch war schlicht und ergreifend nichtsaussagend. Verunsichert sah er ihr in die Augen und wartete darauf, dass sie etwas sagte.

"Gute Nacht, Thorin.", flüsterte sie dann nur und ging geschwind in das Haus.

Etwas enttäuscht, jedoch überglücklich blieb Thorin noch einige Minuten so dort stehen. War dies ein kluger Schritt gewesen? Es half nichts, sich irgendwelche Fragen zu stellen. Ratlos schleppte sich der Zwergenprinz zu seinem Pony und ritt heim.

Fealwen erhielt währenddessen eine Standpauke von ihrer Großmutter.

"Was denkst du eigentlich was ich den liebenlangen Tag hier zu Hause mache, wenn ich weiß, dass du weit weg bist?! Was hast du dir nur dabei gedacht?!"

"DU hast mich losgeschickt, dir diese Beeren zu holen!", sagte Fealwen wütend und sah sie an.

"Ja, eben genau darum hatte ich dich gebeten! Und nicht ... wer weiß was du alles getrieben hast!"

"Großmutter, ich wurde aufgehalten, was kann ich denn dafür?!"

"Ach, aufgehalten! So etwas kannst du deiner alten Großmutter nicht erzählen!"

Fealwen schnaubte nur und lief auf ihr Zimmer. Laut knallend fiel die Zimmertür zu.

"Darf ich wenigstens erfahren, wer oder was dich aufgehalten hat?", fragte sie dann etwas ruhiger und kam
hinein.

"Der Sohn den Elbenkönigs.", antwortete Fealwen nur leise und sah zu Boden.

Sie wusste, wie sehr sie Elben verabscheute. Eines Tages hatte einer von ihnen Fealwen's Großvater getötet. Doch das war viel mehr ein Versehen gewesen.

"Was?!", fragte sie entsetzt.

Fealwen seufzte. Doch ihre Großmutter kannte kein Erbarmen.

"Du wirst morgen zu Hause, hier in deinem Zimmer bleiben. Und ich verbiete dir jemals wieder in die Nähe dieses Waldlandreiches zu gehen! Der Düsterwald ... ein kranker, vergifteter Wald, alles Leben in ihm ist ebenso vergiftet wie er selber!"

Mit diesen Worten ging die Großmutter hinaus. Fealwen's Herz wurde immer schwerer. Sie mochte es nicht Streit mit ihr zu haben. Doch mit ihr zu reden wäre aussichtslos.Also legte sie sich nur stumm auf ihr Bett und versuchte irgendwie zu schlafen. Doch der Gedanke an Thorin verweigerte ihr die Möglichkeit in ihre Welt der Träume zu versinken.Sie dachte daran was er zu ihr gesagt hatte. Sie versuchte seinen unvollständigen Satz mit Worten zu füllen. Nach geraumer Zeit gelang ihr das auch. 'Deine Worte klingen so sicher, man könnte fast meinen du bist in mich verliebt!' Aus dem Halbschlaf setzte sie sich erschrocken auf und fasste sich an den Kopf. Es war noch immer dunkel. Doch je länger sie über den Satz nachdachte, desto abwägiger klang er. Oder? Auch Fealwen schien es unnötig über all diese Fragen. Also drehte sie sich auf die Seite und versuchte wieder einzuschlafen.

Nin Harma || Hobbit *COMPLETED* #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt