Kapitel VIII

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Er sah so friedlich aus, wenn er schlief. Wie ein kleines Kind, dass noch nichts vom ganzen Elend und Leid der Welt wusste und schon dann weinte, wenn ihm jemand seine Bauklötzer wegnahm. Man könnte meinen, er wäre im Schlaf die Unschuld selbst.

Aber ich wusste es besser. Nichts an Riley war noch unschuldig. Dafür hatte er zu viel erleben und durchmachen müssen. Er hatte die Welt von einer ihrer schlimmsten Seiten gesehen, es war eigentlich fast undenkbar, dass er die Menschheit nicht hasste. Aber er schien es dennoch zu lieben einer von ihnen zu sein. Und das verstand ich einfach nicht. Nicht, nachdem man ihn so verletzt hatte.

Meine Hand, die bis eben noch auf seiner Hüfte lag glitt langsam nach vorne und fuhr zärtlich über einige der vielen Narben auf seinem Bauch. Gestern Abend im Feuerschein war es mir möglich seinen Oberkörper endlich richtig zu betrachten. Ich war dankbar, dass er mir die Erlaubnis dazu gab. Und noch mehr war ich es ihm schuldig, als er mir erlaubte seinen Körper zu berühren. Ihn in den Armen zu halten. Und für einen kurzen Moment zu meinem zu machen. Aber das war es wert gewesen. Denn jetzt wollte ich ihn nie wieder loslassen.

Mit einem Lächeln auf den Lippen streichelte ich weiter seine trotz der rauen, vernarbten Stellen samtene Haut, während sich meine Brust an seinen Rücken presste.

Rücken? So sehr ich mich auch zu erinnern versuchte, ich fand einfach nichts, was seinen Zustand aufzeigte. Stimmt! Wir hatten uns gestern Abend die ganze Zeit angesehen, immer die Körper einander zugewandt habt. Nur meinen Händen hatte er sozusagen erlaubt seinen Rücken zu erforschen.

Erinnerungen von samtig weicher Haut unter meinen schwieligen Fingerspitzen flackerten in meinem Kopf auf. Bei seinen Schulterblättern hatte ich schmale Linien in Form von kleinen Wulsten ausgemacht. Aber sonst konnte ich mich an keine weiteren Unebenheiten erinnern, als ich seinen Rücken nach unten fuhr...

Schlagartig traf mich die Erkenntnis. Doch! Da war eine weitere Narbe gewesen. Kurz bevor ich bei seinem anbetungswürdigen Hintern ankam, knapp über dem Steißbein berührten meine Finger eine raue, sich deutlich von der anderen Haut abhebende Stelle. Und wenn ich mich richtig erinnerte, war Riley in diesem Moment zusammengezuckt und ich hatte instinktiv von seinem Rücken abgelassen. Ganz klar musste dies seine schlimmste Verletzung und Narbe sein, wenn er sie mir nicht zeigen wolle, geschweige denn, dass ich sie berühren durfte.

Aber ich war bei sowas wie ein Kind. Bei einem 'Nein' wollte ich es nur noch mehr. Und obwohl ich Riley damit nicht verletzten wollte, dürstete es mich doch danach, die Narbe zu sehen.

Ganz langsam, damit er ja nicht aufwachte schob ich mich Milimeter für Milimeter von ihm weg. Selbst den Atem hielt ich an. Was sich als Vorsichtmaßnahme herausstellte, denn der Anblick der sich mir bot hätte mich bei genügend Sauerstoff zu einer langen, lauten und sehr vulgären Kette aus Flüchen veranlasst.

Diese Narbe war anders. Sie wurde nicht wahllos wie die meisten auf seinem Körper gesetzt, nein sie sollte eine ganz gezielte Wirkung erbringen. Sie war das Abschlusskunstwerk eines kranken Psychophaten, den ich im Moment liebend gerne mit meinen bloßen Fingern zerquetschen würde. Nur um ihn dann anschließend bis auf sein Blut zu verbrennen.

Um mich nicht von meiner aufkommenden Wut beherrschen zu lassen stieß ich langsam meinen angehaltenen Atem durch den Mund aus, um dann in der selben Geschwindigkeit frische Luft tief durch meine Nase einzusaugen.

Dann wagte ich erneut einen Blick auf das Brandzeichen aus drei hässlichen roten Lettern. Sie waren wunderschön und grässlich zugleich. Und ich wollte nichts anderes als sie zu berühren, damit die schwache Präsenz des erbärmlichen Feuers, welches sie verursacht hatte endlich ganz von diesem Körper verschwand, damit ich die Chance bekam auch Rileys Geist zu befreien.

Fire with Fire [LGBT] ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt