Kapitel VII

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"Jason?"

"Riley?"

"Ich denke, ich bin soweit."

"Wofür?"

"Um einen Schritt weiter zu gehen!"

Seit er die Kerze zum ersten Mal freiwillig angezündet hatte waren zwei Tage vergangen. Zwei Tage, in denen ich ihn ganz für mich alleine hatte. Auch wenn er sich ständig beschwerte, dass er arbeiten müsste, aber ich hatte ihn schon ohne sein Wissen krank gemeldet.

Als er das erfuhr verhielt sich Riley zuerst etwas grantig zu mir, aber das legte sich schon kurze Zeit später wieder. Er war einfach ein viel zu netter Mensch, um lange auf jemanden sauer zu sein.

Und deshalb erkannte er auch in den letzten Tagen, dass ihm von den Kerzen keine Gefahr drohte. Ja, Kerzen. Aus einer waren zwei geworden, aus zwei drei und immer so weiter, bis ein ganzes Meer aus Lichtern vor ihm stand. Und er einfach nur da saß und sie über Stunden hinweg gebannt anstarrte. Er verlor sich in ihren züngelnden Schönheiten, sodass einfach kein Platz mehr für Furcht da war.

Es machte mich ungemein stolz ihn so zu sehen, aber gleichzeitig wollte ich es nicht übertreiben.

"Bist du sicher?"

"Ja." Er sprach dieses einfache Wort voller Kraft aus und sah mir fest in die Augen. Für einen kurzen Moment glaubte ich, einen Funken in ihnen lodern zu sehen, weshalb ich nickte.

"Gut. Ruh dich noch ein bisschen aus, ich muss erstmal alles vorbereiten."

~

"Riley?" Ich blieb in der geöffneten Tür stehen und sah nur zu ihm herein. Er saß mit angezogenen Beinen auf der Fensterbank und hatte bis gerade eben die Stirn auf seinen Knien abgelegt habt. Jetzt sah er mich an.

"Jason?" Und wieder war da dieser Blick, den ich einfach nicht deuten konnte. Dieser Ausdruck, der seine grünen Augen in brennende Kiefernwälder verwandelte.

Ich leckte mir einmal kurz über die Lippen, bevor ich weitersprechen konnte.

"Du hast gesagt, du willst einen weiteren Schritt wagen. Nur wird einer allein nicht ausreichen. Du musst einen weiten Weg beschreiten, wenn du deine inneren Dämonen besiegen willst. Und ich kann dich dabei nur festhalten, solltest du straucheln. Deshalb ist es deine Entscheidung, ob du mir jetzt folgst." Damit drehte ich mich einfach um und lief mit ruhigen, aber beständigen Schritten los. Der Bodenkontakt von Rileys Füßen setzte zuerst zögerlich hinter mir ein, nahm aber mit der Anzahl unserer Schritte an Sicherheit zu. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich hatte ihn nicht unterschätzt.

Kurz vor meinem Zielort hielt ich dann auf dem breiten Gang an und wandte mich der nach Westen zeigenden, komplett verglasten Außenwand zu. Die Sonne war gerade dabei in einem prächtigen Farbenspiel von Orange über Rot, hin zu Violett hinter den Berggipfeln zu verschwinden.

Riley blieb neben mir stehen und beobachtete ebenfalls das Spektakel. "Red mit mir", flüsterte ich bittend. Kurz schwieg er, bevor er dann in der selben Lautstärke antwortete.

"Es ist komisch. Sonst stimmt mich dieser Anblick immer traurig. Und desto mehr Farben und Intensität dazukommen, desto mehr fühle ich mich verlassen und verletzt... Aber dieser Sonnenuntergang hier ist anders. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber von diesem Rot geht eine Wärme aus, die es schafft selbst zu mir durchzudringen. Das hab ich noch nie gespürt. Es ist so fremd, aber gleichzeitig beruhigend und dennoch macht es mir Angst. Vielleicht auch genau deshalb. Aber eins steht fest. Ich will mehr von diesem warmen Rot."

Ich ließ den angehaltenen Atem langsam aus meinen Lungen entweichen. Ein letztes Mal sah ich dem glühenden Feuerball am Horizont nach, dann wandte ich mich dem Schwarzhaarigen zu und ergriff lächelnd seine Hand. "Diesen Wunsch erfülle ich dir nur zu gern."

Fire with Fire [LGBT] ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt