Stationenlauf

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„Ich vermisse dich, Mary."

„Ich vermisse dich auch." Ich bete, dass Duke die Unsicherheit in meiner Stimme nicht hört.

„Melde dich bald, versprochen?" Rose klammert sich gerade gewiss an Juliens Hand. Ich weiß, dass er sie nicht loslässt und nur deswegen bringe ich es übers Herz folgendes zu sagen: „Ja,versprochen."

„Ich hab dich lieb."

Ich flüstere mit zusammengebissenen Zähnen und geballter Faust in der Tasche, so sehr muss ich mich anstrengen nicht zu weinen: „Ich dich auch, Kleine."

Der Hörer knallt auf die Gabel, meine Hände zittern. Ich stütze mich auf der Tischplatte ab und hoffe, dass es Duke nicht auffällt.Ich atme flach, damit man nicht hört, wie sehr ich versuche ein Keuchen zu verbergen - ein Aufatmen, dass es ihr nicht schlecht geht und Julien sein Versprechen gehalten hat. Rose hat geweint und fast hätte ich es auch. Ich habe immer diesen Klos im Hals, wenn ich merke, dass es ihr nicht gut geht. Doch ich muss mich zusammenreißen. Duke hält mich schon für ein Weichei, da muss er nicht auch noch den besten Beweis dafür erhalten.

„War es das?", fragt er und blickt von seinen Aufzeichnungen auf. Ich nicke und stelle mich aufrecht hin. „Danke, Sir."

Er nickt nur. Ich sehe das als Andeutung, dass ich verschwinden soll, also drehe ich mich um und greife nach der Klinke.

„Soldat Abrahams.", ruft er mich zurück.

„Ja, Sir?", frage ich mit schwacher Stimme. Bitte, bettelt mein Inneres , lass mich einfach gehen.

Es scheint als würde er mit etwas ringen. Als säßen Worte in seiner Kehle, die er nicht heraus lassen will. Doch Duke räuspert sich laut - als wolle er sie herunter schlucken - und sagt, als er sich mit dem Stuhl von mir weg dreht und nach einem weiteren Ordner hinter sich greift: „Kommen sie nicht zu spät."

Ich zögere. „Natürlich nicht." Und damit verlasse ich den Raum.

Steve sitzt auf dem Boden gegen die Wand gelehnt. Ich hatte vergessen, dass er da war. Er steht auf und klopft seine Hose ab.„Und wer bist du jetzt?"

„Die starke Katherine.", sage ich lachend. „Danke für den Anschubs."

„Ich dachte mir, dass du das brauchst um deinen Arsch mal hochzubekommen."

„Das habe ich."

Wir gehen gemeinsam in den Speisesaal, schlingen jeweils eine Scheibe trockenes Brot mit Butter herunter und spülen mit lauwarmer Milch nach. Dann joggen wir zum Trainingsraum. Mit Beruhigen stelle ich fest, dass Duke noch nicht da ist. Es ist fast ironisch, dass er zuspät kommt, doch niemand sagt etwas. Niemand wäre so töricht.

„Wir haben fast die erste Woche herum und das was ich bis jetzt sehe, lässt mich verzweifeln.", er macht sich nicht Mühe einer Begrüßung. So ist er einfach nicht.

„Ihr seid nicht motiviert genug, ihr seid schwach, ihr seid unaufmerksam, ihr seid einfach nicht bei der verdammten Sache!",schreit er in den Saal hinein und jedes noch so kleine Flüstern verstummt automatisch. „Und genau das kann ich nicht gebrauchen. Ihr müsst nicht nur mit mir diese zwei Wochen arbeiten. Danach werden die, die das Glück haben zu bleiben, in Teams aufgeteilt und ich werde einer der Gruppenchefs sein. Dabei habe ich keine Lust einen von euch Idioten am Bein zu haben, als entweder ihr vergesst jetzt, dass was ihr zurückgelassen habt und konzentriert euch voll und ganz auf all das hier oder" Er blickt suchend in die Menge, bis er meine Augen findet. Ich spüre wie mir ein kalter Schauer den Rücken entlang kriecht. „Oder ihr werdet aussortiert.", flüstert er drohend.

My GhostsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt