Ich drehe den Wasserhahn auf und halte ein Tuch darunter. Langsam beobachte ich, wie sich der Stoff voll saugt. Ich kühle meine Wange damit und betrachte die aufgerissene Haut, die Dukes Schlag hinterlassen hat. Vielleicht habe ich es nicht besser verdient, aber er hätte nicht so mit mir sprechen dürfen. Ich habe es satt, dass die Leute mich behandeln, als wäre ich bloß ein kleines Kind, das unfähig ist etwas anständig zu leisten. Ich bin einen zu langen Weg gegangen, habe zu viele Leute verloren und habe zu viel erlebt, als dass ich das einfach so weg stecken könnte. Hätte ich heute nicht so reagiert, wäre ich irgendwann anders wie eine Bombe explodiert und es ist wahrscheinlich besser früher als später. Es ist besser so, weil ich jetzt ohne mit der Wimper zu zucken gehen kann. Ich habe hier noch nichts was mich hält. Aber wer weiß, was sich noch so entwickelt hätte.
Mit einer schnellen Bewegung drehe ich das Wasser ab und das leise Plätschern verstummt und es ist, als würde es jeden Laut mit sich ziehen. Jedes Ticken einer fernen Uhr oder Schritte von Menschen, die über die Gänge eilen. Das Wasser nimmt jedes Geräusch mit in den Abfluss und eine drückende Stille legt sich auf meine Ohren. Nur das bleibt zurück.
Ich drehe mich um, blicke umher und sehe unter dem schmalen Türspalt Schatten, die vorbei laufende Menschen auf den Boden werfen. Ich sollte sie doch eigentlich hören. Oder nicht? Eigentlich sollten ihre Sohlen auf den Steinboden knallen und eigentlich sollten meine Ohren das dann vernehmen. Was ist nur los mit mir?
Ich drücke meine Hände flach auf meine Ohren, nehme sie weg,versuche de Druck auszugleichen, der scheinbar auf meinen Ohren liegt, doch nichts hilft. Langsam werde ich panisch und je schneller und hektischer ich versuche wieder zu hören, desto schwindeliger wird es mir. Mein Kopf hämmert, als würde jemand von innen dagegen klopfen und alles dreht sich. Ich stütze mich auf das Waschbecken und betrachte mich im Spiegel. Schweiß rinnt über mein Gesicht und meine Pupillen sind geweitet. Ich sehe schwach und kraftlos aus. Das Mädchen im Spiegel, ist genau was die anderen sehen, wenn sie mir begegnen. Ein kleines hilfloses Mädchen, dem man ohne ihren Ausweis nie glauben würde, dass sie sechzehn ist. Und es ist genau das Mädchen, das ich in diesem Augenblick nicht sehen will, also schlage ich gegen das Glas an der Wand und es zerbricht in viele Teile. Und jetzt höre ich auch wieder. Ich vernehme jede Spiegelscherbe, die auf den Boden fällt. Schnell stolpere ich zurück, weiß nicht mehr genau, was mit mir passiert und knalle mit dem Rücken gegen eine Wand. Während ich mich daran herunter rutschen lasse, bemerke ich wie frisches Blut an meiner rechten Hand entlang fließt. Ich habe mir viele kleine Risse hinein geschnitten, indem ich den Spiegel oder eher mein Spiegelbild zerschlagen habe. Aber da ist noch etwas anderes. Es ist blau geschwollen, weil Duke es so fest gepackt hat. Aber irgendwas ist komisch. Das blau ist unnatürlich verteil. Es scheint nur an meinen Adern zu sein. Oder in meinen Adern, überlege ich. Was habe ich durch meine Verletzungen im Blut, sodass es sich blau verfärbt.
Aber ich kann nicht mehr darüber nachdenken, denn mein Kopf gibt den Kopfschmerzen und dem Schwindel nach und ich kann nicht mehr klar sehen. Meine Hand rutsch zu Boden und meine Augen fallen zu.
- - -
„Katherine? Katherine? Kannst du mich hören?"
Jemand hebt mich hoch, lässt mich nach ein paar Schritten wieder hinunter auf den Boden sinken und ich höre das Quietschen, dass die Duschen von sich geben, wenn man den Knopf betätigt und Wasser durch die Rohre zu der Brause fließt. Die Strahlen, die mir ins Gesicht laufen sind eiskalt und reißen mich aus meiner Starre. Ich schnappe nach Luft, greife ins Nichts, wo ich eine Person erwarte, die mich immer noch unter das Wasser drückt, aber meine Finger finden sie nicht. Ich kämpfe gegen die starken Arme an, die mich festhalten.Mein Mund füllt sich mir Wasser und dann huste ich, mache endlich die Augen auf und werde aus dem kalten Nass gezogen.
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My Ghosts
Teen FictionEr legt die Hand genau an die Stelle, die er eben geschlagen hat. "Diese Erinnerungen machen dich nicht schwächer. Sie machen dich stärker." Ich fasse nach seinen Fingern und streife sie ab. "Aber was ist wenn ich zu viele habe? Was ist wenn sie mi...