13↠ high hopes

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Gedankenversunken lief ich ins Schulzimmer. Obwohl laufen übertrieben ausgedrückt wäre, denn ich schleppte mich besser gesagt ins Zimmer. Wie immer versuchte ich es zu überspielen. Nicht jeder sollte mitkriegen, dass ich schon seit so längerer Zeit unter Schlafstörungen litt. Solange 'Gedanken' noch existierten, würde ich niemals richtig schlafen können. So ein paar Stunde würden eventuell hinhauen, aber ich könnte mich nicht daran erinnern, unter der Woche mehr als 4 Stunden geschlafen zu haben. Es lag einfach zu weit vom jetztigen Zeitpunkt weg.

Doch nun war ein nächster Tag, und ich musste mich wieder der Realität stellen. Ein weiterer Tag, in dem ich jemand sein musste, der ich nicht war. Und es war der blanke Horror, weil dies einer der Gründe war, wieso ich heute so kaputt bin. Aber ich war es mir andererseits auch gewohnt. Lächeln oder mein Pokerface aufsetzen und keine Schwäche nach aussen zeigen. Das war mein Alltag. Irgendwie witzig wie jeder, ausser Ash und Moana, dachten, ich wäre stark und dass es besser wäre sich nicht mit mir anzulegen. Sie dachten sowieso alle, dass ich sowohl physisch, als auch psychisch komplett stabil war, und meine Narben an meinem Körper von den Kämpfen kamen. Doch sie würden nie in ihrem ganzen Leben damit rechnen, dass diese Narben aus meinen Händen entstanden sind.

Ich war meistens früher als alle anderen da, da meine Busverbindung schlecht war, und der Bus um meine Zeit nicht an meiner Haltestelle halten würde. Doch ich hatte kein Problem damit, ich kam ganz gut damit klar alleine zu sein. Viele kamen damit schlicht und einfach nicht klar. Doch ich konnte es solchen Menschen nicht einmal verübeln, sie können schliesslich auch nichts dafür, dass sie zu oft alleine gewesen wären, um alleine mit dieser Welt klarkommen zu können. Was ich jedoch denjenigen Menschen verübeln konnte war, dass sie behaupteten sie könnten alleine zurechtkommen, jedoch keinen Tag alleine in dieser Welt klar kommen könnten. Aber es war ehrlich gesagt doch ihre Sache, wie überzeugt sie von sich selber sind. Ich wäre wahrscheinlich die Letzte, die sich in andere Gelegenheiten einmischen würde.

Ich setzte mich an meinen Tisch und drehte meine Musik, in meinen Kopfhörern, auf volle Lautstärke auf. Wenn ich The XX, Daughter oder Kodaline hörte, könnte ich gar nicht anders. Ehrlich gesagt, wünschte ich mir auch nichts sinnlicher, als auf ein Konzert von Kodaline gehen zu dürfen. Dem Sänger in die Augen blicken zu können und zu sagen: "Danke für alles. Diese unfassbaren Worte, welche sie in den dazu, komplett perfekten Melodien mit ihrer sanften und gleichzeitig kräftigen Stimme singen. Ich könnte gar nicht mehr ohne ihre Musik, es ist ein Teil von mir geworden."

Letztes Jahr wollte ich mit Ash hingehen. Aber ich habe mich in der Sekunde umentschieden, als Ash auf 'Kaufen' klicken wollte. Ich wusste nicht, was in diesem Moment in mir Vorgefallen ist, doch ich habe ihm regelrecht das Handgelenk verrenkt, als ich seine Hand zurückgezogen habe. Ich hatte ihn angeschrien, er solle nicht klicken. Es war seltsam, wie sehr ich mich in diesem Moment von meinen Gefühlen beeinflussen habe lassen, denn ungewollte Angst hatte sich in mir breit gemacht. Es war für mich bis heute noch unerklärlich. Natürlich musste ich Ash eine Erklärung schulden, und da er mir wahrscheinlich wieder mit seinem Psychokram kommen würde, sagte ich ihm einfach, dass ich Kodaline doch nicht mehr so mochte. Es war eine komplette Lüge, doch ich konnte es mir auch nicht selbst erklären, wie sollte ich es also ihm erklären wollen?

Ich schaltete meine Gedanken aus, konzentrierte mich daraufhin komplett auf die Musik und sang leise mit:

Broken bottles in the hotel lobby

Seems to me, like I'm just scared of never feeling it again

I know, it's crazy to believe in silly things

But it's not that easy

Und auf einmal wurde ich von einem Räuspern unterbrochen. Ich blickte sofort auf und sah Louis. Eigentlich hätte ich ein entsetztes Gesicht erwartet, weil ich selber noch nie von meinen Gesangskünsten begeistert war. Er schenkte mir stattdessen ein Lächeln und meinte: "Schon immer ein Gesangtalent gewesen."

Ich blickte ihn jedoch nur verwirrt an und meinte: "Also bitte. Ich und Gesangtalent. Für das müsste ich das auch oft tun."

Er lächelte daraufhin nur vor sich hin, und schüttelte den Kopf. "Seit wann redest du eigentlich mit mir?", fragte ich ihn dann ziemlich genervt. Wenn ich genervt war, konnte ich nie wirklich ein Blatt vor den Mund nehmen.

Louis schaute mich durchdringend an. "Überleg mal Zuckerprinzessin mit dem Bogen. Seit wann wohl?"

Die Dinge, die er sagte, kamen in kleinstem Fall ironisch, oder sowas in der Art, rüber. Es klang so, als ob er es komplett ernst meinen würde. Ich verstand jedoch nur Bahnhof. Ich wäre wohl die Letzte die eine Prinzessin sein wollte. Viel zu kitschig und bunt. Schwarz war perfekt, aber doch nichts was mit pink zu tun hatte oder so.

"Beantworte meine Frage", sagte ich dann, mit einem ziemlich scharfem Unterton. Ich wusste nicht wirklich was mit diesem Louis falsch lief. Er war ein eher ruhigerer Typ, obwohl er unter seinen Freunden schon auch lauter werden konnte. Ich hatte auch nie viel mit ihm zu tun gehabt. Doch er hat mich schon, seit dem ich ihn das erste Mal bemerkt habe, immer so angeschaut, als habe er ein Geheimnis, welches mich auch betreffen würde. Seine Haare waren blond, an den Seiten waren sie ganz kurz und oben länger und immer ziemlich frisch gestylt. Seine Augen waren hellblau, er war etwa ein Kopf grösser als ich und hatte eine eher schlanke Statur. Er war vielleicht nicht unbedingt heiss, aber richtig niedlich. Und es gibt nun mal Mädels die mehr auf solche Typen stehen, als auf die breiteren, dunkelhaarigen Typen. Aber jedem das seine, sollte jeder für sich selber wissen auf was er steht. Mir war ehrlich gesagt egal, wie ein Typ aussah, es gab nämlich keine bestimmte Richtung von Typ, welche mir am meisten gefallen würde. Hauptsache der Charakter stimmte, und dass er auch nicht übertrieben hässlich war. Wer sagen würde, dass ihm wirklich nur Charakter wichtig war, würde selbst sich selbst belügen. Dies ist meine persönliche Meinung, wer ein Problem damit hat, kann sein Problem sehr gerne behalten, da es mich so ziemlich überhaupt nicht interessierte.

"Zu blöd, oder was? Kenn ich doch gar nicht von einer so intelligenten Person wie dir. Was denkst du? Wieso weiss ich echt mehr von dir, als du selbst?", sagte er leicht spottend und mit einem Lächeln auf seinen, eher helleren, Lippen.

Das reichte mir. Ich konnte es überhaupt nicht ausstehen wenn mich Leute versuchten zu provozieren. Sofort rannte ich auf ihn zu, packte ihn am Kragen und drückte ihn mit aller Kraft an eine Fensterscheibe. Unsere Gesichter waren ganz schön nahe, doch ich wollte ihm Angst machen, wie es anderen in dieser Situation normalerweise tun würde. Und Louis war ehrlich gesagt eine eher leichtere Beute.

Doch dies war erstaunlicherweise nicht der Fall, denn er hatte aus unbeschreiblichen Gründen keinen Hauch von Angst in seinem Gesichtsausdruck. Ganz im Gegenteil. Er lächelte sogar.

"An deiner Stelle würde ich mich loslassen, jeden Moment kommen ziemlich viele Schüler in das Klassenzimmer rein. Und die würden ziemlich denken du bist ein Mannsweib, wie du mich hier sn die Wand drückst, oder dass wir was gemeinsam hätten. Obwohl mir diese Option gefallen würde.", sagte er mit einem provozierendem Lächeln.

Ich formte meine Augen zu Schlitzen und blickte ihn wütend an: "Du weisst genau, dass ich nie was mit dir anfangen würde, also komm mir erst gar nicht mit solchen Dingen. Und lass dir eins klar werden, wenn du wem erzählst, was und wie ich vorhin gesungen habe, wirst du dir wünschen niemals geboren zu sein. Verstanden?", fauchte ich gegen Ende.

Er lächelte mich trotzdem weiterhin mit hochgezogenen Augenbrauen an und meinte: "Aber natürlich, wie Ihr wünscht Zuckerprinzessin."

Bevor ich ihm eine Klatschen konnte, schubste ich ihn zur Seite weg und lief an meinen Platz. In dem Moment kamen auch einige andere Mitschüler in die Klasse. Doch ich beachtete diese gar nicht. Ich machte mir viel mehr Gedanken darum, woher ich auf einmal diese Kräfte herhabe. Ein normales Mädchen, mit meiner Statur, würde es doch niemals schaffen ihn an die Wand zu drücken. Er hatte auch schon paar Mal versuchen da raus zu kommen, doch ich hatte ihn an der Wand festgehalten gehabt...

hatearrow | aus Liebe wird Hass.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt