Der Weihnachtsball

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HERMINE

Die Woche bis zum Weihnachtsball vergeht so schnell, dass ich es kaum mitbekomme. Die letzten Unterrichtsstunden für die Abschlussklassen sind bis zum Rand vollgestopft. Ich komme kaum zum Luft holen und auch nicht zum Nachdenken, vergrabe mich in meinen Büchern und versuche nicht so verändert auszusehen wie ich mich fühle. Aber wannimmer ich mich im Spiegel ansehe, sehe ich eine andere Frau als noch vor wenigen Tagen.
Draco und ich haben an unserem Umgang miteinander nichts verändert, zumindest nicht in unseren Augen. Wir haben nicht darüber gesprochen.

Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, habe ich auch nicht die geringste Ahnung gehabt wie, denn es hat uns völlig aufgewühlt, vielleicht sogar verstört, das war mir direkt danach klar.

Wir haben einander geküsst als würden wir ertrinken und der Andere wäre die so dringend benötigte Luft zum Atmen. Und losgelassen haben wir uns erst, als es nicht mehr anders ging weil wir wussten, dass entweder Ginny jeden Moment zurückkommen oder sich der Gemeinschaftsraum mit Gryffindors füllen würde.

Jetzt sprechen wir ganz normal miteinander, zucken aber bei jeder zufälligen Berührung zusammen weil es sofort funkt.
Ich kann mir schwer vorstellen, dass alle Menschen die Sex miteinander hatten sich anschließend so fühlen, denn ich persönlich finde es irgendwie belastend und beinahe unmöglich auszuhalten.

Ginny ist misstrauisch. Sie beobachtet uns seit sie an besagtem Tag von ihrem Treffen mit Harry zurückgekommen ist.

"Kann mir einer von Euch mal den Kürbissaft geben,"fragt sie beim Mittagessen am Tag des Weihnachtsballes.
Natürlich greifen wir beide nach der Flasche und unsere Hände berühren sich, woraufhin wir sie hektisch zurückziehen und einen unsicheren Blick wechseln.

"Danke,"sagt Ginny,"ich nehme ihn mir selbst," und wirft uns ein vielsagendes Lächeln zu.

"Wann holen wir Harry vom Bahnhof ab,"versuche ich abzulenken.
Sie lächelt nochmal auf die gleiche Art.
"In einer Stunde. Wirst Du mitkommen?"
"Klar," antworte ich und beende mein Mittagessen.

Auf dem Weg nach Hogsmeade strahlt Ginny ununterbrochen. Ihr Besuch bei Harry in der vergangenen Woche hatte nur wenige Stunden gedauert und sie war völlig erschöpft zurückgekommen. Sie hatten sich gemeinsam Wohnungen angesehen und überhaupt keine Zeit gehabt sich miteinander zu unterhalten.
Ich weiß dass sie sich bereits seit Oktober auf Weihnachten freut. Und die Tatsache dass Harry nun herkommt, sie zum Ball begleiten und sie anschließend mit nach Hause nehmen wird, macht sie sichtbar glücklich.

Vorgestern habe ich eine Einladung der Weaselys erhalten, Weihnachten bei Ihnen zu verbringen. Ich bin sehr dankbar dafür nicht allein in Hogwarts bleiben zu müssen und habe zugesagt.

"Ich kann den Zug hören,"ruft Ginny als wir gerade den Bahnsteig betreten.
Ihre Augen glänzen als der Zug in Sicht kommt, und sobald die Lok uns passiert und die Waggons in Sicht kommen, gleiten ihre Blicke an den Fenstern entlang.
Ich beobachte sie beinahe erfürchtig.
So sieht man also aus wenn man jemanden liebt...und wenn alles ganz einfach und selbstverständlich ist.

Endlich hält der Zug und die Türen öffnen sich. So kurz vor Weihnachten steigen entsprechend viele Reisende aus. Auf einmal nehme ich um mich herum nur noch überglückliche Menschen wahr, die sich gegenseitig begrüßen, sich in die Arme fallen, Kinder die nach ihren Großeltern, Tanten und Onkeln rufen.
Männer und Frauen mit Koffern, Taschen mit Geschenken umständlich vor den neugierigen Blicken der Kinder versteckend, die alle noch an den Weihnachtsmann glauben.

Ich habe Weihnachten zu Hause immer geliebt. Die Spitze auf dem Baum, die mein Vater jedes Jahr sicher 100x abnahm und wieder aufsteckte bis ihm endlich gefiel wie sie saß. Der Geruch des Weihnachtsessens, das meine Mutter Nerven kostete und doch immer perfekt war. Schlafen gehen und sich auf die Geschenke am Morgen freuen, zwischendurch nachsehen ob der Weihnachtsmann bereits da war, ob Milch und Kekse verspeist sind.

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