Und gerade geht es irgendwie weiter

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Wenn du anhältst, läuft die Zeit trotzdem weiter...

Der Bus hatte nicht so lange gebraucht, dann waren sie schon am Flughafen. Der ganze Scheiß mit Kofferabgabe und allem wurde den Fußballern zum Glück abgenommen und sie wurden direkt zum Flugzeug selbst geschickt.

Marco versuchte sich einen Platz in der letzten Reihe zu ergattern, landete aber leider nur in der vorletzten. Auch egal. Mario hatte er bisher erfolgreich gemieden und ein Glück saß Thomas Müller ganz vorne. Der Flug konnte nur gut werden! "Ach guck mal an. Marco mein Freund." Oha. Im ersten Moment dachte er, es ist der plappernde Bayernspieler. Aber nein, es war Marc. "Ich darf neben dir Platz nehmen?" Ohne auch nur abzuwarten, warf sich der Keeper neben ihn. Ja guuuut. Bernd, der sich gerade mit etwas wütendem Gesichtsausdruck durch den Gang quetschte, schien sie ebenfalls anzusteuern. Er ließ sich ans Fenster, und somit Marcos andere Seite, fallen. Marco mochte es nicht so gerne am Fenster. Aber schön. Nun hatte er seine Sitznachbarn. 

Jeweils eine Seite hatte nur 3 Sitze, dafür waren die echt sau bequem. Wieso hatte Marco nicht den Anspruch, auch auf der Ersatzbank im Stadion auf so einem Luxus zu sitzen? Oder bei der Analyse? Gemein war die Welt! Nun, Bernd riss ihn in die Realität zurück. "Boar ter Stegen!", fluchte er los, "Du bist so ein Hurensohn. Sag das von eben nochmal und deine wertvollen Hände sind nur noch Hackfleisch!" Ok. Bis eben hatte sich Marco daran geklammert, gute Flugzeugsitznachbarn zu haben. Bis eben. Am Ende würden die beiden nur noch streiten. Toll. Und er saß in der Mitte. Wow.

Wieso hatte sich nicht Marcel neben ihn setzten können? Sein Kumpel aus Dortmund war der angenehmste Sitznachbar, den es überhaupt gab. Niemand war so entspannend, wie er. Mario hing einem schlafend an der Schulter und sabberte, Thomas redete, Lukas lachte, Basti hatte ein bisschen Flugangst und heulte deswegen immer rum, Jerome redete Müll, Christoph lächelte und nervte damit (manchmal), Benedikt hörte viel zu laut Musik, Mats las die ganze Zeit und kicherte an lustigen Stellen und Manuel machte sich immer so breit, das alle anderen seine Arme oder Beine bei sich hatten. Oder Mesut, der schleppte so viel mit ins Handgepäck, das man immer irgendwas bei sich verstauen musste, weil er keinen Platz mehr hatte. Marcel machte sich einfach nur Musik an und schlief. Auf seinem Sitz. Breitete sich nicht aus. Nervte nicht mit guter Laune. Man merkte einfach kaum, dass er anwesend war. Traumhaft.

Als Marco aus seiner Wunschvorstellung-Traumwelt gerissen wurde, fand er sich leider in der Realität wieder. Marc und Bernd waren zwar still, aber er hatte trotzdem Angst. Angst, einen schrecklichen Flug zu haben. Schlimme Vorstellung! Das Flugzeug rollte währenddessen langsam Richtung Startbahn.

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Marco hatte sich das Ganze schlimmer vorgestellt, wie es war. Der Flug war auch zum Glück nicht so unerträglich lang gewesen. Puh. Bernd hatte zwar seine Schulter als Kopfkissen missbraucht und Marc hatte zum Beat seiner Musik, die er auf den Ohren hatte, die ganze Zeit mit dem Bein gewippt - das hatte genervt! - aber sonst, Marco konnte sich nicht beschweren. Nun, sie waren jetzt in Polen. Toll. Nein, eigentlich nicht. War schließlich nur der Flughafen.

Aber egal. Mit seiner Musik, die er immer noch auf dem Kopf umher trug, ließ sich das alles verkraften. Übrigens: Der Alkohol war gar nicht aufgefallen. Cool. Also konnte er sich jetzt öfters betrinken, weil es ja niemanden aufgefallen war. Muhahaha. Oh. Alle - in Form des deutsche Nationalteams - schienen ihn anzuschauen, der Bundestrainer sah dabei aber irgendwie verärgert aus. Langsam setzte Marco seine Kopfhörer ab und Jogi warf ihm noch einen strengen Blick zu, dann stiefelten sie allesamt Richtung Kofferband. Da kam Freude auf.

Im Bus zum Hotel hatte er die Ehre (oder auch nicht) neben Sami zu sitzen. Da die Fahrt nicht besonders lange war, musste er sich auch mit keinerlei Problemen auseinandersetzen. Sehr schön. Das Hotel machte nach außen auch einen schönen Eindruck. Aber auch die Lobby überzeugte. Ein Botanik Garten. Sehr cool. Lukas war anscheinend seiner Meinung, denn er musste unbedingt eine der komisch-aussehenden Pflanzen anfassen. Der Trainerstab fand das nicht sehr lustig. Die verkündeten auch direkt die Zimmerverteilung. Marco freute sich (nicht): Mario. Und Max. Wow. Man ey, seine Gedanken trieften in den letzten Minuten nur so vor Sarkasmus.

Nun denn, er holte sich seine Zimmerkarte und machte sich auf den Weg nach oben. Nur kurz Tasche abladen und dann ging es direkt wieder runter. Einfach niemandem Beachtung schenken. Das klappte richtig gut und nun hieß es Analyse. Das schaffte er schon! Da war er sich ganz sicher! In einem der großem Räume des Hotels waren eine Menge Stühle aufgestellt und vorne standen Beamer und White Board. Er setzte sich irgendwo mitten rein und fing an, sein Gehirn hochzufahren. Sonst war es heute im Ruhestand gewesen, aber bei der Spielanalyse musste man sich echt konzentrieren.

Als Jogi angefangen hatte, hätte Marco seinen Kopf sehr gerne wieder in den Energiespar-Modus geschaltet. Es war so langweilig. Sie schauten sich alle jeglichen Spiele der Polen an und Jogi erklärte und zeigte und malte und so weiter. Und der Spielertross versuchte hinterher zu kommen. Es waren ganze 2 ermüdende Stunden, die sie da saßen und zuhörten. Und danach war direkt Training. Und Marco hatte eigentlich nicht vor, mit Mario zu reden, der aber, als sie eine kurze Pause zwischen zwei Trainingseinheit hatten: "Wir...äh... Können... wir nachher mal reden?" Marco nickte, hatte keine große Lust noch lange mit ihm weiter zu reden. Er hatte alles kaputt gemacht. Punkt.

Götzeus: Verlieben tut immer weh (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt