4.Kapitel

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Ich kniff meine Augen zusammen und sah um. Es war eindeutig ein Zimmer. Und es war eindeutig nicht mehr meine Wohnung.

Es war ein mittelgroßer Raum, in dem zwei Betten standen. Die Tapete war ziemlich hässlich gestreift und sah auch schon sehr abgenutzt aus. Es gab zwei Fenster, die mit Gardinen zugehangen waren, und daneben befand sich eine Tür.
In einer Ecke stand ein Tisch, an dem ich zwei Männer, vielleicht Ende zwanzig, sitzen sah.
Diese sprangen in dem Moment auch auf und kamen auf mich zugelaufen.
"Cas, was zum Teufel-...", rief der Kleinere von beiden. Er hatte dunkelblonde Haare und hielt ein Bier in der Hand. Der andere, der etwas größer war und kinnlange, braune Haare hatte, folgte ihm und sah erst mich und dann etwas hinter mir an.
Erst in diesem Augenblick merkte ich die Hand, die immer noch auf meiner Schulter lag.
Und auch jetzt wurde mir erst richtig bewusst, dass wir nicht mehr in meiner Wohnung waren.

Leben kam in meinen Körper.
Ich drehte ich um, schlug die Hand von meiner Schulter und boxte dem Kerl, der mich entführt hatte, mit meiner Faust auf die Nase. Dieser hatte das nicht erwartet und so strauchelte er erstmal ein paar Schritte nach hinten.
Doch dadurch kam auch Bewegung in die anderen Beiden und sie liefen auf mich zu. Aber ich hatte nicht vor, mich in einen Kampf verwickeln zu lassen, denn ich nicht gewinnen konnte.
Also rannte ich los, stieß den noch etwas überraschten "Cas" zur Seite und riss danach die Tür auf. Ohne auf meine Umgebung zu achten lief ich stur gerade aus. Doch schon nach wenigen Schritten sprang mich jemand von hinten an und ich verlor das Gleichgewicht. Mit dem zusätzlichen Gewicht auf den Schultern landete ich auf dem Boden. Es war natürlich ein Schotterweg, was auch sonst.

"Verdammt, lass mich los!", fauchte ich den Kerl auf meinem Rücken an.
"Woaw, ganz ruhig, wir wollen nur reden."
Das Gewicht auf meinem Rücken verschwand und ich wurde mit einem Ruck hochgezogen. Der kleinere Kerl mit den kurzen Haaren nahm meinen Arm und verdrehte ihn auf dem Rücken.
Böse funkelte ich in seine grünen Augen. Er schaute genauso stur zurück.
Schließlich kamen auch Langhaar und Blauauge.
"Hey, ganz ruhig, wir wollen dir nichts tun", sagte Langhaar.
Mein böser Blick traf nun ihn. "Deswegen hat mich euer kranker Freund da auch entführt!"
Nun wanden sich beide zu Blauauge um.
"Cas, du hast sie entführt?!", fragte Kurzhaar.

Doch dieser runzelte nur die Stirn und sagte: "Sie ist weggerannt."
Grünauge kniff nach dieser Aussage die Augen zu und gab ein genervtes Stöhnen von sich.
"Verdammt, deshalb kannst du sie doch nicht einfach mitnehmen."
Dann ließ er meinen Arm los und trat ein paar Schritte auf  "Cas" zu.

"Ihr wolltet meine Hilfe", antwortete dieser ihm, ohne auch nur im Ansatz das Gesicht zu verziehen.
Jetzt mischte sich auch Langhaar ein.
"Ja, aber du solltest nicht einfach irgendwelche Menschen entführen!"

"Sie ist kein normaler Mensch."
Während die drei sich in eine Diskussion stürzten, setzte ich vorsichtig ein paar Schritte nach hinten. Ich richtete meine Augen dabei nicht von den streitenden Männern ab.
Nachdem ein paar Meter Luft zwischen uns waren drehte ich mich blitzschnell um und rannte los. Diesmal sah ich mir meine Umgebung genauer an. Das Haus, aus dem ich vorhin hinaus gerannt bin, war ein Motel. Davor standen einige Wagen auf einem Schotterweg. Ein Stück weiter hinten begann ein Wald. Das war mein Ziel.
Ein Blick zum Himmel zeigte mir, dass es wohl so gegen vier Uhr Nachmittags sein musste.
Wo zum Teufel war ich? In New York war es Abends, als dieser Verrückte mich entführte. Wie hat er das eigentlich gemacht? Hat er mich k.o. geschlagen? Aber im Zimmer war ich doch hellwach. Ich konnte mich auch nicht daran erinnern, das er mir eins übergezogen hatte. Er hat einfach nur seine Hand auf meine Schulter gelegt und dann... Nein, das konnte nicht sein. Wie soll sowas denn funktionieren? Außer er war kein Men-... Meine Gedanken wurden von einem mittelgroßen Stein unterbrochen, an dem ich hängen blieb. Ich verlor kurz mein Gleichgewicht, konnte mich aber wieder fangen.
Verdammt Ana, konzentrier dich, bevor du noch auf dem Boden landest!

Der Waldrand tauchte vor mir auf und ich legte nochmal alle Kräfte zusammen und rannte das letzte Stück noch schneller. Hinter mir konnte ich schon die Schritte der Anderen hören.
Ich warf einen Blick über meine Schulter und erschrak, als ich sah, wie nah mir zwei der Jungs waren. Schnell wand ich mich wieder nach vorne und prallte gegen etwas Hartes. Ich stolperte nach hinten und wäre umgefallen, hätte mich nicht jemand an den Schultern fest gehalten. Ich wand meinen Blick nach oben und traf auf zwei blaue Augen.
Ein paar Sekunden standen wir nur so da, dann hob er seine rechte Hand.

Flehend sah ich ihn an. "Bitte tun Sie mir nichts. Ich will nicht sterben."
Er legte den Kopf ein wenig schief und blickte mich mich einem undefinierbaren Blick an.

"Es tut mir leid."
Damit legte er zwei Finger an meine Schläfe und sofort wurde mir schwarz vor Augen.

Chosen [SPN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt