11. Kapitel

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Das Letzte, was ich spürte, waren zwei starke Arme, die mich auffingen.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Bett. Mein Kopf dröhnte und wüsste ich es nicht besser könnte man denken, ich hätte die letzte Nacht durchgefeiert.
Mit einem Stöhnen setzte ich mich auf, nur um gleich darauf wieder auf die Matratze gedrückt zu werden.
"Bleib erstmal liegen, du siehst grauenhaft aus", drang Sams Stimme an mein Ohr.
Okay, er machte sich Sorgen, doch ich war kein kleines Kind mehr.
Entschlossen schob ich seine Hand weg und setzte mich wieder auf.
"Danke für dieses nette Kompliment", meinte ich sarkastisch.
Vom Tisch her klang das leises Lachen von Dean.
Verwirrt schüttelte ich den Kopf.
"Wer hat mich aufgefangen?"
"Das war Sam", kam es von Dean,
"Was hast du gesehen?"
Kurz kniff ich die Augen zusammen, als der Schmerz etwas stärker wurde.
"Sam. Und mich. Wir saßen vor einem Stück Stein, doch dann ist er plötzlich zusammen gebrochen und hat Blut gespuckt. Und dann kamst du und hast etwas gesagt, was habe ich allerdings nicht verstanden", erklärte ich an Dean gewannt.
Dieser warf Sam einen wissenden Blick zu, während der auf den Boden blickte.
"Was hat das zu bedeuten?", wand ich mich an den jüngeren der Brüder.
"Nichts, alles ist gut. Sind deine Visionen eigentlich immer so heftig?", versuchte dieser nun abzulenken.
Na schön wenn er nicht darüber reden wollte.
"Nein, das ist neu. Am Anfang waren es nur leichte Kopfschmerzen doch mittlerweile fühlt es sich so an, als würde ich von einem Zug überrollt", gab ich ihm die Antwort auf seine Frage.
Sam runzelte die Stirn. "Vielleicht können wir Cas fragen, ob er da was machen kann."
Nachdenklich betrachtete ich meine Hände.
"Ja vielleicht."
Nach meinen Worten war es eine Weile still. Schließlich räusperte sich Dean und klatschte einmal in die Hände. Dann stand er auf und trat ein paar Schritte auf mich zu.
"Gehts dir wieder besser?"
Zögernd nickte ich. Bei Deans Blick überkam mich ein mulmiges Gefühl und auch das teuflische Grinsen, welches meiner Geste folgte, hinterließ einen üblen Eindruck.
"Gut, dann können wir ja mit dem Training anfangen", bestätigte Dean mir im nächsten Moment.
"Was, jetzt sofort?", ungläubig starrte ich ihn an.
"Ich hab nicht mal Sportsachen oder ähnliches da."
Doch Dean ließ sich nicht erweichen. Wenn überhaupt, wurde sein Grinsen nur noch größer.
"Ach, das was du anhast, reicht völlig."
Sammy blickte mich mitleidig an.
"Bist du sicher, dass du das in deinem Zustand schaffst?"
Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln. Wenn Dean glaubte, mich durch sein Training umzustimmen, dann hatte er sich aber gewaltig geirrt. Herausfordernd sah ich den Älteren an.
"Klar, ich kann es kaum erwarten."



Drei Stunden später und 10 Liter Schweiß weniger fiel ich vollkommen fertig ins weiche Gras.
"Ich kann nicht mehr", stöhnte ich auf, als sich sogleich Deans Schatten über mich legte.
Nach einer Stunde Joggen, als wäre das nicht schon schlimm genug, hat mich dieser Sklaventreiber durch den Wald gejagt. Ich sollte mich erst vor ihm verstecken, um dann im richtigen Moment anzugreifen. Und jedes Mal, wenn Dean dieses kleine Spielchen gewann, hat er mich 10 Runden über die Wiese und um das Haus rennen lassen. Das fördert die Ausdauer und Konzentration, waren seine dämlichen Worte. Ich meine, im Ernst, wisst ihr, wann ich das letzte Mal etwas für meine Ausdauer getan hatte. Das war in der High School!

Natürlich hatte Dean bei diesen kleinen "Spiel" immer gewonnen. Verdammte Jägerreflexe. Mittlerweile hatte ich einen gewissen Hass gegenüber seines fiesen Lachens, wenn er mich mal wieder zu Boden geworfen hatte, entwickelt.
Ich schwöre, wenn ich sein überlegenes Lachen noch einmal höre, bringe ich ihn um.

Seufzend hielt mein "Meister" mir seine Hand hin, um mir auf zu helfen.
"Los, noch ein mal, dann machen wir Schluss für heute", versuchte er mich aufzumuntern.
"Ich bezweifle, dass euer Dad euch durch den Wald hat rennen lassen!"

Stöhnend wollte ich nach seiner Hand greifen, als er sie so plötzlich wegzog, dass ich wieder nach hinten umfiel.
"Lektion Nummer 13, vertraue niemanden", lachte er.
Kochend vor Wut lag ich auf dem Boden und zählte langsam.

Ok Ana, bleib ganz ruhig, lass dich nicht provozieren. Steh einfach wieder auf  und mach diesen verdammten Winchester fertig.
Eine Adriana Johnson lässt sich nicht unterkriegen!

Immer noch wütend, aber nun mit neuer Entschlossenheit, rappelte ich mich auf.
Stur sah ich den älteren Winchester in die grünen Augen.
"Schön, von mir aus kann's los gehen."
Dieses blickte mich belustigt an.
"Gut, du hast eine Minute."
Ohne auf ein weiteres Wort oder ähnliches zu warten rannte ich los. Mein Ziel hatte ich ganz genau vor Augen. Eine alte, knorrige Eiche mit tief hängenden Ästen.
Ein paar Meter weiter hatte mich Dean vorhin zu Boden gerungen.
Ihm schien das richtig Spaß zu machen. Ich hätte vermutlich auch Spaß dabei, sein dämliches Gesicht mit seinem dämlichen Grinsen in den dämlichen Dreck zu drücken.
Ok, nicht abschweifen. Sonst blieb ich nur wieder an einer Wurzel hängen und fiel hin.
Nach ein paar Minuten war ich da. Wenigstens hatte ich mir den Weg gemerkt. Kurz warf ich einen Blick nach hinten, doch Dean war nirgends zu sehen.
Also griff ich nach einen tiefhängenden, kräftig aussehenden Ast und zog mich hoch.
"Ich werde Dean Winchester's Gesicht in den Dreck drücken. Ich werde Deans verdammtes Gesicht in den Schlamm drücken."
Leise vor mich hinmurmelnd kletterte ich immer höher.

Als ich etwa die Hälfte des Baums geschafft hatte sah ich mich wieder um. Keine Spur von Dean. Glücklich grinsend suchte ich nun einen Ast, der zu einem der Nachbarbäume reichte. Ich klammerte mich daran fest und zog mich vorsichtig hinüber.
"Ouh, Dean, ich werde dich sowas von fertig machen", summte ich grinsend vor mir her.
Am anderen Baum angekommen setzte ich mich auf einen stabil aussehenden Ast mit dem Rücken am Stamm.
Und dann wartete ich. Alles war ruhig, ab und zu ließ ein Windstoß die Blätter rascheln.
Als nach einen halben Stunde immer noch alles ruhig war konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Dean konnte mich nicht finden. Der große Jäger Dean Winchester schaffte es nicht, eine unbewaffnete und ungeübte "Jägerin" in Ausbildung zu finden. Sicherlich kochte er gerade vor Wut. Ob er schon Sam gefragt hatte, ob er ihm suchen hilft?
Bestimmt verflucht er mich gerade.

Ein Geräusch ließ mich aufsehen. Es klang wie das Schlagen von Flügeln. Und tatsächlich, vor mir auf dem Ast saß Castiel.
"Cas, was machst du hier?"
Doch dieser gab mir keine Antwort. Stattdessen lehnte er sich nach vorne und wollte seine Hand auf meine Schulter legen.
"Nein! Wehe, du wagst es, mich jetzt we-..."
Den Rest konnte ich nicht mehr sagen, da Cas es natürlich doch getan hatte.
Mir drehte sich den Magen um und ich schnappte kurz nach Luft.
Cas nahm seine Hand wieder von meiner Schulter und stand danach ausdruckslos neben mir.
Wir befanden uns auf der Wiese vor der kleinen Holzhütte.
Einige Meter von dem Engel entfernt standen die beiden Winchesters.
Sam sah erleichtert aus, während Dean ein spöttisches Grinsen aufgesetzt hatte.
Wutentbrannt rannte ich auf den Älteren der Brüder zu.

"Du verdammter Mistkerl!"

Chosen [SPN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt