#20 Wiedersehen macht Freude. Oder auch nicht.

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Lucy war tot.
Genau in diesem Moment ertönte ein Kanonenschuss. Ich schloss ihre Augen und stand auf. Das Messer lies ich in ihrem Herzen. Ich flüsterte ihr einige Worte zu. Dass sie es ab jetzt schöner haben würde. Doch das war alles eine Lüge. Niemand wusste wie es im Tod war. Nicht ich. Nicht der Präsident. Und erst recht nicht die Spielemacher. Ich musste hier weg. Ich konnte diese merkwürdigen untoten Tribute zwar nicht sehen, aber sie konnten mir vielleicht trotzdem etwas tun.  Ich  rannte in den Wald. Dort machte ich mich bereit. Ich baute Fallen und suchte mehrere Verstecke.
Die Spiele würden beginnen. Heute Abend wäre das alle zu Ende.
Ich wusste nicht wie viele Tribute noch lebten, aber es waren nicht mehr viele. Ich versteckte mich und jetzt hieß es abwarten.
Ich untersuchte mein Bein und Tränen schossen in meine Augen. Die Infektion war schlimmer geworden. Ich öffnete meinen Rucksack und suchte nach der Salbe, doch sie war weg. Verschwunden. Unauffindbar. >> Verdammt! <<, murmelte ich. Toll. Wahrscheinlich musste ich am Ende mein Bein amputieren. Gut, das vielleicht nicht, aber angenehm würde es nicht werden. Mittlerweile war es dunkel geworden. Ich legte mich hin und machte es mir gemütlich. Nur eine Sekunde... nur ein klitzekleiner Moment, den ich genießen durfte.

Ich erwachte als ich kaltes Metall an meinem Hals fühlte. Katherine hielt mir ein Schwert an den Hals und grinste spöttisch. >> So sehen wir uns also wieder kleine Olivia. << Ich schaute sie panisch an. >> Ihr habt mich einfach zurückgelassen. << Ich schaute Katherine flehend an. >> Wir haben dich vor den Karrieros beschützt! << Sie schaute mich an. Ihr Blick war voller Hass. Dann schrie sie: >> Aber ich bin eine Karriero! Die Leute sollten vor mir Angst haben! << Ich schloss die Augen. Jetzt war alles verloren. Sie war wütend geworden. Sie empfand zu viel Hass, um mich laufen zu lassen. Ich murmelte einige flehende Worte, die sie wahrscheinlich eh nicht hörte. Ich hielt meine Augen fest geschlossen und spannte meine Muskeln an. Dann drückte ich mit einer Hand fest auf das entzündete Bein, in der Hoffnung es würde weniger wehtun, wenn sie mir die Kehle durchschnitt.

Plötzlich ertönte ein Kanonenschuss: Jemand war gestorben. War das ich? Fühlte der Tod sich so an? Weilte man unter ihnen, nur dass man einer selbst war? Dass man in seinem Körper gefangen war? Wenn das so war, war der Tod blöd. Ich öffnete vorsichtig meine Augen und sah direkt in Beths Blaue. >> Beth! Was machst du denn hier? << Sie schaute erst mich und dann Katherine an, die auf dem Boden lag. >> Ist... ist sie tot?! << Beth schüttelte den Kopf. >> Sie ist ohnmächtig. Und ich warte. << Ich schaute sie an und war verwirrt. Worauf wartete sie? >> Worauf wartest du? << Dann kam es mir in den Sinn geschossen. >> Ach so, äh danke. << Ich grinste sie schief an. Beth lächelte zurück.  >> Hast du Seile? << Sie nickte zu Katherine. Ich nickte und öffnete meinen Rucksack, in dem sich auch ein Seil befand. Sie nahm es und fesselte Katherine geschickt.  >> Deine Fallen sind ziemlich gut. Isabelle hängt in einer Fest. << Ich hätte gedacht, dass Isabelle längst tot war. Sie kam aus Distrikt 6, einem Distrikt, der eher geringere Chancen hatte. >> Sebastian ist bei ihr geblieben. Können wir kurz hin und die beiden retten? << Ich dachte nach. Was wenn es eine Falle war? Es wären vier gegen mich. Ich hatte keine Chance. Und auch wenn Katherine noch ein Kind war, sie war unheimlich stark und sehr intelligent. >> Beth, du musst dich entscheiden. Ich oder sie. << Sie schaute mich schockiert an. >> Wenn ich mich für die beiden entscheide, rettest du sie dann trotzdem? << Ich schüttelte den Kopf. >> Irgendwann müssen sie sterben. << Ich zuckte zusammen, als ein weitere Schuss ertönte. Ich hörte das Rascheln von Schritten, die durch den Wald gingen. Ich nahm einen Dolch und legte meinen Rucksack zu Boden. Dann sah ich Alex. Tränen schossen in meine Augen. Ich hatte ihn vermisst. Doch ich hatte ihn verlassen. Es könnte sein, dass er genauso wütend wie Katherine auf mich war. Deshalb blieb ich so stehen. Als er mich entdeckte, lies er sein Schwert fallen. Es war ein Zeichen des Friedens. Ich drehte mich zu Beth um. >> Fu kannst dich entscheiden. Ich habe mittlerweile einen Verbündeten. << Daraufhin ging ich zu Alex.

Wir hatten lange geredet. Mittlerweile war es spät abends und unser Team bestand aus Alex, Beth, der Gefangenen Katherine und mir. Ich wusste, dass ich Katherine töten sollte, aber ich brachte es nicht übers Herz. Sie war noch so jung. Das beste an unserem Team war, dass ich sowas wie die Chefin war. Sie hörten auf mich. Wenn ich nicht wollte das Katherine getötet wurde, dann wurde sie nicht getötet. Ich gähnte. Ich wollte schlafen. Doch ich hatte Nachtwache. Mein Atem war in der Stille der Nacht ziemlich laut. Zu laut. Ich konzentrierte mich ganz darauf leise zu sein. Ich gähnte abermals und hörte meinen Magen Knurren. Super. Ich war müde und hungrig. Doch ich blieb wach.

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn man weiß, dass gleich etwas schlimmes passiert? Diese schrecklichen Sekunden oder Minuten vor dem Geschehen? Genau dieses Gefühl hatte ich gerade. Das war auch der Grund weshalb ich die anderen weckte. Und sie hatten es auch. Man hörte das Rascheln im Wald, das laute Klirren, wenn Waffen gegeneinanderprallen: Wir wurden angegriffen. Ich konnte nur hoffen, dass meine Fallen mich retteten. Ansonsten hätten wir ein Problem.

Wir hielten die Luft an. Einige der Angreifer, waren der Geräusche zufolge schon in den Fällen zugrunde gegangen, doch viele waren noch lebendig. Gleich würde es soweit sein. Gleich ging es um alles. Ich hielt meine Schwerter wie Speere vor mich, in der Hoffnung dass die ersten von ihnen so aufgespießt wurden. Das würde kein schöner Anblick werden. Mein Magen drehte sich um, als ich daran dachte. Doch das hatte nicht die höchste Priorität.

Ich keuchte auf, als ich die Menge der Tribute sah, die sich durch den Wald kämpften. Darunter entdeckte ich auch einige bekannte Gesichter. Ganz vorn stand ein kleines Mädchen, mit schwarzen Locken. Ich kannte sie aus Erzählungen. Ihr Name war Rue.

Die Tribute von Panem - Die 100. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt