Beschützer

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Den Rest des Tages starre ich an die Decke und hoffe, dass alles bald vorbei ist, dass ich nicht mehr lange mit dem Wissen leben muss, dass ich eine Freundin habe gehen lassen. Diese Schuld erdrückt mich. Ich habe keine Lust mehr zu leben, das alles mitzumachen und ich weiß ich, dass mir vorerst nichts anderes übrig bleibt.

"Warum tust du das, Glenn?", sage ich wütend, "Du sperrst mich hier ein und erwartest, dass ich dir mein Herz ausschütte? Lass mich endlich raus!"

Stundenlang hat Glenn auf mich eingeredet, mich gefragt, was mit mir in letzter Zeit los ist und warum ich so an Michonne hänge und wieso Daryl sich so eigenartig verhält und fragt die ganze Zeit, was ich genau mit seinem launischen Verhalten zu tun habe.

Ich kann ihm nicht erzählen, dass wir uns geküsst haben, das geht ihn nichts an. Wieso sperrt er mich ein? Wieso interessiert er sich überhaupt für mich und meine Beziehung zu Daryl? Woher weiß er von meinem Kontakt zu ihm?

"Daryl hat mich gebeten auf dich aufzupassen.", gibt Glenn nach zwei Stunden zu, "Ich habe es ihm versprochen." Ich mustere Glenn ungläubig und er sagt: "Ihm gefällt es nicht dich hier einzusperren, aber es ist besser für dich, glaub mir.", fährt Glenn fort, aber ich will es nicht mehr hören: "Daryl will mir scheinbar weismachen, dass ich nicht alleine zurechtkomme, aber das tue ich. Er ist so ein Idiot.", behaupte ich enttäuscht.
Wie kann er mir sowas antun? Ich fühle mich wie ein bescheuerter Vogel im Käfig! Was glaubt er eigentlich, wer er ist? Noch eine Enttäuschung, die mit Daryl zu tun hat! Kann er nicht aufhören?

Ich drehe mich trotzig und und verschränken die Arme. Er darf nichts von mir und Daryl erfahren, sonst muss ich alles erklären. Es geht ihn nichts an. "Diana, ich weiß, was hier abgeht. Du kannst es nicht leugnen.", behauptet er und schaut mich mit seinen schmalen Augen lieb an.

Eigentlich mag ich Glenn, aber mir gefällt es nicht, dass er mit Rick und Daryl unter einer Decke steckt. Wie unfair können Menschen eigentlich sein?

"Ich weiß nicht, was du meinst.", sage ich trotzig. Zugegeben, ich weiß nicht genau, was er meint, aber die ungefähre Richtung kenne ich sehr wohl.

"Ich weiß, was du für Daryl empfindest.", sagt er und nimmt meine Hand durch das kalte Gitter, das uns beide trennt, "Und dass euch soetwas widerfährt während dieser ganzen Scheiße ist toll." "Uns?", frage ich ungläubig.
Mein Herz macht vor Aufregung einen Sprung.
Er nickt: "Ich bin mir sicher das beruht auf Gegenseitigkeit. Allein schon, dass er mich gebeten hat auf dich aufzupassen ist ein klarer Beweis. Wir sprechen hier von Daryl."

"Glenn, ich...", stottere ich.

Liebt er mich? Ich liebe ihn. Ich bin mir sicher. Er ist genau so, wie ich mir meinen Traummann immer vorgestellt habe. Also wieso nicht?

Obwohl es schon offensichtlich ist, will ich es nicht zugeben. Ich will nicht zugeben, dass ich mich scheinbar in den Redneck, Daryl Dion verliebt habe. "Warum sollte Daryl dich sonst hier eingesperrt haben? Er will dich beschützen.", sagt Glenn und seufzt erleichtert. Anscheinend hat er das schon lange sagen wollen.

Ist es so offensichtlich?

"Würde er mich wirklich lieben, dann würde er mich nicht einsperren wie einen Hund.", sage ich stur.

Es wäre einfach zu schön, um wahr zu sein.

"Er weiß, wie du bist.", sagt Glenn schlicht, "Du gibst niemals klein bei, wenn es um die Leute geht, die dir wichtig sind. Daryl ist ähnlich. Er wusste, dass du ihnen hinterherrennen würdest, um Michonne vor dem Gouverneur zu retten. Er hat zu viel Angst um dich, als dass er das zulassen kann."

Ich seufze und spiele mit meinen Fingern. Meine Gedanken gehorchen mir nicht mehr. Sie driften zu Daryl ab. Der Daryl, der mich in meiner eigenen Zelle eingesperrt hat, um die einzige richtige Freundin, die ich habe zu entführen.

"Er muss sich nicht so aufspielen. Was bildet er sich eigentlich ein? Er ist doch nicht mein Beschützer oder so... Nur, weil ich etwas für ihn empfinde, heißt das noch lange nicht, dass es ihm das Recht gibt mich wie ein Tier einzusperren!", rufe ich und Glenn sieht mich triumphierend an: "Du gibst also zu, dass du etwas für ihn empfindest."

"Ich gebe auf. Endgültig. Es hat keinen Zweck mit dir zu diskutieren.", sage ich schulterzuckend. Obwohk ich so tue, als wäre ich hart wie stein, habe ich doch ein Herz. Eins, das für Daryl Dixon schlägt.
Eigentlich will ich niemanden von Daryl und mir erzählen, vor allem nicht, wenn ich mir nicht ganz sicher bin, was er für mich empfindet.

Wir befinden uns in einer verdammten Zombie-Apokalypse! Das kann nicht gut gehen. Ein Biss, nur ein Kratzer und wir können uns wieder voneinander verabschieden. Glenn seufzt. Er scheint aufgegeben zu haben.
Einige Augenblicke später rennen Rick und Daryl auf und zu und Glenn springt auf.

"Ich dachte ihr brächtet Michonne... weg!", stotterte er überrascht, als er meinen bösen Gesichtsausdruck sieht. Die beiden meiden meinen Blick.

Da ist sie nun hin. Zu einem einäugigen Irren. Wer weiß, was er mit ihr macht!

Eine Träne rollt unkontrolliert über meine Wange und ich nehme den Zipfel meines T-Shirts. "Wie konntet ihr nur? Habt ihr denn nichts aus dieser neuen Welt gelernt?"

"Wir haben Michonne nicht weggebracht.", sagt Rick. Daryl sieht auf den Boden.

"Wie ihr habt sie nicht weggebracht? Was ist dann passiert?", frage ich angespannt. Die Tränen laufen nun nicht mehr und ich setze mich auf. "Was ist passiert?", frage ich.
"Merle und Michonne fehlen.", sagt Daryl. Er sieht jetzt zum ersten Mal auf, direkt in meine Augen.

Ich keuche vor Schreck auf.
"Nein! Das kann doch nicht wahr sein!", schreie ich und merke, wie es schwerer wird, Luft zu bekommen. Mir wird ganz schwindelig und mir wird schwarz vor Augen. Es fängt langsam an, erst an den Ecken, aber wenige Sekunden später breitet sich die Schwärze wie Gift auf mein ganzes Blickfeld aus.




Die Einsamen • Daryl DixonWhere stories live. Discover now