Ein kleines Dankeschön

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Heute wird ein guter Tag. Das rede ich mir zumindest schon seit Wochen ein, doch nie erfüllt sich dieser Wunschgedanke. Ich habe nie an Gott geglaubt und jetzt erst recht nicht. Bitte versteht mich bloß nicht falsch, aber der ganze Mist zeigt mir, dass ich recht habe. Ich habe nichts gegen Gläubige. Ganz im Gegenteil: Sie stimmen mich mit ihren Vertrauen an Gott optimistisch. Nun gut, denke ich mir und quäle mich erneut aus dem Bett . Ich weiß nicht einmal, wie viel Uhr es ist, doch ich höre Stimmen. Echte Stimmen. Das ist aber nicht immer so gewesen. Nach Tyler Tod bin ich durcheinander gekommen. Ich habe einen Realitätsverlust erlitten. Davon habe ich mich nur schwer erholt. Mittlerweile habe ich sogar eine Theorie, wieso nur Menschen zu Zombies werden, wenn sie sterben. Der Mensch ist bösartig. Ganz einfach. Alles ist nicht so wie es scheint. Der Mensch ist ein Lügner, ein Blender und durch diesen Virus kommt die wahre und egoistische Natur, die durch Normen und Kultur unterdrückt worden ist, erst zum Vorschein. Die Seele des Menschen ist verfault. Das ist sie schon immer gewesen. Auch meine. Ich bin im Grunde nichts anderes, als diese menschenfressenden Parasiten. Dieser Gedanke verfolgt mich seit einigen Jahren schon und hat mich schon früh erwachsen werden lassen. Mein Leben ist nie leicht gewesen, aber das ist wieder eine andere Geschichte. Um die schlechten Gedanken abzuschütteln, überwinde ich mich dazu runter zu laufen und ins Bad zu gehen. Dort wasche ich mich gründlich und ziehe mir frische Klamotten an. Mit dem Wasser muss ich leider ganz sparsam umgehen. Nun, da die Zähne jetzt geputzt sind und meine Haare gewaschen wurden, fühle ich mich gleich viel wohler. In der Ecke des Gemeinschaftsbads entdecke ich eine Art blauen Wäschekorb und um auf andere Gedanken zu kommen, nehme ich ihn und beschließe, dass es an der Zeit wird sich nützlich zu machen. Also beginne ich durch die verschiedenen Zellen zu laufen, die schmutzige Kleidung und die Bettwäsche aufzusammeln und in den Korb zu stülpen. Als ich in Daryls Zelle gelange, sehe ich ein graues T-shirt und eine blutverschmierte Weste mit Engelsflügeln am Rücken. Seine Lieblingsweste. Ich falte die Sache sorgfältig und lege sie in den Wäschekorb. Draußen stelle ich den Korb ab und laufe in Richtung Keller in der Hoffnung, dass dort nicht allzu viele Beißer sind. Ich habe Glück, denn ich muss nur einen Beißer mit meinem Pfeil zuerstückeln. Unten angekommen finde ich Waschmittel und Spüli, welche ich mit nach draußen nehme und Carol gebe. Das Waschmittel behalte ich. Dann nehme ich eine graue Metalltonne und pumpe sie mit Wasser voll. Als ich damit fertig bin, schüttete ich etwas von dem Waschpulver in das Wasser und schmeiße Daryls Weste zuerst rein. Um alle Kleider und Laken richtig sauber zu bekommen, schrubbe ich stundenlang, bis ich das verfaulte Zombieblut nicht mehr rieche und die Flecken allmählich verschwinden. Glücklicherweise finde ich ein zusammengerolltes Seil, das ich als Wäscheleine umfunktioniere. Seelenruhig hänge ich alle Kleider auf, wobei mir auffällt, dass ich mit Daryls Sachen besonders sorgfältig umgehe. Nanu? Was ist denn hier los? Ich ignoriere das komische Gefühl in meiner Magengrube und warte, bis der heiße Sommerwind unsere Klamotten trockenbläst. Sie sind nach einer Stunde komplett trocken geworden und ich hänge sie ab. Gerade rechtzeitig kommt Daryl aus dem Wald. Er trägt wie immer seine Armbrust über der Schulter. "Was treibst du denn?", fragt er mich mit seiner typischen, rauen Stimme. "Oh ich habe die Wäsche gewaschen. Hier, deine Weste. Ich habe die Blutflecken rausbekommen, wenn das...okay..ähh...ist.", stottere ich. Er schaut mich überrascht an. "Cool. Danke.", sagt er und kommt ein paar Schritte näher. Ich falte seine mittlerweile trockenen Kleidungsstücke und lege sie in den Wäschekorb. "Ich habe die Bettwäsche auch gewaschen. Kannst du mir helfen die Betten neu zu beziehen? Sonst brauch ich ewig...", frage ich in der Hoffnung, dass es zustimmt. Das tut er netterweise auch, indem er nickt. "Danke", sagt er. "Wofür?", frage ich ein wenig begriffsstutzig. "Dass du die Wäsche wäschst. Das hättest du nicht machen müssen. Und vor allem nicht so gründlich. Das muss doch voll die Arbeit gewesen sein.", antwortet er. "Nein. Da gibt es nichts zu danken. Du hast mir das Leben gerettet. Ich versuche mich nur zu revanchieren, obwohl mir das nie gelingen wird. Du rettest mein Leben und ich wasche dir zum Danke die Wäsche. ", meine ich strinrunzelnd. Er nickt lächelnd und wir gehen in die erste Zelle.

Die Einsamen • Daryl DixonWhere stories live. Discover now