☑️ Kapitel 32♚

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~Lass dir von meinem das Herz brechen, diese Welt ist verrückt. Die Liebe, die wir geben, kriegen wir selten zurück~

Der länge nach liege ich im meinem Bett und gucke an die Decke. Das Buch habe ich erst einmal auf meine Kommode in das Wohnzimmer gelegt.
Gleich nach der Schule werde ich darin lesen.
Doch erst einmal brauche ich schlaf, bevor die Schule beginnt.

Ohne auch nur weiterhin an das Buch zu denken schließe ich meine Augen und lege mich in eine andere Position zum schlafen hin.
Ich schließe die Augen.
Drehe mich um.
Augen auf.
Augen wieder zu.
Umdrehen.

Frustriert richte ich mich nach wenigen Minuten wieder auf und fahre mir mit den Händen über mein erschöpftes Gesicht. Letztendlich jedoch stehe ich auf und gehe in mein Badezimmer. Dort versuche ich mein Gesicht etwas aufzuwecken, indem ich es mit kaltem Wasser abwasche. Was ist denn nur los mit mir?

Ich kann nicht schlafen und meine Gedanken kreisen nur so umher.
Ich bin echt vollkommen fertig mit den Nerven. Jess ihr Geheimnis liegt mir andauernd in den Ohren und meine Gedanken versuchen eine logische Erklärung für all das zu finden. Eine, die ertragbar für mich wahre.
Doch da gibt es nichts.
Als meine Gedanken zu Jason wandern schüttle ich ergebend den Kopf. An ihn werde ich jetzt ganz sicher nicht denken.

Ich gehe wieder in mein Zimmer und lege mich unter die, nur noch lauwarme, Decke. Meine Hand greift nach rechts, wo ich das Leder des Tagebuches meiner Mutter ertaste. Behutsam drücke ich dieses auf meine Brust und falle dann schon nach kurzer Zeit in den Schlaf.
Das Buch fest auf meinem Herzen.

**


Meine Glieder versteifen sich augenblicklich und ich reiße meine Augen auf, während ich rückartig in die Höhe schieße.
Mein Atem geht stoßweise.
Mit meiner rechten Hand fahre ich mir über das Gesicht und lasse mich wieder zurück fallen, als ich realisiere, dass ich wieder einen schlechten Traum hatte. Ich seufze auf und versuche mich zu beruhigen.

Als ich mich einigermaßen beruhigt habe, gucke ich auf die Uhr und stelle fest, dass ich gerade mal vier Stunden geschlafen habe.
Da die Schule erst in zwei Stunden beginnt schlage ich meine Bettdecke beiseite und setze mich auf.
An Schlaf ist nicht mehr zu denken.
Meine Augen bleiben an dem Ledereinband hängen, dass am Ende des Zimmers am Boden liegt.
Wahrscheinlich habe ich es während dem Träumen weggeschlagen.

Behutsam lege ich es auf meinen Schreibtisch und gehe ins Bad, wo ich mich etwas frisch mache und mir danach bequeme Kleidung anziehe.
Mein Körper schreit nach etwas Entspannung und die bekomme ich nur im Wald. In meinem Element.

Barfuß renne ich von meiner Terrassen Türe raus und gleich in den Wald hinein, der direkt daran grenzt. Der Himmel zeigt sich schon langsam in der Farbe hellblau, sodass ich keine Schwierigkeiten habe alles zu erkennen.
Zweige pressen sich schmerzhaft in meine Fußsohlen, doch die frische Luft des Waldes lenkt mich genug ab, um weiter zu gehen.

Bereits nach wenigen Metern verwandle ich mich.
Ein wohliger Schauder durchzieht meinen gesamten Körper und lässt mich erleichtert ausatmen, als die Verwandlung innerhalb weniger Sekunden abgeschlossen ist.
Sofort höre ich jedes Geräusch um mich herum lauter und deutlicher. Die Gerüche werden intensiver und ich sehe gestochen scharf. Sogleich fühle ich mich größer. Mächtiger.
Ich werde schneller und genieße die frische Luft, die an meinen Fell entlang streift.
Mit einem schnauben beginne ich zu laufen und als ich meine Höchstgeschwindigkeit erreicht habe, sehe den Boden etwas verschwommen.
Als ich jedoch fast die Klippe erreicht habe bleibe ich stehen.
Denn ein anderer Duft vermischt sich mit der Luft, die ich atme.

Und ich weiß sofort, dass es Jason ist.

Ich halte sofort inne und gehe mit langsamen Schritten den Hügel hoch, der sich nun vor mir erstreckt. Neugierig luge ich nach unten, als ich oben ankomme und sehe sogleich eine Gestalt mit breiten Schultern. Jason hockt am Rande meiner Klippe und guckt in die Ferne.

Mag sein, dass es an seinem betörenden Duft liegt, als ich den Hügel wieder hinabsteige um in seine Richtung zu gehen.
Etwas in mir hat zu akzeptieren begonnen, dass ich Jason tatsächlich vertrauen kann. Das es für mich möglich ist. Zu vertrauen.

Als ich in seiner Hörweite bin, dreht er sich nicht einmal um. So, als hätte er auf mich gewartet.
Geräuschlos setze ich mich neben ihn hin. Die restliche Verkrampfung in meinem Körper beginnt sich zu lösen, als sich seine Armmuskeln kurz anspannen. Gebannt davon, fällt es mir schwer, meinen Blick wieder abzuwenden.
Doch dann tue ich es doch und blicke in sein Gesicht.

Er schenkt mir einen flüchtigen Seitenblick und dann erscheint ein Lächeln auf seinen Lippen. Unwillkürlich muss ich daran denken, wie selten er in meiner menschlichen Gegenwart lächelt.

"Hallo, White", erklingt seine raue Stimme. Ich versuche das erschaudern zu unterdrücken, dass meinen Körper durchfährt. Seine Stimme klingt, als würde er sie zum ersten Mal heute benutzen.

Er fährt sich mit der Hand durch sein tiefen schwarzes Haar, was wieder seine Muskeln zum Tanzen bringt. Dann streichelt er sanft über mein Fell und ich wundere mich, wie intensiv sich eine Berührung in Wolfsform anfühlt.
Seine moosgrünen Augen ziehen mich in seinen Bann. Dann schaut er wieder nach vorne. In den Abgrund- oder aber in die unendliche Weite, die sich vor uns erstreckt.
Oranges Licht scheint durch die tief hängenden Wolken hindurch.

"Weißt du,White..-"
Kurz stockt er. Seine Stimme klang wund und rau. Er räuspert sich mit einem leisen Lachen.

"- ich rede hier ernsthaft mit einem Wolf, der überall gefürchtet wird. Unglaublich.
Doch du bist dennoch die Einzige, der ich gerade vertrauen kann. Die Einzige, mit der ich gerade reden kann. Du erzählst schließlich nichts weiter, oder?" 
Beim letzten Satz lacht er ein wenig in sich hinein.

Und ich schäme mich in Grund und Boden. 

Ehe meine Gedanken damit loslegen können, wie furchtbar das von mir ist, wuschelt er mir spielerisch meinen Kopf. Ich schüttle mich, aus Reflex. Und er lacht und am liebsten würde ich dieses Geräusch Tag und Nacht hören. Jederzeit, wenn ich es verlange.

"Weißt du wie es ist, einen Menschen zu verlieren?", fragt er. Seine Stimme fast schon sachlich. Auch, wenn ich in seinem Gesicht Regungen erkennen kann, die ich noch nie zuvor bei ihm erblickt habe. Vielleicht Schmerz. Oder Trauer.

Ja, dieses Gefühl kenne ich nur zu gut, antworte ich in meinem Kopf, als es ein paar Sekunden still ist.

"Diesen blöden Herzschmerz. Klinge ich jetzt wie ein Weichei?"

Nein, ganz und garnicht.

"Manchmal schätzt man etwas erst, wenn es verloren ist und manchmal weiß man erst, wie sehr man etwas liebt, wenn es weg ist. Wenn es zu spät ist."
Er atmet tief ein und aus. Es scheint ihn schwer zu fallen, sich zu öffnen. Seine Gedanken auszusprechen. Wie lange er sie schon in seinem Kopf behalten hatte, ohne sich von außen etwas anmerken zu lassen?
Ist es nicht genau das, was ich mein ganzes Leben lang schon tue?

"Ich könnte jederzeit einen wichtigen Menschen verlieren, so wie ich es in meiner Vergangenheit schon fühlen musste. Diesen Schmerz. Ich möchte ihn nie wieder spüren, verstehst du?"
Er blickt mich an.

Ja, besser als du denkst.









Heyy,

Frage; Wie findet ihr Jason's Gedanken, er zeigt sich mal von seiner zerbrechlicheren Seite..
und wie findet ihr das Kapitel? Verbesserungsvorschläge sind immer willkommen;*

Jess Geheimnis wird sehr bald gelüftet! Hehe ich bin gespannt wie ihr es dann findet💕

M. ❤️

Wolfsmond - Wolf der LegendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt