☑️ Kapitel 1♚

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☑️ - Überarbeitet! Die Überarbeitung dient nur der Rechtschreibung und etwas der Schreibart.
Der Sinn und die ganzen Situationen (auch die weniger logischen) werden weiterhin übernommen.

Viel Spaß!


~Wir sind ein Mosaik bei dem nicht alle Stücke passen, doch wir können Brücken bauen an Stellen wo wir Lücken lassen.~


Ich stehe am Balkon meines Hauses und sehe Richtung Wald, der sich wie ein weites Meer vor mir erstreckt.

Der Herbst hat sich wie ein Lauffeuer ausgebreitet.
Schon in kurzer Zeit verfärbten sich die Blätter blasser und kraftloser.
Eine Welt voller Bäume mit orange bis rot oder gelben Blättern, erstreckt sich vor mir und offenbart meinen Augen ein wunderschönes Naturbild.

Ein kalter Windhauch weht mir eine weiße Haarsträhne in meinen Blickwinkel und lässt mich kurz erschaudern.

Ich hebe meinen Kopf und streiche mir ein paar Strähnen hinter mein Ohr, um besser sehen zu können.
Mein besonderes Haar schmiegt sich wie ein heller Vorhang an meine Wangen und heben mein ohnehin schon blasses Gesicht hervor.

Ich knabbere an meiner Unterlippe, während ich tief ein und wieder ausatme.
Meine blauen Augen folgen den blassen kühlen Atemhauch, so lange, bis die Luft sie endgültig davon weht.

Es wird eine kühle Nacht.

Mein Brustkorb hebt und senkt sich beruhigend langsam.
Ich bin anders.
Eine Person, wie nicht von dieser Welt.
Ausgeburt des Teufels? Engel? Phänomen oder einfach nur Produkt jeder Phantasie? Nenne es wie du willst.

Vor den Augen der Menschen jedoch bin ich wunderschön, außergewöhnlich und trotzdem unnahbar.
Genauso, wie es am besten ist.

Jeder bewundert meine Anziehungskraft.
Diese jedoch geht nicht mit Absicht von mir aus, sondern von dem Wesen in mir.
Ich konnte es mir selber nie erklären, doch es fühlt sich so an, als würde mein Wolf die Kraft des Mondes besitzen.

So wie die Anziehungskraft des Mondes, das unsere Meere bewegt, so wirkt mein Wolf auf andere Menschen.

Mein Ziel jedoch ist es nicht, Freundschaften zu knüpfen. Ich möchte mein Geheimnis wie einen Schatz bewahren und sie darf nicht gefährdet werden. Von niemanden.
Ja, selbst wenn ich es Anfangs genoss, dass jeder aufsah und mich irgendwie anerkennend anblickte, wenn ich den Raum betrat oder den Korridor der Schule entlang ging.

Irgendwann wurde es enger und enger, wie in einem schrumpfenden Käfig.
Dann werden mir die Blicke zu viel.
Du wirst ins kalte Wasser geworfen und wenn du keine Entlastung hast, erstickst du.

Warum ich so bin?
Es liegt vermutlich an meiner Vergangenheit und meinem Aussehen.
Ich war Einzelkind und meine Eltern mussten mich an meinem 16. Geburtstag verlassen. Wegen meiner Gesundheit.

Mit 14 Jahren bekam ich eine Diagnose: Schilddrüsenkrebs.
Doch das war nicht alles, kaum war der erste Schock verdaut und schon kam der nächste: Metastasen haben sich in meiner Lunge abgesetzt.

Das bedeutete keine Heilung.

Meinen 16. Geburtstag hätte ich eigentlich nicht erleben dürfen, die Krankheit hatte sich dazwischen gestellt. Damals war meine Mutter der Mondwolf und ich war ihre Nachgängerin, die einzige Lösung war, das sie stirbt, sodass ich durch den Wolf weiter leben kann.
Und es sollte mir einmal mehr beweisen, dass eine Gelegenheit geradewegs zur einer anderen führt, genauso wie ein Risiko ein weiteres nach sich zieht, ein Leben ein anderes und ein Tod den nächsten;
Mein Vater konnte ohne sie nicht leben und hat sich letztendlich zurückgezogen, er ist gegangen.
So groß kann Liebe sein, doch die Liebe gegenüber meiner Mutter war stets größer als die Vaterliebe zu mir.

Er hat mich in Stich gelassen und das habe ich ihn bis heute nicht verziehen obwohl er eigentlich auch nur ein verzweifelter Mann war, der seine Frau bis zum Tode geliebt hatte. Konnte ich ihn das verübeln?

Es war eine sehr schwere Zeit die ich alleine durchleben musste. Ich bin immerzu geflüchtet vor den Leuten die mich ins Heim stecken wollten und letztlich verbrachte ich zwei Jahre darin.
Und niemand wollte das Mädchen haben, dass nicht redete und einmal im Monat völlig verdreckt aus dem Wald kam und vor der Tür wartete bis jemand aufmachte.
Niemand wollte ein Mädchen mit blasser Haut und weißem Haar.

Ich wurde 18 Jahre alt und die Vollmündigkeit wurde mir ganz allein überlassen. Ich fand eine Arbeit in einem Kaffee und Abends in einem Nachtklub hinter der Theke.
Mein Geld wurde mehr und mehr, während ich in einer vierer Wohngemeinschaft wohnte; und dann hatte ich plötzlich mein eigenes Leben, mit diesem Fremdkörper in mir, den ich ganz alleine unter Kontrolle bringen musste, ohne Hilfe, ohne Verbündete.

Doch bei einer Sache war ich mir sicher, von Anfang an; niemand durfte von dem Wolf in mir erfahren.

Jetzt wohne ich bereits ein Jahr in Brooklin und ich liebe diese Stadt.
Alle scheinen Respekt vor mir zu haben, in Mensch- sowie in Wolfsform.
Doch niemand findet den Zusammenhang, dass ich der Mondwolf bin. Diese Stadt ist klein, jeder vertraut jeden.
Zu meinem Vorteil.

Vollmond.
In dieser Stadt gibt es den Vollmond jeden 29. Tag und dieser holt alles von mir heraus.
Wenn der Mond hoch am Himmel ihren Platz gefunden hat, durchströmt mich eine unglaubliche Macht, so nah und dennoch nicht zu stoppen.
Nur das vollendete Mondlicht gibt mir so viel Kraft, dass ich Menschen das Leben und die Kraft in mich ziehen kann, es ist ein Fluch und dennoch ein Segen der mich für immer und ewig begleitet.
Ich bin die 'grausame Gestalt', die ganz Brooklin in Angst und Schrecken versetzt.

Draußen ist es frisch und der Himmel wird von Zeit zu Zeit immer dunkler. Ich achte auf die Stimme der Menschen, die allmählich leiser werden, bis es schließlich ganz ruhig ist.
Das einzige was man hört sind zuschlagende Türen und Fenster. Ist es nicht verwunderlich wie unglaublich stark diese Stadt in meiner Hand liegt? In meiner Gewalt?
Sogar klopfen von Hämmern die Nägel ins Holz hauen und dadurch den Eingang ganz verriegeln.

Ein Lachen fährt meine Kehle nach oben und löst sich aus meinen Lippen.
Schallend laut hallt mein Klang durch den Wald, Vögel lösen sich von den Bäumen und fliegen den Himmel empor.
Als dieses verklungen ist, bleibt ein nachgiebiges Lächeln auf meinen Gesicht.
Ich werfe den Kopf tief in den Nacken, schließe meine Augen und lausche meinen schnellen Atem.
Und dann spüre ich es.

Als ich die Augen aufschlage blicke ich geradewegs zum Mond, der soeben den Höhepunkt erreichte.



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M.

Wolfsmond - Wolf der LegendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt