Am nächsten Tag ritt ich mal wieder aus, nichts besonderes, nur die übliche Runde, die ich immer dann ritt, wenn mir nichts besseres einfiel. Zu mehr hätte ich auch gar nicht die Konzentration gehabt, denn ich musste immer wieder an den Anruf von Sofia denken. Zunächst war ich natürlich einfach nur genervt gewesen, genau wie Finn, weil wir beide fanden, dass seine Schwester ein sensationelles Talent für schlechte Zeitpunkte hatte, genauso wie für Hartnäckigkeit, doch als Finn aufgelegt und mir erklärt hatte, was der Grund für Sofias Terror gewesen war, hatte sich das schlagartig geändert. Ich dachte echt, meine Abneigung gegen Elise wäre nicht mehr zu steigern gewesen, aber gestern abend hatte mich eines besseren belehrt. Klar, Sofia konnte nervig sein und Elise war nicht ganz richtig im Kopf, aber sowas hätte ich selbst ihr nicht zugetraut und irgendwie fühlte ich mich schon fast ein bisschen schlecht, weil Sofia ja uns verteidigt hatte und dafür kassiert. Als wäre es ohne mich nie passiert. Natürlich wusste ich im Prinzip, dass ich nichts dafür konnte, die Schuld lag allein bei Elise, aber die Gefühle hat es ja noch nie groß interessiert, was der Verstand meint. Finn war den ganzen restlichen Abend und den nächsten Morgen über unfassbar angespannt gewesen, die Wut auf seine Mutter war ihm auf den ersten Blick anzusehen gewesen, auch die Sorge um seine Schwester. Selten hatte ich ihn so erlebt, so enttäuscht, wütend und kalt, aber auch irgendwie als fühlte er sich machtlos. Sofia tat mir wirklich leid und sie brauchte Finn jetzt eindeutig dringender, trotzdem war er geblieben, denn an diesem Abend noch nach Hause zu gehen wäre Kamikaze gleichgekommen. Zwischendurch hatte ich mich bei dem Gedanken ertappt, ihn nicht hergeben zu wollen, doch ich hatte mich selbst sofort ermahnt, nicht so einen egoistischen Scheiß zu denken. Denn auch wenn Sofia manchmal nur schwer zu ertragen war, war sie mir echt ans Herz gewachsen und wenn ich es mir recht überlegte, müsste Finn an diesem Abend eigentlich den Arm um ihre Schulter gelegt haben, nicht um meine.
So vertieft in meine Überlegungen wie ich war, hatte ich gar nicht gemerkt, dass ich auf meiner Runde bereits fast am Club angekommen war, obwohl ich heute natürlich nicht dort anhalten würde, um Finn kurz zu sehen, zumal ich mich ehrlich gesagt etwas davor fürchtete Sofia zu begegnen. Diese Sorge hätte ich mir allerdings gar nicht machen müssen, denn stattdessen begegenete ich etwas viel schlimmerem: Vor dem Tor stieg gerade Elise aus einem teuer aussehenden Auto. Ich wollte schon umdrehen und spontan woanders lang reiten, da ich River leider noch nicht beigebracht hatte, auf Komando auszutreten, was hier wirklich hilfreich gewesen wäre, aber natürlich hatte Elise' Bannstrahl mich bereits erfasst und so gab es keinen unauffälligen Rückzug mehr. "Ach, Rose. Mit dir wollte ich sowieso noch sprechen." erklärte sie in einem eisigen Tonfall, der keine Widerrede zuließ. Eigentlich wollte ich es doch probieren mit der Widerrede, doch sie ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen, offensichtlich wollte sie gar nicht mit mir, sondern zu mir sprechen, doch sie ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen, offensichtlich wollte sie gar nicht mit mir, sondern zu mir sprechen: "Ich wollte nur sicherstellen, dass du dir im klaren darüber bist, wie es bei Finn bezüglich einer Zukunft mit dir aussieht. Mag ja sein, dass ihr euch liebt," dabei setzte sie mit den Fingern Anführungszeichen um das Wort 'liebt' und lächelte belustigt "aber du weißt ja hoffentlich, dass Finn International Business Management studieren wird und das wohl ein Stück von hier weg. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass du bereit wärst, mit ihm umzuziehen oder eine Fernbeziehung zu führen, würdest du auch danach nicht in sein Leben passen. Finn wird das Unternehmen seines Vaters übernehmen, in seiner Position wird er auch viele repräsentative Verpflichtungen haben und - machen wir uns nichts vor - dafür bist du nun wirklich nicht geeignet. Mein Sohn braucht an seiner Seite eine Frau die Klasse hat. Schön sollte sie sein und stilsicher. Selbstbewusst, aber sich auch ihrer Nebenrolle bewusst, wortgewannt, aber zurückhaltend. Ein eigener Beruf ist selbstverständlich komplett überflüssig, zumal die Prioritäten natürlich immer klar sein müssen. Auch wäre die Abstammung von einer Familie, die ebenfalls Ansehen und Vermögen besitzt selbstverständlich von Vorteil." Jeder neue Teil ihrer Aufzählung war für mich ein weiterer Schlag ins Gesicht - ich war das wenigste davon und vieles wollte ich auch niemals sein. Sie zählte noch viele Dinge mehr auf, doch ich hörte schon gar nicht mehr richtig zu, denn eigentlich war das Grundprinzip ja klar: eine Barbie, immer perfekt gestyled; bedingungslos untergeordnet, also wahrscheinlich auch unfassbar hohl; viel Geld; keine eigene Meinung; im Prinzip bloß ein schickes Accessoire und zugleich Statussymbol. Am liebsten hätte ich Elise jetzt eine verpasst, so wie sie es bei Sofia getan hatte, dann wusste sie wenigstens mal, wie das war. Oder ihr ihre behämmerte Designertasche aus der Hand gerissen und mit viel Schwung in den Misthaufen gerammt, da ein Attentat auf ihre Handtasche bei ihr sicherlich in etwa dem Schrecken eines Mordversuches gleichkam. "... Am besten also, du gibst ihn jetzt schon auf, das ganze hat, wie du siehst, eh keine Zukunft und so hat er wenigstens ausreichend Zeit sich eine passendere Partnerin zu suchen." schloss die Eiskönigin nun. "Ich muss ja wirklich sagen, ich bewundere dich, Elise." sagte ich, die Demütigung mühsam verbergend "Du bist so gründlich. Wie schaffst du es nur, innerhalb so kurzer Zeit deine eigene Tochter zu schlagen UND alles zu tun um mir das wichtigste in meinem Leben zu nehmen? Ist das nicht ein furchtbarer Stress?" Sie ließ ein gekünsteltes, sarkastisches Lachen hören, anscheinend um zu demonstrieren, wie unbeeindruckt sie war. Ohne ein weiteres Wort wendete ich River, ließ sie absichtlich durch eine riesige Pfütze laufen, um Elise' Schuhen und Hosenbeinen noch eine Schlammdusche zu spendieren und galoppierte an, sobald ich vom Asphalt runter war.

DU LIEST GERADE
Unaccepted - die Feuerprobe
AcakEin halbes Jahr sind Finn und Rose nun zusammen, als ihre Beziehung auf eine harte Probe gestellt wird und es hat - wie könnte es anders sein - mit Elise zu tun. Sofia hat unterdessen viel wichtigeres im Kopf: Sie bekommt "Probleme" mit einem gewiss...