Rose

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Ich legte meinen Kopf in den Nacken, damit Finn mich küssen konnte, doch kurz bevor sich unsere Lippen traffen bemerkte ich einen warmen 'Windstoß'. Finn hob den Kopf wieder und musste schlagartig lachen. "Pico, du Vollidiot!" prustete er und nun wandte auch ich den Kopf dorthin. "Da brauchst du jetzt gar nicht eifersüchtig werden." meinte ich und er schnaubte uns nochmal an. Gerade war Picos Kopf wieder in der Box verschwunden, da glaubte ich, Schritte gehört zu haben und beugte mich vor um den Gang hinab zu schauen, aber wer auch immer schien schon wieder weg zu sein, also lehnte ich mich wieder an Finn.

"Sag mal, was war das eigentlich gerade mit Cady?" fragte ich nach einer Weile und versuchte es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. Finn seufzte. "Cadys Eltern... Sie sind gestorben als Cady noch sehr klein war, sie kann sich kaum noch an sie erinnern." erklärte er "Und der von dem sie gerade gesprochen haben, Lukas Stüwe - oder Luke, wie sie ihn genannt haben - das war Cadys Vater. Ich denke, du kannst verstehen, dass sie immer etwas allergisch darauf reagiert, wenn von ihm oder Marie die Rede ist." "Marie? Du meinst, DIE Marie und DER Lukas?" fragte ich überrascht und Finn erklärte, die beiden seien zu Lebzeiten ebenfalls hier am Stall geritten. "Wo bin ich hier nur gelandet..." murmelte ich. Eine ganze Weile herschte Schweigen, dann flüsterte ich mit bröckelnder Stimme: "Das muss für Cady echt schlimm sein, gerade wenn ihre Eltern so bekannt sind und die ganze Geschichte ständig wieder ausgegraben wird. Und ich dachte schon, es wäre auch dann immer noch beschissen, wenn man danach schon ans andere Ende der Welt gezogen ist, aber Cady kann nicht so einfach davonlaufen." "Was willst du damit sagen?" hakte Finn direkt nach und nach kurzem Schweigen erzählte ich es ihm: "Meine Eltern sind auch tot. Sie sind drüben in den USA gestorben, bei einem Autounfall, ich habe als einzige überlebt. Deswegen hat der Umzug hierher zu Tante Miranda vieles einfacher gemacht. Hier kennt sie ausser unserer Familie niemand. Und niemand hier weiß von dem Unfall oder kennt die, die in dem anderen Wagen gestorben sind. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es für Cady sein muss, wenn jeder sie kennt, immer wieder davon angefangen wird." Ich bemerkte, wie Finns Arme mich fester umschlangen und eine einzelne Träne, die meine Wange hinabrollte. Erst jetzt fiel mir auf, wie lange ich schon nicht mehr über meine Eltern gesprochen hatte und wie lange ich schon nicht mehr geweint hatte. Finn hatte eine seiner Hände von meiner gelöst und wischte meine Träne weg. Es war komisch, auf einmal so schwach, so verletzlich zu erscheinen. Ich wollte nicht, dass er mich so sah! Schnell wandte ich den Kopf ab, versuchte, dass Zittern in meiner Stimme unter Kontrolle zu bringen und sagte dann: "Komm, lass uns zurück gehen." "Wir müssen da nicht nochmal hin." meinte Finn doch ich bestand darauf: "Ich will mir doch nicht die große Elise-Show entgehen lassen. Du etwa?" Schließlich schlich sich doch noch ein kleines Lächeln auf seine Lippen und wir liefen zurück.

Tatsächlich wurde es mit Elise noch wirklich lustig, vor allem weil sie einfach niemand ernst nahm. Jeder der bei unserer Gruppe vorbeischaute und sie mitbekam, verdrehte bloß die Augen und/oder sagte Dinge wie: "Ach Elise, du wirst es auch nie lernen." oder: "Achso, die ist immer so, dann brauche ich mir ja keine Sorgen wegen neulich zu machen." oder sie ignorierten sie gleich ganz.

"Da hat sich die Mühe ja wenigstens gelohnt." meinte ich irgendwann später, als wir uns (immer noch oder schon wieder?) über Elise lustig machten. Zu meiner Überraschung schwand Finns Grinsen allmählich und sein "Ja, sieht echt aufwändig aus." klang alles andere als begeistert. "Ist irgendwas?" fragte ich, während auch mein Grinsen langsam verschwand. Finn seufzte. "Nein, schon gut. Ich finde nur, du siehst nicht aus, wie du selbst. Nicht wie meine Rose, die Rose, in die ich mich verliebt habe, mehr wie irgendwer anders, so verkleidet." sagte er, doch als er mein trauriges Gesicht bemerkte, fügte er schnell hinzu: "Hey, du siehst trotzdem hübsch aus. Ich freu mich einfach auf später, wenn du wieder du bist." und versuchte ein Lächeln, was ihm jedoch nicht ganz gelang. "Aber so eine brauchst du doch..." murmelte ich leise, eigentlich wollte ich gar nicht, dass er es hörte, aber trotzdem sah er mich irritiert an. "Ach nichts." winkte ich schnell ab und er schien zu wissen, dass er jetzt sowieso nichts mehr aus mir raus bekam und ließ mich in Ruhe.

Unaccepted - die FeuerprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt