„Eins. Zwei. Drei!"
Das Regal schrammte über den Boden und hinterließ dort lange Schiebespuren. Ich wischte mir die Haare aus dem Gesicht.
„Gut. Jetzt können wir endlich nach Hause."
Benny pfiff Baileys herbei, der noch eine letzte Runde in der Schulbibliothek gedreht hatte, und leinte ihn an. Der Hund schaute hechelnd zu uns hoch. Es sah beinahe aus, als würde er lächeln.
Wir verließen die Schule so leise wie möglich. Ich schloss die schwere Eingangstür wieder hinter mir, keine Ahnung warum. Vielleicht aus Gewohnheit. Vielleicht auch nur, damit sich keine Zombies in das Gebäude verirren konnten.
Obwohl dicke Regenwolken übder den Himmel zogen, hatte sich der Nebel gelegt. Es war insgesamt ein etwas wärmerer Tag. Vielleicht würde ich heute Abend kein Feuer machen müssen. Das Material und das Risiko würden wir uns sparen.
„Benjamin, trödle nicht so!"
Ich mochte es nicht, wenn er und der Hund weit zurückfielen und ich sie nicht mehr im Auge behalten konnte. Ich wusste sie gerne in Sicherheit, aber dafür mussten sie nun einmal in meinem Blickfeld bleiben!
„Jetzt mach dir mal nicht in die Hose, Zena!" Mein Bruder kam spielerisch angerannt, der Hund keine zwei Meter hinter ihm.
„Hey! Stopp!", schrie ich ihn an. Meine Augen suchten alarmiert die Straße ab.
Benny blieb neben mir stehen und blickte mich fragend an. „Was ist denn?"
„Schsch! Ich glaube, ich habe etwas gehört", erklärte ich ihm leise zischend. Einen Moment blieben wir beide regungslos stehen. Der Wind rauschte zwischen den Straßen, getrocknete Blätter kratzten am Asphalt, irgendwo schrie eine Krähe. Sonst war es ruhig.
„Du spinnst doch", meinte Benny und setzte sich wieder in Bewegung. Doch bereits ein paar Sekunden später blieb auch der Hund horchend stehen und drehte die Ohren nach links. Ich folgte seinem Blick. Westlich von uns befand sich eine dunkle Seitengasse zwischen zwei mehrstöckigen Appartementhäusern. Baileys legte den Kopf in den Nacken und schnupperte.
„Benny, da ist etwas", flüsterte ich. „Bleib wo du bist!"
Auf leisen Sohlen näherte ich mich der Gasse. Tatsächlich bewegte sich etwas im Schatten hinter einer umgekippten Mülltonne. Ich hielt den Baseballschläger kampfbereit und schlich weiter, wobei ich fast mit dem rechten Fuß an einer Plastiktüte hängen blieb und mich in letzter Sekunde vor einem Sturz retten konnte. Super! Jetzt hatte mich was auch immer dahinten lauerte gehört! Ich richtete mich auf und blieb stehen.
„Wer ist da?" Meine Worte blieben eine Zeit lang unbeantwortet, dann konnte ich plötzlich ein trauriges Seufzen hören. Ich ging misstrauisch weiter und machte im Schatten eine Person aus, die hinter der Mülltonne im Dreck lag. Das Seufzen wurde lauter und die Schultern der Person bebten, als würde sie weinen. Ein Zombie konnte es nicht sein, denn der hätte sich bereits laut röchelnd auf mich gestürzt.
„Wer bist du?", wagte ich noch einmal zu fragen. Die Person hob den Kopf und ein Paar trauriger Kinderaugen blickte mich scheu an. Es handelte sich um ein Mädchen, das mit angewinkelten Beinen auf dem Boden saß. Sie war erst um die zwölf Jahre alt. Vorsichtig ging ich in die Hocke, um sie nicht zu verschrecken. Meine Angst wich dem Mitleid und ich entspannte mich etwas.
„Hey, ist alles ok mit dir, Kleine?"
Das Mädchen schniefte und sagte weiterhin nichts. Sie sah nicht verletzt aus, nur ein bisschen dreckig. Ihre Haare waren leicht verfilzt und ihre Kleidung war abgetragen und fleckig. Aber ihr schien nichts zu fehlen.
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Molotowcocktail
HorrorEs gibt fast keine Menschen mehr. An ihrer Stelle schleichen sich nun hungrige Zombies durch die Straßen. Sie haben der achtzehnjährigen Zena Molotow alles genommen, bis auf ihren Bruder, den sie unter allen Umständen zu beschützen versucht. Doch al...