Kapitel 11

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"Weißt du, ich habe noch nie mit jemandem über dieses Thema gesprochen, außer mit John." Ich sah in Lillys Augen. "Sarah, ich will dich wirklich zu nichts zwingen."

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, alles gut. Du bist meine beste Freundin und ich weiß, dass ich dir so etwas anvertrauen kann." Sie lächelte mich an.

"Also .... Jessie und ich hatten früher ein richtig gutes Verhältnis. In den Ferien haben wir uns immer getroffen und haben halt Mädchen Kram gemacht. Aber das weißt du ja noch von früher. Vor 7 Jahren haben wir Weihnachten bei Ihnen gefeiert. Und ... naja ich bin eine Woche früher hin, aber Jessie musste noch in der Woche zur Schule. Also hat sich meine Tante extra frei genommen, damit ich nicht alleine zu Hause bei ihnen bin. Ich habe mich gefreut mal ein paar schöne Tage mit meiner Tante zu verbringen und naja, dass habe ich dann ja auch gemacht. Doch von Tag zu Tag zeigte mir Jessie immer mehr und mehr die kalte Schulter. Ich habe es damals nicht verstanden, aber jetzt weiß ich, was sie damals hatte. Sie war eifersüchtig. Ich habe die ganze Woche was mit ihrer Mutter unternommen und naja sie kam halt etwas kürzer. Sie hat nicht gemerkt, wie sie mir damit weh tat, aber das war nicht der Knackpunkt, warum wir uns jetzt mal öfters aus dem Weg gehen."

Lilly saß mir einfach gegenüber und hörte mir gespannt zu. Ab und zu legte sich ihre Stirn in Falten, doch sie unterbrach mich kein einziges Mal.

"An Weihnachten war dann fast die ganze Familie da. Meine Oma, mein Opa, meine Tante und mein Onkel, und natürlich meine Mom und John. Wir haben alle erst in Ruhe gegessen und geredet und naja dann kam es halt zu den Geschenken. Wir alle saßen im Wohnzimmer - die Erwachsenen auf der Couch und wir Kinder auf dem Boden vor dem Weihnachtsbaum. Die Kinder bekamen natürlich die Geschenke zuerst und wir waren einfach glücklich. Als ich das Geschenk von meiner Tante und meinem Onkel ausgepackt habe, habe ich gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd. Ich bin ihnen um den Hals gefallen und habe mich 1000 mal bei ihnen bedankt. Nachdem wir dann alle Geschenke ausgepackt hatten, sollten John, Jessie und ich hoch in Jessies Zimmer spielen gehen. Als wir dann vor ihrer Tür standen, meinte sie plötzlich, dass nur John in ihr Zimmer darf, ich aber nicht. Ich war total perplex und ich verstand die Welt nicht mehr. Als John sie dann gefragt hatte, warum ich nicht rein dürfte, hat sie angefangen los zu schreien und mir die Schuld für ALLES in die Schuhe zu schieben. Sie meinte ICH wäre dran Schuld, dass ihre Eltern sie nicht mehr lieben würden. ICH wäre dran Schuld, dass sie sich allein gefühlt hat und all so ein Scheiß. Aber der Knaller kommt noch. Als mich dann John angefangen hat zu verteidigen, meinte sie, dass ICH daran Schuld sei,  das unser Vater - John, meine Mom und mich - verlassen hat. Das er abgehauen ist, weil ICH nicht gewollt war und das ICH daran Schuld wäre, dass sie keinen Onkel mehr hätte."

Lillys Augen weiteten sich und ich nickte nur stumm.

"Das ist nicht ihr ernst." - "Doch genau so meinte sie es. Ich war damals 10 Jahre alt und für mich war das alles unverständlich. Als John mich dann in die Arme genommen hat, hatte sie angefangen zu weinen. Sie hat uns gesagt, dass wir sie jetzt einfach in Ruhe lassen sollten und hat uns die Tür vor der Nase zugeknallt. Und naja sie hat sich nie bei mir entschuldigt, sondern eher meine Tante für das Verhalten ihrer Tochter. Frag mich nicht wie sie es herausbekommen hat, ich habe keine Ahnung. Ich sehe es auch nicht ein, das ich mich bei ihr entschuldigen soll. Ich meine Hallo - sie hat mir für ALLES die Schuld gegeben und das ohne Grund. Naja seit dem Abend redet sie nicht mehr mit mir und ganz ehrlich mir solls recht sein."

Lilly schüttelte unglaubwürdig ihren Kopf und war sprachlos. "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich sagen soll."

Sie sah mich entschuldigend an und ich fing an zu lachen. "Du musst gar nichts sagen, glaub mir - ich habe damit schon längst abgeschlossen. Jessie und ich sind nur noch Cousinen, die sich nicht leiden können und ganz ehrlich, ich weiß nicht genau, was sie vorhat, aber ich bin mir sicher das sie mich und Ash nicht einfach so auseinander bringen wollte."

Die Zeit heilt alle Wunden [beendet/wird bearbeitet] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt