#12 Emely & Jorge Blanco {G}

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„Holt ihn her", rief ich in den riesigen Saal und streckte meinen Rücken durch. Das Korsett ließ es eh nicht zu, dass ich krumm saß, trotzdem straffte ich meine Haltung.

„In Ordnung, Prinzessin." Jorge, der Diener der Königsfamilie, meiner Familie, begab sich zur Tür.

Ich beobachtete ihn dabei, wie elegant er sich trotz seines Postens bewegte. Er könnte glatt als Prinz durchgehen ...

Diego, Prinz des Nachbarkönigreiches, stolzierte in seinem maßgeschneiderten Anzug auf mich zu und ging vor mir auf die Knie. Ich erhob mich aus meinem Thron und lächelte leicht. Sanft nahm Diego meine ausgestreckte Hand und gab einen federleichten Kuss auf meinen Handrücken.

„Guten Tag, Prinzessin Emely", erklang seine anmutige Stimme und er sah mir in die Augen.

„Guten Tag, Prinz Diego", kicherte ich und zog meine Hand zurück.

„Dürfte ich sie auf einen Spaziergang ausführen?", fragte er höflich und streckte nun seine Hand aus.

„Jederzeit", antwortete ich und nahm diese. Ich erhob mich langsam, in der Hoffnung mit meinem Kleid nicht steckenzubleiben. Ich lächelte als ich es ohne Probleme geschafft hatte und hakte meinen Arm an seinen.

Wegen des Kleides, das in der Höhe meiner Hüfte etwa einen Meter breit war, musste ich meinen Arm strecken. Es war etwas unbequem und nicht zum ersten Mal verfluchte ich dieses dunkelrote, mit kleinen Edelsteinen besticke Kleid.

Aufrecht schritt ich mit Diego durch den viel zu großen, goldenen Saal und durch die Tür in den Garten. Ich musterte Diego von der Seite und stellte wieder einmal fest, wie perfekt er war.

„Die Hochzeit wurde schon komplett durchgeplant. Es ist alles vorbereitet und bereitgestellt, der morgige Tag wird perfekt", erklärte Diego mir und sah mir dabei nicht ein einziges Mal in die Augen. Ich seufzte.

„Ja", entgegnete ich knapp und bewunderte den riesigen Rosengarten, mit den Gedanken ebenfalls bei der Hochzeit angekommen. Diego achtete gar nicht auf meine emotionslose Antwort, sondern redete einfach weiter. Ich hörte ihm schon gar nicht mehr zu.

Mein weißes, mit Diamanten und Goldornamenten verziertes Hochzeitskleid wurde heute bereits fertiggestellt. Zwei Stunden hatte die Anprobe gedauert, danach wurde es umgenäht und angepasst.

Dieses Kleid bekam mehr Aufmerksamkeit als ich von meinen Eltern in meinem ganzen Leben.

Morgen würde ich ebenfalls fünf Stunden Vorbereitungszeit brauchen. Die talentiertesten Visagisten des Königreiches würden mein Make Up übernehmen – und sich dabei genügend Zeit lassen. Danach müsste ich, mit der Hilfe von drei Hausmädchen, in das Hochzeitskleid kommen. Zu guter Letzt würden meine Füße in die Maßanfertigungen von Schuhen gequetscht werden müssen und meine Haare frisiert und den Schleier aufgesetzt bekommen. Die berühmtesten Leute des Umfelds würden sich zusammenfinden – und all das für eine Feier, auf die ich gar keine Lust hatte.

„Entschuldigst du mich einen Moment? Ich würde gerne das Bad benutzen gehen", informierte mich Diego. Ich nickte und er war im nächsten Moment verschwunden. Ich seufzte erneut.

Diego war perfekt.

Und er würde mein Mann werden.

Wieso wollte ich ihn also nicht heiraten?

Ich senkte den Kopf und setzte mich auf eine weiße Gartenbank aus Marmor. Ich stieß die Luft aus, die ich kurz inne gehalten hatte, und damit krümmte sich auch mein Rücken. Ich hielt es nicht mehr aus, aufrecht zu bleiben.

„Ehm, hallo", hörte ich eine nervöse Stimme neben mir und zuckte zusammen. Erschrocken blickte ich auf und sah in das Gesicht des Dieners direkt neben mir.

You & I | one shot'sTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang