24. 01. 2016

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Der IQ meiner Klasse ist in der letzten Woche beträchtlich gesunken, als Barbiemann Ken's Stellvertreter, der ebenfalls gerne Ken genannt wird, was allerdings auch an seinem Vornamen Kenneth liegt, in der Schule auf seinem Tisch herum springend gesungen hat:

" If you like to do the nananana lalala dooo, Baby, I'm perfect! Baby, I'm perfect for yooouu!!"

Danach hat er lauthals "ICH BIN HARRY STYLES!" geschrien und ist von seinem Tisch gesprungen, beim landen gestolpert und gegen die Blumenvase auf dem Lehrerpult gestoßen, die zu Boden gefallen ist und sich krachend in ein blaues Scherbenmeer verwandelt hat. Ronny, Kenneth's Freundin, hat ihn für einen Moment fassungslos angestarrt und dann angefangen lauthals zu lachen. 95% der Klasse haben mitgelacht.

Helena hat gesagt, dass ich öfter lachen sollte. Ich hab mal über jeden Scheiß gelacht. Das hat sie auch gesagt.

Ich war mal anders. Klar. Jeder war mal anders. Und ich wäre auch gerne wieder anders. Mein anderes Ich ist nicht fort. Es ist immer noch da. Es hat sich nur verändert. Es lacht immer noch oft. Aber es lacht anders als früher. Gezwungener und den Grund für das Lachen hinter her als fragwürdig empfindend.

Ich würde gerne lachen ohne mich zu fragen, ob das wirklich nötig gewesen ist.  

Ich hab mich am Freitag mit Alan getroffen. Wir haben Filme geguckt und geredet und ja, wir haben auch Händchen gehalten und er hat auch seinen Arm um mich gelegt und nein, wir haben uns nicht geküsst. Ich mag ihn, als Freund. Aber mehr ist bei mir nicht. Langsam hab ich das Gefühl, diese ganze Fester-Freund-Geschichte ist einfach nicht mein Ding.

Ich hatte gestern DEN Tiefpunkt.

Ich hab mal ein Buch gelesen, indem ein Junge vorkam, der irgendeine psychische Störung hatte, ich glaube es war Paranoia, jedenfalls ging es diesem Jungen eine ganze Zeit über recht gut und er erlebte schöne Dinge und die paranoiden Symthome blieben aus, doch dann passierte etwas, das alles wieder zerstörte und plötzlich war alles wieder da und er brach komplett zusammen.

So ähnlich habe ich mich auch gefühlt. Nur ohne die Paranoia und ohne die Glücksschleife vor dem Zusammenbruch. Es handelte sich nicht um einen totalen Absturz aus höchster Höhe, es war nur einfach mal wieder besonders schlimm.

Ich glaube so gegen 20:45 Uhr bin ich ins Bad gegangen, da hab ich mich eingeschlossen und mindestens eine halbe Stunde auf dem Boden gelegen und geheult. Wegen allem. Einfach wegen allem. Den Kopf auf den Fliesen, die Arme verkrampft mit geballten Fäusten, irgendwann hab ich mir ein Handtuch in den Mund gestopft, weil mein Heulen immer lauter geworden ist. Niemand, weder meine Mutter, noch mein Vater, noch Ruby, soll davon wissen. Ich schäme mich ein wenig dafür.

Keine Ahnung womit ich mich letzten Endes zum aufstehen gezwungen habe. Unten haben sie einen Film geguckt und auf mich gewartet. "Fangt schon mal an", hab ich ihnen zugerufen und versucht den belegten Klang meiner Stimme zu kaschieren.

Ich hab mir die ganze Wimperntusche runter geheult und dem entsprechend hat auch mein Gesicht ausgesehen. Selbst auf den weißen Badezimmerfliesen hatte sie sich verteilt.

Ich bin letzten Endes hinunter gegangen, nachdem ich die Spuren beseitigt hatte.

Schrecklich, das lässt es wie ein Verbrechen klingen, dabei kann es unmöglich ein Verbrechen sein.

Jedenfalls hab ich mich zu ihnen gesetzt und Chips gegessen und den Film geguckt, der ziemlich lustig gewesen ist und alles schien wieder gut zu sein.

Ich frage mich oft, ob sie Welt zu blind ist oder ob ich zu unscheinbar bin.

Wenn ich sage, dass es mir gut geht, würde kaum einer weiter nach fragen. Ich glaube, ich unterschätze selbst, wie gut ich eigentlich im lügen bin. Dabei bin ich im Verbergen von Gefühlen grottenschlecht. Ich glaube deshalb, dass die meisten Menschen die Lüge einfach glauben wollen und deshalb nicht genauer nachfragen, weil sie die Wahrheit gar nicht wissen wollen.

Vielleicht könnten sie mit der Wahrheit auch einfach nicht umgehen und wissen das auch.

Ich erwarte nicht, dass jeder Mensch mich ansieht und merkt, wenn was nicht stimmt. Ich merke es auch bei vielen Menschen nicht.

Aber die engsten Freunde? Sollten die das nicht wissen? Irgendwie?

Mein Onkel hat mal gesagt "Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden". Irgendwie stimmt das. Das würde dann folgendes heißen:

Ich habe einfach viel zu hohe Erwartungen.

Und das stimmt, die habe ich Wirklich. Es ist für mich schwer vorstellbar, dass irgendjemand noch höhere Erwartungen hat als ich. Reintheoretisch könnte man es auch Ansprüche nennen.

Ich neige dazu ziemlich egoistische und unrealistische Dinge zu verlangen oder mir vorzustellen. Die Betonung liegt dabei auf "unrealistisch". Denn natürlich werden diese unrealistischen Dinge durch mein verzweifeltes Sehnen nicht realistisch. Vielleicht bin ich deswegen so oft enttäuscht von irgendwas. Ich bin ein Mensch der Tagträume.

Tja, liebes imaginäres Publikum, ich schätze das wars schon...

Ziemlich kurz aber dafür mit dramatischen Einlagen.

Wobei "dramatisch" in diesem Falle mit dem Begriff "selbstmitleidig" konkurriert.


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