Ein Streit, eine Entführung und die Uhr tickt

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»Hast du mir gerade wirklich mit dem Tot gedroht?«, fragte Law kühl und ruhig. »So dumm kannst du nicht sein.«
»Lass mich los«, knurrte sie ungehalten.
»Selbst, wenn du ihn jetzt umbringst, glaubst du wirklich das beruhigt dein Gewissen?«
»Du bist wohl plötzlich der Moralapostel? Ich will nicht wissen wie viele Leichen du im Keller hast, also hör auf mich zu maßregeln.«
Sie sahen sich eine gefühlte Ewigkeit an, sie hatte ja Recht. Er wusste ja selbst nicht warum er sich einmischte, oder sie abhalten wollte. Schließlich konnte es ihm egal sein, was sie mit dem Chronisten tat.
Als Law nichts weiter darauf sagte, riss sie sich von ihm los und sah zu den Chronisten.
Noch immer bebte ihr Körper vor Hass, als sie zwei weitere Schritte auf ihn zu ging, hielt er sich schützend die Hände über den Kopf.
»Ich werde dich nur ein einziges Mal verschonen, und zwar jetzt, in diesem Augenblick«, sagte sie bedrohlich leise.
Vorsichtig öffnete er die Augen die er zugekniffen hatte, sprang auf und nickte eifrig.
»Ich ... ich werde sofort ... verschwinden ... d-danke ...«, stammelte Duncan, der zuvor immer einen sehr gefassten und selbstsicheren Eindruck gemacht hatte, packte sein Buch und floh förmlich von Bord.
Mit zitternden Händen und wutverzerrten Gesicht stand Gwen an der Reling und beobachtete wie der Chronist um sein Leben lief.
»Den siehst du nie wieder«, sagte Pinguin und versuchte die geladene Stimmung etwas zu lockern.
»Du warst ja richtig Furchteinflößend«, versuchte Casquette zu scherzen, doch Gwen war ganz und gar nicht nach Witzen zu Mute und auch Law schien nicht begeistert über ihren Wutausbruch.
»Reis dich in Zukunft etwas zusammen und versuch dich zu beherrschen«, sagte er streng.
Langsam drehte sie sich ihm entgegen.
»Ich soll mich beherrschen?«, fragte sie ungläubig. »Dieser Schuft hat meine gesamte Familie, ... meine Existenz und Daseinsberechtigung den Boden gleich gemacht ... und ich soll mich beruhigen?«, ihre Stimme war erstaunlich ruhig und dunkel. Allem Anschein nach war sie mehr als Wütend.
»Menschen kommen und gehen, nimm das Leben wie es ist. Der Tot gehört zum Leben dazu.«
»Sprach der „Chirurg des Todes"«, sagte sie tonlos. »Du musst doch ganz ruhig sein. Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich meiner Familie helfen können.«
Nun verlor Law die Beherrschung.
»Wenn ich nicht gewesen wäre, wärst auch du jetzt tot, oder in Gefangenschaft«, entgegnete er kühl.
Entsetzt sah sie ihn an, hatte er gerade wirklich behauptet sie gerettet zu haben?
»Du verdammter Heuchler«, hauchte sie und verengte ihre Augen zu Schlitze. »Dreh es dir nur zurecht«, und wandte ihm dem Rücken zu.
»Wo willst du hin?«, fragte er streng.
»Ich gehe ...«, sie hob zum Abschied die Hand. »... und mich soll der Tod holen kommen, wenn ich wieder zurück kommen sollte um euch zu helfen«, sagte sie verachtend und ging ebenfalls von Bord. Mit dem ersten Schritt den sie von Bord machte verwandelte sie sich wieder in einen Leguan und verschwand im Unterholz.
Fassungslos und Überrascht sahen Pinguin, Casquette, Bepo, Jean Bart und die anderen zu wie Gwen das Schiff verließ, anschließend sahen sie zu ihrem Kapitän den das Ganze nicht zu interessieren schien.
»Ähm ... Käpt'n ...«, begann Bepo vorsichtig.
Da ballte Law die Hand zur Faust.
»Verdammt ... ich weiß ...«

Ihre Wut schien sich wieder leicht zu legen, schließlich war Gwen eigentlich keine nachtragende Person. Ihr tat es sogar schon fast wieder leid was sie getan und gesagt hatte.
Es war nun einmal eine klassische Überreaktion gewesen. Die Wut und die Trauer über den Verlust ihrer Lieben, hatten in ihr ziemlich dunkle und schwere Türen geöffnet die besser verschlossen geblieben wären. Aber nun war die Büchse der Pandora nun einmal offen und sie von Bord.
Schwermütig und mit einem Anflug eines Schlechten Gewissens setzte sie sich auf einen Stein und beobachtete die Leute die an ihr vorbeigingen.
Diese Stadt war eigentlich ganz hübsch und groß. Und so weit vom Meer entfernt war sie auch nicht. Jeder der an ihr vorbei ging wurde von ihr gründlich gemustert, und sie wägte ab, ob es sich lohnen würde sieben Tage zu warten um eine neue Bindung aufzubauen, oder auf die zwei Tage zu pfeifen und sich einfach ihrem Schicksal hingeben. Sie wusste das sie nur zwischen Leben und Tod wählen konnte. Leben hieße diese Insel und ihre Bewohner zu schützen, oder Tod die Heart- Piraten ein letztes Mal aufzusuchen und alles zu beenden. Schließlich verließen Hüter in der Regel nicht ihre Schutzbefohlenen, nicht vor Ablauf der vierzehn Tage.
Ihr Kopf begann zu brummen und sie legte sich erschöpft auf den Stein.
Man war es schwer Entscheidungen zu treffen.
Sie schloss gerade die Augen für einen Moment als sie eine bekannte Stimme vernahm und aufschreckte.
»Das ist sie«, sagte die Männerstimme, sofort sah sie auf und stellte überrascht fest das es der Chronist war, in Begleitung.
»Du elender ...«, doch bevor sie sich auch nur erheben konnte, hatten sie zwei Kräftige Hände brutal von hinten gepackt.
»Ich habe das kleine Tierchen«, sagte ein großer Mann der etwas dümmlich aussah, stolz.
»Lass mich los, du Laune der Natur«, fluchte sie und versuchte sich zu befreien.
»Ich habe einen, ich habe wirklich einen echten Tiergeist«, erklang eine Stimme im Singsang, dann sah sie das unverkennbare Wappen der Leute die ihre Familie auf den Gewissen hatten.
Ein Tenryuubito, ein ziemlich bekannter. Sankt Carlos persönlich.
»Na du kleiner Salamander?«, sagte er und tippte sie mit einem Finger an.
»Ich bin ein Leguan«, knurrte sie und funkelte ihn finster an.
»Wie auch immer, packt es hier rein«, befahl er und ließ einen kleinen Glaskasten holen. »So und nun zu deinem Lohn«, wandte sich Sankt Carlos dem Chronisten zu.
»Ihr seid zu gnädig.«
»Von so viel geschleime wird mir ganz schlecht«, murrte Gwen und wurde sogleich in den Kasten gestopft. »Hey ein bisschen sanfter! Ich habe Sammlerwert!«, fauchte sie giftig.
Da sah Sankt Carlos sie kritisch musternd durch die Glaswand an.
»Ja, allerdings. Den hast du wirklich.«
»Ich kann unausstehlich sein«, warnte Gwen.
Da zuckte Duncan kurz zusammen, vor nur wenigen Minuten hatte er es am eigenen Leibe erfahren.
»Ich habe da meine eigenen Methoden um dich zu erziehen«, sagte der Tenryuubito unheilvoll.
»Der Zug ist längst abgefahren, ich lass mich nicht mehr erziehen«, erwiderte Gwen schnippisch.
»Du bist dir sicher das dieses Vieh ein Hüter wird?«, fragte Carlos unsicher und leicht genervt.
»Ja. Absolut sicher«, antwortete Duncan. »Aber wie gesagt, es dauert ein paar Wochen, bis sie euch akzeptiert hat und das Band geknüpft ist.«
»Na meinet wegen, ein bisschen mehr Schutz kann ich gut gebrauchen. Die anderen Tiergeister waren alle nutzlos.«
»Warte mal«, begann Gwen. »Wenn du mich gehen lässt, erfühl ich dir drei Wünsche.«
Hoffentlich springt der drauf an. Die Nummer zieht eigentlich immer, dachte Gwen und sah ihn mit großen Kulleraugen an.
»Was? Ich habe dann drei Wünsche frei?«, völlig aus dem Häuschen sah er sie an.
»Ja.«
»Nein Herr, fallt nicht darauf herein. Sie ist ein Tiergeist, keine Jin«, sagte Duncan warnend.
»Spielverderber«, brummte der Leguan genervt. »Übrigens ist deine Frisur lächerlich.«
Carlos sah sie überrumpelt an.
»Wie kannst du es wagen ...?!«
»Was denn? Du willst mich, lebe mit den Konsequenzen«, sprach der Leguan und zuckte mit den Schultern.
»Schaft mir das dumme Vieh aus den Augen. Ich werde mich später darum kümmern«, wies Sankt Carlos an.
»Dumm ist der, der Dummes tut!«, warf Gwen ihn noch an den Kopf.
Und verdammt nochmal! Ich habe wirklich eine menge dummer Dinge getan.
Nun packte sie doch leichter Unmut und sie rollte sich in den Glaskasten leicht zusammen.
Vielleicht hätte ich doch nicht abhauen sollen? So übel waren die Jungs gar nicht.


»Käpt'n, hast du das gesehen?«, raunte Casquette ungläubig.
Law nickte. Duncan dieser Bastard hat doch wirklich Gwen an die Himmelsdrachenmenschen verkauft und das in Rekordzeit. Hätte sein verdammtes Gewissen sich nicht gemeldet wäre er ihr nicht einmal gefolgt, aber da er es nun einmal tat, wurde er sogleich Zeuge wie man sie einfach so ... entführte. Ja, es war eine Entführung, schließlich war Gwen noch immer mit den Heart- Piraten verbunden. Ob sie wollte oder nicht, oder besser ob er wollte oder nicht, sie war ein Crewmitglied. Und Duncan würde schon noch seine Strafe dafür bekommen das er sie einfach so auslieferte.
»Als Gwen da war, war es nicht mehr so langweilig und irgendwie ist es auch aufregend mit ihr an Bord gewesen«, sagte Bepo etwas wehleidig.
»Ja, außerdem wer soll jetzt die ganze Kresse und den Eisbergsalat essen?«, sagte Casquette und blickte leicht errötend in die Runde.
Die anderen Crewmitglieder warfen sich untereinander alles sagende Blicke zu.
Pinguin stellte sich neben seinen Kapitän und blickte diesen besorgt an.
»Ich will ehrlich sein und ich glaube ich spreche für alle ...«, begann dieser. »Ich habe diese aufgeweckte kleine Gestallt irgendwie ins Herz geschlossen.«
Law schüttelte den Kopf, zur Überraschung seiner Crew lächelte er leicht.
»Ich weiß ..., ... nicht nur ihr.«

Von Piraten, Schätzen und Echsen?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt