Iguana Pain

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Das Meer wirkte unruhig. Die Wolken am Himmel waren bedrohlich und dunkel. Ein weiterer Sturm kündigte sich an. Aber schlimmer als der Sturm vor einigen Tagen, vor der „Traum- Insel", würde dieser nicht werden.
Es waren bereits einige Tage seit den letzten Vorfällen vergangen und man möchte meinen, die Situation hätte sich wieder einigermaßen normalisiert. Doch der kleine Leguan war mehr als niedergeschlagen. Da konnte selbst Pinguins Spezial Salat nichts daran ändern und ihre Laune heben.
Nachdem ihr Law ganz bewusst aus dem Weg ging und sie eiskalt ignorierte, begann es ziemlich schmerzhaft in ihrer Brust zu drücken. Gwen war in dem Glauben, ihre Gefühlswelt wäre schon damals kurz nach „Green Little Paradise" in Turbulenzen geraten, so wurde sie nun eines Besseren belehr. Denn diese Art von Gefühl war für sie absolutes Neuland.
Sie fühlte sich zutiefst verletzt von seiner Ignoranz und abweisenden kühlen Art die er seit neusten an den Tag legte.
Schmollend hing sie wieder über der Brüstung und starrte mit ihren bernsteinfarbenen Augen auf die Meeresoberfläche. Ihr langer grünbrauner Leguanschwanz schwang leicht hin und her, wie der Zeiger einer Standuhr. Gedankenverloren summte sie eine undefinierbare und wechselnde Melodie vor sich hin.
Wie sie es hasste nichts zu tun, die Langeweile war fast noch unerträglicher als die Abweisungen von Law.
Genervt sah sie auf.
Schon wieder!, schoss es ihr durch den Kopf. Wieso muss ich nur so oft an ihn denken?!
Schwerfällig erhob sich Gwen und setzte sich aufrecht hin, dabei schwang sie ihren Schwanz auf die andere Seite der Reling und ließ ihn regungslos liegen.
Ich bin es leid, ihr Blick ging nun in die Weite des Horizontes und verlor sich dort. Ich muss mit ihm reden und er wird verdammt nochmal nicht ausweichen.
Voller Tatendrang sprang sie auf und hüpfte geschmeidig von der Reling.
Flink und mit einem klaren Ziel vor Augen, huschte sie unter Deck.
Dabei hatte sie ziemliches Glück gehabt, denn kurz nachdem sie durch den Türspalt gehuscht war, schloss Bepo diese und hätte beinahe ihren Schwanz eingeklemmt.
»Wohin so schnell?«, fragte dieser mit tiefer Stimme und großen schwarzen Kulleraugen.
»Ähm ... nun, ich bin auf den Weg zum Käpt'n«, sagte sie kleinlaut und stellte sich vor Bepos Fuß.
Der große Eisbär beugte sich zu ihr hinunter.
»Du weißt doch, dass er dich nicht sehen will. Lass es Gwen«, sagte er leise. Da hob sie ihre kleinen Arme und stemmte sich mit diesen gegen Bepos Stiefel und sah zu ihm rauf.
»Ach Bepo, sei doch nicht so. Ich will nur kurz mit ihm reden.«
Da beugte er sich noch weiter zu ihr runter und hob sie mit seinen großen Pranken hoch.
»Er aber nicht mit dir«, drang da plötzlich die Stimme von Casquette an ihr Ohr.
Genervt wandte sie sich ihm so gut es ging entgegen.
»Ihr habt euch alle gegen mich verschworen, ich spüre das«, sagte sie eingeschnappt und funkelte ihn böse an, doch als sie Pinguin an seiner Seite sah und das beide etwas traurig und unsicher aussahen, schluckte sie schwer.
»Sei nicht albern«, ihr Unmut nahm noch mehr zu, als sie nun auch Jean Bart sah. Er bedeutete meist schlechte Nachrichten, weil er meist der Überbringer dieser Nachrichten war.
»Ihr seid gemein«, nuschelte sie und schien die Schultern hängen zu lassen. Daraufhin ließ Bepo sie wieder runter und die vier machten sich auf den Weg um ihre Aufgaben zu erledigen. Doch da hielt Pinguin plötzlich inne und drehte sich zu ihr um.
Er ließ ein langen tiefen Seufzer hören.
»Für den Fall, dass du dich nicht so gut fühlen solltest, nun ... wir haben schließlich einen Arzt an Bord.«
Gwen sah nicht schlecht aus der Wäsche. Hatte Pinguin ihr gerade wirklich gesagt, dass sie simulieren sollte, wenn sie mit ihm reden wolle?
Auf der Stelle erhellte sich ihre Miene und ihre Augen begannen zu leuchten.
Wieselflink huschte sie weiter durch den langen Gang und stellte sich vor die Tür die zum Operationsraum führte.
Kein Laut drang von der anderen Seite der Tür heraus, also beschloss sie kurzer Hand hinauf zur Türklinke zu springen und die Tür zu öffnen. Mit ihrem Eigengewicht drückte sie die Klinke herunter und die Tür öffnete sich einen Spalt breit, schnell ließ sie sich fallen und kroch durch den Spalt.
Gwen traute ihren Augen nicht. Vorsichtig und wie auf Samtpfoten schlich sie nun hinein.
Law lag mit verschränkten Armen, den Kopf auf diese gebettet, auf der Tischpatte und schlief. Die Wollmütze mit dem gefleckten Muster, lag neben ihm. Und so wie es aussah, war er wohl über einigen Akten eingeschlafen.
Leise kletterte sie an einem der Tischbeine hoch und schlich über die Tischplatte.
Sollte sie ihn einfach so wecken, oder lieber wieder verschwinden?
Gwen entschied sich dafür, sich einfach nieder zu lassen und sich einzurollen. Irgendwann musste er ja auch wieder aufwachen.
Zusammengekauert wie eine Katze lag sie direkt vor ihm und sah ihm beim Schlafen zu. Law regte sich nicht einmal.
Wie hypnotisiert sah sie in sein Gesicht.
Er hatte selbst im Schlaf einen angestrengten Gesichtsausdruck, als ob er über etwas Wichtiges nachdachte und es verarbeiten müsse.
Wie Sand rann die Zeit langsam und zog sich wie Kaugummi in die Länge.
Gwen hatte ihn nun lange genug angesehen und erhob sich langsam, vorsichtigen Schrittes ging sie nun auf seinen Arm zu und lehnte sich darauf.
»Du bist gemein«, flüsterte sie und kam ihm näher. »Ich dachte die Verbindung beruht auf Gegenseitigkeit. Dass du das gleiche fühlst wie ich und nicht immer nur andersherum«, sie flüsterte ohnehin schon und wurde noch leiser. »Ich war ja so naiv, für eine Zeitlang hatte ich wirklich geglaubt das ich als euer ... als dein Hüter, alle Gefühle und Gedanken kennen und spüren würde«, sie seufzte leise und legte ihren Kopf auf seinen Arm. Das Drücken in der Brust wurde immer schlimmer und dann musste es einfach raus. »Wieso merkst du nicht dass ich dich gern habe?«, schniefte sie leise und blickte ihn gekränkt an.
Vor einigen Tagen hatte Gwen ein Gespräch zwischen Casquette und Jean Bart belauscht und dabei mitbekommen das Law ernsthaft darüber nachdachte Gwen des Schiffes zu verweisen. Das versetzte ihr einen heftigen Stich ins Herz. War sie für ihn und die anderen so ersetzlich?
Mit ihren großen Leguanaugen sah sie ihn an und erhob sich wieder leicht. Zaghaft regte sie sich ihm entgegen und hoffte, dass er aufwachte. Hoffte das er wieder so gemein und unausstehlich wie früher zu ihr war, die Piesackerei verkraftete sie besser als die Abneigung mit der er sie strafte.
»Hör mir mal genau zu ...«, begann sie flüsternd. »Ich werde gehen, wenn du es von mir verlangst. Ich werde bleiben, wenn du es wünschst. Kämpfen und Beschützen wie es meine Aufgabe ist, dir loyal zur Seite stehen. Mich weiter von dir beleidigen lassen«, nun begann sie leise und bedrohlich zu raunen. »Aber ich werde ...kann... nicht so weiter machen.«
Lange wartete sie eine Regung von Law ab, aber darauf wartete sie vergeblich. Kein Zucken, keine Veränderung der Mimik, nicht die kleinste Regung kam von ihm.
Traurig senkte sie den Kopf und ging auf die Mütze zu, sie war vielleicht klein, aber so eine leichte Kopfbedeckung konnte sie ohne weiteres heben und setzte sie ihm auf den Kopf. In der Bewegung ließ sie zärtlich ihre kleinen Pfoten über seine Wange streichen und verharrte einen Augenblick so, bevor sie den Mut fasste und ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen gab.
Überrascht über ihre eigene Handlung sah sie in Laws Gesicht, doch da regte und bewegte sich noch immer nichts. Ein trauriges Lächeln zierte Gwens Gesicht und sie wandte sich von ihm ab. Denn die leichte Erschütterung die durch das Holz wanderte, entging ihr im Ersten Moment.

Von Piraten, Schätzen und Echsen?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt