Vielleicht hab ich so was wie 'ne Kellerphobie

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TRIGGERWARNUNG

Ich war schon oft im Keller gewesen. Immer nur für ein paar Stunden, das war nicht besonders schlimm gewesen. Fast vier ganze Tage am Stück waren zu viel. Mit einer halb durchnässten Matratze und nur ein paar Flaschen Wasser war es definitiv zu viel. Ich hasste Zack dafür, dass er mich hier eingesperrt hatte. Der Raum war knapp vier Quadratmeter groß, kalt und nass. Nicht mal ein Fenster gab es. Ich war mir nicht sicher, wie Zack es für richtig halten konnte, mich einfach hier unten zu lassen, als wäre ich ein tollwütiger Hund. Aber nicht mal einem tollwütigen Hund tat man sowas an. 
Was mich aber am meisten störte, war, dass hier nie jemand hin kam. Wahrscheinlich lag es daran, dass in dem ganzen Haus nur drei Wohnungen belegt waren, vielleicht aber auch an dem Geruch und dass alles, was man hier ließ früher oder später unbrauchbar wurde, weil der Keller einfach zu feucht war. Ich war also allein. Ganz allein mit Gedanken, die meinen Kopf zerfickten und mich kaputt machten. Der Hunger trieb mich in den Wahnsinn. Mein Kiefer schmerzte immer noch. Meine Haare hingen strähnig in meinen Augen, aber ich interessierte mich nicht dafür. Alles war mir egal.
Die meiste Zeit lag ich auf der Matratze und versuchte mein schmerzendes Handgelenk zu ignorieren. Schlafen war fast unmöglich. Ich hoffte die ganze Zeit, Zack würde kommen und mich hier raus holen. Aber nichts passierte, es blieb still. 

Am zweiten Tag versuchte ich noch ein paar Mal aus dem Keller rauszukommen, bevor ich aufgab und mich hinlegte. Ich war zu schwach.

Am dritten Tag fing ich an Dinge zu sehen, die nicht da waren. Es war gruselig, aber mir war noch bewusst, dass es Einbildung war, also ließ ich mich nicht täuschen. 

Am vierten Tag kam Zack. Ich lag gerade auf der Matratze und starrte an die Decke an, als er den Raum betrat. Ich blickte kurz zu ihm und dann zurück zur Decke. Mein rechtes Handgelenk lag nutzlos neben mir. Ich tat nichts, als Zack sich neben mich setzte und mir eine Strähne aus der Stirn strich. Wenn er es nicht gewesen wäre, der mich hier her gebracht hatte, würde ich ihm um den Hals fallen. Aber ich blieb liegen. Zack legte seine Hände auf mein Herz und fühlte, wie es pochte.

"Das hätte nicht so kommen müssen", murmelte er. "Das ist deine eigene Schuld."

Ich starrte gerade an ihm vorbei und antwortete nicht.

Zack malte Kreise auf meiner Brust. Ich nahm es nur vage wahr. Ich vermisste Taddl und fragte mich, ob er sich Sorgen machte. Zack küsste mich, aber ich drehte mich weg. Ich erwartete, dass er mich schlagen würde, aber das tat er nicht. Stattdessen half er mir hoch und stützte mich, als ich stand. 

"Komm, wir fahren ins Krankenhaus." 

Ich folgte ihm langsam aus dem Keller nach oben. Das helle Sonnenlicht blendete mich. 

"Wie spät ist es?", fragte ich müde.

"Halb neun." 

Zack brachte mich raus zu seinem Auto. Ich setzte mich rein und starrte aus dem Fenster. Mir war kalt, ich war nass und müde. Zack stieg ein und startete den Wagen. Er fuhr zum Krankenhaus. Während der Fahrt war es still, nicht mal das Radio lief. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, dabei waren es bloß fünf Minuten. Es schossen mir hunderte Gedanken durch den Kopf, aber ich war zu müde und fertig, um einen fassen zu können. Mein Magen knurrte, meine letzte Mahlzeit war die Pizza bei Taddl gewesen. 

Zack half mir aus dem Auto, als wir am Krankenhaus hielten. Ich stolperte hinter ihm her und ließ mich völlig benommen in ein Behandlungszimmer führen. Wahrscheinlich hatte er den Termin schon gestern gemacht, oder so, sonst wären wir bestimmt nicht gleich dran. Ich setzte mich auf die Liege und beobachtete, wie ein Gips angelegt wurde. Danach zog Zack mein T-Shirt aus und irgendjemand rieb die Blutergüsse ein. Ich fühlte mich, als wäre ich vollkommen neben mir.
Zack erzählte, ich wäre gestern von irgendwelchen Typen, an die ich mich nicht erinnern könnte verprügelt worden. Ich hasste ihn für seine Lügen. Warum glaubte man ihm so leicht?

I Knew You Were Trouble | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt