Kapitel 8

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Janes Sicht

Wie konnte ich nur? Ich hasste mich selbst für das was ich getan hatte. Ich hab die Kugel fallen gelassen! Wir werden alle sterben! Ich kniff meine Augen zusammen und schlug beide Hände vors Gesicht. Ich hörte ein rascheln, öffnete meine Augen einen Spalt weit und sah, wie Mary von links angerannt kam. In letzter Sekunde fing sie die Kugel auf. Mary richtete sich auf und rannte weg von mir. Als sie weiter weg war blieb sie stehen und klammerte sich so um die Kugel, dass niemand ihr sie wegnehmen konnte, was auch niemand versuchte. Auf einmal hörte ich ein ziemlich ekliges, matschiges Geräusch. Aus der Kugel waren blitzschnell unzählige Dolche, Schwerter und Messer rausgeschossen, die sich jetzt in Marys Fleisch bohrten. Sie schrie vor Schmerz und fiel keuchend auf den Boden. Aus ihrem Rücken ragten mehrere Spitzen heraus an denen das Blut herunter floss. Sofort färbte sich das Gras unter ihr Rot. Ihre Kleider sogen sich mit ihrem Blut voll. Hinzusehen war schon schlimm, aber ihre Schreie waren kaum zu ertragen. Sie schrie wie am Spieß und welzte sich auf dem Boden hin und her. Man hörte wie ihre Knochen knackten, als die Dolche und Schwerter immer tiefer in Marys Körper eindrangen. Mit der Zeit wurden ihre Schreie leiser und erträglicher bis sie schließlich ganz verstummten. Sie lag keuchend auf ihrem Rücken. Inzwischen waren die meisten zu ihr hin gelaufen. Auch ich. Ich kniete mich neben sie und hielt ihre Hand. Ihre Augen waren fest verschlossen und ihr Gesicht vor Schmerz verzogen. Auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet. "Danke", flüsterte ich, "ohne dich wären wir alle tot" Sie nickte nur. Ich schätze mal das es höllisch anstrengen war für sie zu sprechen. Ihre Hand hielt meine verkrampft fest. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ihr Atmen, oder besser gesagt ihr keuchen, wurde immer leiser. Und auch ihr fester Griff um meine Hand lockerte sich langsam. Irgendwann hielt ich nur noch eine schlappe Hand fest. Ihr Keuchen war verstummt...

Ich ließ langsam ihre Hand los. Mit Tränen in den Augen stand ich auf. Ich sah zu Alice. Auch sie weinte leise. Es herrschte Stille. Nur ein paar Schluchzer hier und da waren zu hören. Mit meiner blutverschmierten Hand wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, woraufhin auf meinen Wangen rote Streifen verliefen. Ich schluckte und blinzelte ein paar mal um weitere Tränen aufzuhalten. Dann hörte ich kreischendes Metall. Unsicher sah ich mich um. Mein Blick traf auf eine große Metalltür die sich langsam öffnete. Bevor ich etwas sagen konnte, rief Jason: "Ey Leute, guckt mal. Da ist 'ne Tür!" Sofort richteten sich sämtliche Blicke auf die Tür. Inzwischen war diese ganz aufgegangen. Man konnte sehen, dass sich dahinter ein langer Gang befand. In regelmäßigen Abständen hingen dort Fackeln an der Wand. "Ich schätze mal wir sollen da reingehen", murmelte ich kleinlaut. "Ach echt?", meinte Toby ironisch. "Sollen wir Mary etwa einfach hier liegen lassen?", fragte Linn. "Mitnehmen können wir sie ja wohl schlecht", rief Theo. "Wieso nicht?", hackte Linn nach. "Weil sie bald verwesen wird. Das ist voll widerlich!", antwortete Theo. "Stimmt", gab Linn zu, "Aber lasst uns ihre Taschen durchsuchen. Vielleicht finden wir etwas Nützliches. Sie hätte es bestimmt gewollt das wir es nehmen." Alle stimmten zu. Jedoch war alles was wir fanden eine Packung Kaugummis mit Erdbeergeschmack. "Lasst uns die aufheben. Für später", schlug ich vor. Alle waren einverstanden. Wir gingen zu dem Gang. "Gruselig!", war das Einzige was ich hervorbrachte. Die Fackeln tauchten den Gang in schauriges Licht. An den Wänden klebte getrocknetes Blut. Es roch nach Schimmel. Obwohl Fackeln an der Wand hingen, wahr der Gang ziemlich dunkel. Der Gang war mir unheimlich. Ich schluckte. "Wer geht vor?", fragte ich in die Runde. "Du", sagte Andy. "Wieso ich?", wollte ich wissen. "Weil du gefragt hast!", sagte er. Genervt verdrehte ich meine Augen und setzte meinen Fuß in den Gang. Ich atmete tief durch und trat ängstlich voran. Mein Herz pochte so wild das ich Angst hatte es würde gleich aus meiner Brust springen. Ich hörte wie die anderen mir hinterherliefen. Es herrschte absolute Stille. Plötzlich spürte ich eine kalte Hand an meiner Schulter. Ich schrie auf. Hinter mir hörte ich schallendes Gelächter. Ich wusste sofort wer es war. Wütend drehte ich mich um. "Bist du bescheuert?! Ich hab mich zu Tode erschrocken!", schrie ich Andy an. Er schaute mich nur grinsend an. Theo, der direkt hinter Andy lief, kriegte sich gar nicht mehr ein. Sein Lachen schallte an den Wänden wieder. Ich schaute die beiden wütend an, drehte mich um und stapfte weiter den Gang entlang. Wie ich Andy einfach nicht leiden kann! Er nervt sooooooo! Ich pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.Auf dem Boden erkannte ich etwas liegen. Mir war egal was es war, ich kickte es mit dem Fuß weg. Mit verschränkten Armen lief ich weiter. Ich spürte wie etwas meinen Arm striff. "Man jetzt lass es doch mal!", rief ich ohne nach hinten zu gucken. "Ich hab doch gar nichts gemacht!", rief Andy unschuldig. Seine Stimme klang leise. Als ob sie weiter weg wäre. Ich beachtete es nicht weiter. "Ach ja. Wer sollst denn sonst gewesen sein?!", rief ich stirnrunzelnt. "Woher soll ich das Wissen? Was auch immer ich getan haben soll. Ich war es auf jeden Fall nicht", rief er. "Gib es doch wenigstens zu", rufe ich und drehe mich genervt um. Andy war gefühlte zwanzig Meter entfernt. Bin ich so schnell gelaufen? Und was noch viel wichtiger war: Wenn es Andy nicht war, wer oder was war es dann?

Spiel des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt