Kapitel 11 | Zori

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Ich hab mehr gefühlt als ich sollte...

Und was genau war das?

War das gut oder war das schlecht?

Wütend schlug ich erneut gegen den Sandsack vor mir. Meine Knöchel und selbst meine Handgelenke schmerzten mittlerweile stark und auch meine Kicks waren nicht mehr sehr schwungvoll. Ich wusste nicht, wie lange ich überhaupt schon trainierte, um mich abzulenken.

Nach Adens Worten hatte ich ihn nur anstarren können. Ehe jedoch einer von uns Beiden hätte etwas sagen können, war Koel aufgetaucht und hatte unsere Zweisamkeit unterbrochen.

Ich hatte dies als Ausweg genutzt, um zu verschwinden, da ich von Koel sowieso nicht beachtet wurde und er Aden komplett in Beschlag genommen hatte.

Jedoch wusste ich nicht wirklich wo ich hin sollte. Alles in meinem Inneren war durcheinander.

Zu sehen, wie Aden anscheinend keine Probleme damit hatte Susa ebenfalls zu küssen, hatte mich eifersüchtig gemacht. Gleichzeitig hatte es mich aber auch nur noch mehr verwirrt.

Vielleicht hatte ihm der Kuss ja mit mir gefallen, wie Mali behauptet hatte, aber anscheinend bedeutete dass nicht viel. Allein an Susas Haltung hatte ich ausmachen können, dass sie mehr Erfahrung als ich hatte und diese auch einsetzte.

Vielleicht hatte es sich für mich besonders angefühlt, aber es war nicht nur mein erster Kuss gewesen, sondern eben auch Aden. Mein Herz hatte sich regelrecht überschlagen, als ich seine Lippen wieder auf meinen gespürt hatte. Er schien es nur hinter sich bringen zu wollen.

Erneut schlug ich zu, traf den Sandsack jedoch falsch, was einen stechenden Schmerz durch meinen Arm sandte und mich fluchen ließ.

"Du solltest eine Pause machen. So verletzt du dich nur", ertönte hinter mir eine Stimme.

Es war mein Dad.

Kurz zuckte ich zusammen, ehe ich zu ihm schaute.

„Du hast mir da eine Konkurrenz gegeben. Dunkles langes Haar, groß, schön, schlau. Hört auf den Namen Susa. Klingelt was? Wenn ich ins Kapitol will, muss ich besser als sie sein und da ich ihr in Eleganz hinterher bin, kann ich es nur mit Kampfkraft ausgleichen", erinnerte ich ihn, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach.

Ich wollte einfach nur meine Wut auf mich selber, und meine eigenen Gefühle loswerden.

"Sie hat sich beworben. Ich muss ihr die Chance geben sich beweisen zu können. Und du bist elegant. Außer gerade beim Boxen. Das gleicht eher einem wütenden Stier", erwiderte er und nahm meine Hände, um sie nach unten zu drücken. "Auf wen oder was bist du sauer?"

„Auf niemanden", behauptete ich, schaute meinen Vater jedoch nicht an. Ich musste nicht hinschauen, dass er mir nicht glaubte, weswegen ich seufzte, „Auf mich, vielleicht auch auf dich, auf die Welt. Keine Ahnung."

"Versuch erst herauszufinden auf wen du eigentlich sauer bist. Diese unkontrollierte Wut hat mich auch noch nie weit gebracht", behauptete er schmunzelnd.

„Das ist es ja gerade! Ich hab keine Ahnung auf wen ich sauer bin!", gestand ich frustriert und machte mich von meinem Vater los, um mir die Haare aus dem Gesicht zu streichen. „Alles was ich je wollte, war Teil von dem Ganzen zu sein! Anderen helfen! Ich hab nur darauf trainiert und jetzt habe ich das Gefühl mir gleitet alles aus der Hand."

"Lizza war bei mir und hat für dich ein gutes Wort eingelegt. Falls dich das aufmuntert", sagte er nach einigen Sekunden des Schweigens.

„Als wenn das deine Meinung ändern würde", murmelte ich und schaute ihn wieder an, „Oder? Ist doch wahr. Für was hättest du Susa sonst anscheinend sofort zu gesagt. Das ist dein Hinterausgang. Ich darf mit machen aber am Ende geht Susa. Dadurch kann ich nicht mehr nerven und du hast trotzdem jemanden im Kapitol."

"Pass ein wenig auf was du sagst. Ja ich will nicht, dass du gehst, aber ich spiel nicht unfair Zori Eleana Magany. Wenn du besser bist darfst du gehen, ich stehe zu meinem Wort", brummte er und ich hörte, wie sich seine Schritte entfernen. "Es gibt bald Abendessen. Sei pünktlich."

Wütend schlug ich erneut auf den Sandsack ein.

Ich wollte nicht mit meinem Vater streiten aber zur Zeit schien ich sowieso alles falsch zu machen.

Das passte nicht zu mir. Das war ich nicht.

Fokussiert, diszipliniert. Das waren Worte, mit denen man mich normalerweise in Verbindung brachte, aber die alte Zori schien regelrecht verschwunden.

Der Zorn in meinem Bauch war nicht wirklich leichter, als ich mich schnell und unter kalten Wasser abduschte, ehe ich mich auf den Weg nach Hause machte, auch wenn ich nicht wirklich hin wollte.

Wahrscheinlich hatte Dad bereits Mom davon erzählt, was gerade vorgefallen war. In der Hinsicht waren sie schon immer eine Einheit gewesen, die sich nichts verheimlichten.

Nicht gerade toll, wenn man alleine dagegen stand.

Deswegen schlich ich auch durch unsere Wohnungstür.

Ich konnte meine Eltern in der Küche reden hören, weswegen ich auf schnellen Füßen zum Zimmer meines Bruders lief.

Wenn ich jemanden um Rat fragen konnte, dann ihn.

Deswegen klopfte ich kurz an, wartete aber gar nicht darauf, dass er etwas sagte, sondern schlüpfte einfach in sein Zimmer.

Er saß auf dem Bett und las etwas, doch nun war sein Kopf mir zugewandt.

"Hi", sagte er und sah mich erwartungsvoll an.

Ich sagte nichts, sondern lief einfach zu ihm, ehe ich mich neben ihn warf und an meinen großen Bruder kuschelte.

Vielleicht war ich nicht mehr fünf Jahre aber das war noch immer der beste Trost.

"Okay, was ist passiert?", fragte er sofort und legte das Buch zur Seite.

„Ich hab mit Dad gestritten", schniefte ich, „Nachdem ich mich vor Aden blamiert habe... wieder mal."

"Bitte alles von Anfang an. Sonst komm ich nicht mit und der brüderliche Rat fällt sparsam aus."

Kurz sammelte ich mich, doch dann erzählte ich ihn einfach alles, was mir an dem Tag passiert war.

Das Frühstück mit Lizza, Malis Aussage, Die Anprobe mit Susa, den Küssen, die dumme Frage, das Training, Dad. Eben einfach alles.

Ich hatte keine Ahnung wie lange ich erzählte, doch Joel hörte wie immer geduldig zu und wartete bis ich fertig war.

"Nicht Aden, Zori. Verlieb dich nicht in Aden", seufzte er und nahm mich in den Arm.

Traurig kuschelte ich mich an ihn.

„Das bin ich doch schon."

Aden & Zori - Geheimnisse des KapitolsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt