Madleine
Ich glaube, dass manche Menschen viele unterschiedliche Verhaltensmuster haben, die immer von ihrem Umfeld abhängen.
Lucius war so ein Mensch. Narcissa war so ein Mensch. Amelia war so ein Mensch. Ich mutierte zu so einem Menschen.
Das wurde mir klar, als Lucius plötzlich wieder der zuvorkommende, nette junge Mann war, den ich geglaubt hatte zu kennen. So würde Cissa ihn vom Fleck weg heiraten. Garantiert.
Morgen war Heilig Abend. Und zum ersten Mal in meinem Leben graute es mir vor diesem Tag. Hoffentlich würde Lucius sich zu verhalten wissen. Die letzten Male hatte er es vielleicht geschafft, aber wer versicherte mir, dass es dieses Jahr auch klappen würde? Außerdem war Remus die letzten Jahre nicht dabei gewesen.
Ich war verwirrt. Ich wusste nicht, welchen Lucius ich nun ernst nehmen sollte. Was war sein wahres Ich?
Verdammt, ich hätte in Frankreich und auf der Beuxbaton Akademie bleiben sollen.
"Na, worüber zerbrichst du dir deinen hübschen Kopf, Madleine?" Marie setzte sich neben mich auf mein Bett.
"Über so einiges.", stöhnte ich und vergrub das Gesicht in den Händen. Marie seufzte. "Okay." Sie breitete ihre Arme aus. "Was bedrückt dich, chérie?"
Ich lehnte mich gegen ihre Schulter. Meine Augen waren geschlossen und ich versuchte tief ein und aus zu atmen, um nicht die Fassung zu verlieren.
Etwas knarzte leicht. Ich nahm an, dass Camille sich auf dem Sofa etwas vorgelehnt hatte, um ja keinen Gesprächsfetzen zu verpassen.
Camille Duchamain und Marie Fiore waren meine besten Freundinnen. Am Anfang waren es nur Marie und ich, doch dann hat Damien, mein herzallerliebster großer Bruder, sich in Camille ältere Schwester Odette verliebt, und wir haben uns mit Camille angefreundet. Seit dem sind wir ein unzertrennliches dreier Team. "Auf Hogwarts ist alles komplizierter.", nuschelte ich.
"Na, aber Lucius und Remus werden sich doch um dich kümmern.", meinte Marie und tätschelte vorsichtig meinen Rücken.
Ich richtete mich wieder auf. "Nein, Marie. Tu ne comprends pas. (Du verstehst nicht.) Wenn ich sage, alles ist komplizierter, dann meine ich auch alles."
"Ui, hat Lucius etwa ein Geheimnis?" Camille rutschte ganz vom Sofa und krabbelte zu uns herüber.
"Wohl eher eine Persönlichkeitsstörung.", seufzte ich. Camille zog eine Augenbraue hoch. "Bitte?"
"Wie schon gesagt, es ist einfach kompliziert."
"Chérie, ich hab das Gefühl, dass du ein bisschen depressiv wirst. Du redest kaum noch und guckst immer so traurig. Es ist egal, ob es kompliziert ist. Erzähl es uns!" Marie sah wirklich besorgt aus.
Ich seufzte erneut und fuhr mir durch die braunen Haare. "Wisst ihr, auf Hogwarts..." Und ich erzählte. Noch viel mehr und viel genauer als ich es im Zug auf der Toilette Dorcas und Marlene erhält hatte.
"Merlin, Mads.", entwich es Camille am Ende. "Dein Leben ist ja die reinste Daily Soap geworden."
"Tja." Ich zuckte die Schultern.
Marie stand auf.
"Hey. Wo gehst du hin?", fragte ich verwirrt, als sie zur Zimmertür lief.
"Ich werde Remus nach einem Bild von diesem Sirius fragen.", grinste sie. "Quoi? (Was?)" Entsetzt versuchte ich ihre Worte zu verstehen. "Das kannst du nicht." Ich sprang auf. "Das darfst du nicht!"
Marie lachte und schüttelte den Kopf. Und dann, dann ging sie einfach aus dem Zimmer.
"Das macht sie jetzt aber nicht wirklich, oder?" Camille rappelte sich auf. Kurz starrten wir einander verblüfft an, dann fassten wir uns und stürmten unserer Freundin hinter her.
Maries Stimme kam bereits aus der Eingangshalle.
"Viens ici! (Komm hier her!)" Camille zog mich zum Geländer.
Vorsichtig lugten wir hinunter. Marie stand tatsächlich unten in der Eingangshalle und redet auf Remus ein.
"Mads meinte, dass es auf Hogwarts so viele gutaussehnde Jungs gibt.", sagte sie. "Außer dir und Lucius natürlich. Hast du denn vielleicht Bilder von wenigstens ein paar?"
"Sie ist unglaublich.", murmelte ich kopfschüttelnd. Camille kicherte.
"Ähm... ich glaube schon...", antwortete Remus ziemlich überfordert.
"Merlin, der Arme.", kicherte Camille. "Du musst ihm helfen." Ehe ich regieren konnte, schubste sie mich sanft zur Treppe. Seufzend schritt ich die Stufen hinunter.
"Marie! Ich hab dir doch gesagt du sollst ihn nicht fragen!" Mit vor der Brust verschränkten Armen blieb ich auf der untersten Stufe stehen und sah sie an. Dass meine Wangen vor Scham brannten, ignorierte ich.
Plötzlich schien Remus ein Licht aufzugehen. Er begann in den Taschen seines Umhangs herum zu kramen. Neugierig beobachtete Marie ihn, während ich mich vergeblich um eine normale Gesichtsfarbe bemühte.
Remus hatte gefunden, was auch immer er gesucht hatte. "Hier." Mit einem breiten Grinsen drückte er Marie ein Foto in die Hand. "Ich glaube, das hat Mads gemeint." Sein Grinsen weitete sich noch etwas, dann ging er mit federnden Schritten davon.
Marie drehte das Foto um. Und brach in schallendes Gelächter aus. "Merlin!", prustete sie. "Ich glaube Remus kennt dich besser, als du denkst." Mit einem mindestens eben so breiten Grinsen wie das von Remus kurz zuvor hielt sie mir das Bild unter die Nase. Ich nahm es ihr etwas verwirrt ab.
Es war kein magisches Bild. Nichts bewegte sich. Vier grinsende Gesichter starrten mir entgegen. Die Gesichter der Rumtreiber. "Oh.", sagte ich.
"Ja. Oh.", lachte Marie. Ich sah kurz zu ihr und dann wieder auf das Foto.
Es musste am Anfang des Schuljahres aufgenommen worden sein.
Peter stand da und lächelte dümmlich in die Kamera. Remus, James und Sirius hatten sich gegenseitig die Arme um die Schultern gelegt und strahlten in die Kamera. Remus wirkte ziemlich normal, aber glücklich. James Strahlen war sehr verträumt und es hatte den Eindruck als würde er eher den Macher des Fotos ansehen. Ich nahm an, dass Lily das Foto gemacht hatte. Sirius hingegen wirkte gelöst, frei und glücklich. Auf seinen Lippen lag sein übliches Machogrinsen, doch seine tiefgrauen Augen strahlten vor Glück und Zufriedenheit. Es zeigte genau die Person, in die ich mich verliebt hatte.
Ich schluckte.
"Awww. Wie sie ihn anstarrt." Camilles flüsternde Stimme holte mich in die Wirklichkeit zurück. Die Wirklichkeit in der es keinen lieb lächelnden Sirius gab. Nur seine Fassade, hinter die er niemanden ließ außer die restlichen Rumtreiber. Doch, Lily ließ er anscheinend auch dahinter. Und Regulus manchmal.
"Ich schätze, der schwarzhaarige Machotyp ist dein Sirius?" Marie trat neben mich und legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Er ist nicht mein Sirius.", sagte ich, drückte ihr das Bild wieder in die Hand und ging langsam wieder nach oben.
Auf den Steinstufen der Treppe klapperten Camilles hochhackige Stiefel, als die beiden mir folgten.
"Mads, das ist noch schlimmer als erwartet.", waren Maries Worte, kaum hatte sie meine Zimmertür hinter sich geschlossen.
"Danke. Sehr aufmunternd." Ich setzte mich wieder auf mein Bett.
Marie seufzte. "Aber es ist die Wahrheit. Weißt du, wie traurig du gerade ausgesehen hast, als du das Bild an geguckt hast? Das bricht einem das Herz."
Ich schwieg. Ich wollte darüber nicht mehr reden. So gerne ich Marie und Camille auch mochte, sie verstanden meine Situation nicht wirklich.
"Ich glaube, wir sollten das Thema für heute lassen.", warf Camille ein, als Marie wieder den Mund aufmachen wollte. "Wir müssen bald gehen und wollen ja noch ein bisschen Spaß haben."
Den hatten wir dann tatsächlich. Wir backten Plätzchen und lieferten uns, sehr zu Mamies und Cassies Entsetzten, eine Mehlschlacht. Schließlich nahmen wir noch ein Bad im Whirlpool.
Am Ende verabredeten wir uns für Morgen vormittag. Wir wollten gemeinsam auf den Weihnachtsmarkt in Paris gehen. Es war jedes Jahr wunderschön und aufregend. Zwar hatte Mamie uns dazu verdonnert Lucius und Remus mit zunehmen, aber inzwischen war ich etwas optimistischer gestimmt.
Maries Eltern kamen und Odette nahm Camille mit nach Hause.
"Madleine, ist dein Zimmer aufgeräumt? Und die Küche wieder sauber?", fragte Mamie und schloss die Haustür, nachdem Odette und Camille disapperiert waren.
"Cassie hat die Küche sauber gemacht. Und mein Zimmer war nie unordentlich.", antwortete ich brav und steckte mir eine brauen Strähne, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte, wieder hinters Ohr. Es stimmte. Ich konnte Unordnung nicht ausstehen. Bei mir musste alles immer sauber und geordnet sein.
"Sehr gut." Josette blickte auf ihre Armbanduhr. "Die ersten Gäste kommen jeden Moment. Auch Diane und Ivette. Holst du Remus und Lucius bitte hinunter?"
Ich nickte und eilte die Treppe hoch. Als erstes klopfte ich bei Remus.
"Herein."
Ich trat ein und fand meine Cousin über seinen alten Schreibtisch gebeugt vor.
Früher, als Onkel Paul noch in der Ausbildung war, hatte seine Familie nicht genug Geld für etwas eigenes, weshalb sie einige Jahre bei uns in der Villa gewohnt hatten.
Etwas kratzte über Pergament. Er schrieb wohl einen Brief. Zumindest war er sehr vertieft darin, da er nicht einmal auf sah, als die Tür hinter mir ins Schloss fiel.
"Du sollst mit runter kommen, Remus.", sagte ich vorsichtig. "Die ersten Gäste kommen gleich."
"Hm?" Verwirrt hob er den Kopf. "Oh, ja, klar." Er erkannte mich, lächelte und legte die Feder beiseite.
"Was hast du gemacht?", fragte ich, als ich vor ihm zurück auf den Flur trat.
"Einen Brief geschrieben.", antwortete er knapp und ich zuckte zusammen. Gerade hatte er mich doch noch angelächelt.
"Wir müssen noch Lucius holen.", sagte ich leise. Remus seufzte.
Ich klopfte an Lucius Zimmertür, erhielt jedoch keine Antwort. Na toll! Ich hatte nicht wirklich Lust in dem großen Haus nach meinem zweiten Cousin zu suchen.
Remus räusperte sich. "Du hast doch keine Spur, oder?"
Ich schüttelte den Kopf. Worauf wollte er hinaus?
Remus grinste. "Naja, weißt du, es gibt da so etwas, das nennt sich Patronus und..."
"Ups.", kicherte ich und wirbelte kurz meinen Zeigefinger durch die Luft. Kurz darauf galoppierte ein Einhorn durch die Luft. Ich drehte mich um. "Okay, allez (Los)!"
"Du wirst jedes Mal besser in der französischen Magie.", meinte Remus anerkennend.
"So schwer wie du immer tust, ist das gar nicht.", neckte ich ihn. Remus war immer leicht angesäuert, dass ich mal in etwas besser war als er.
"Du bist auch Vollblutfranzösin.", grinste er und stieß mich leicht mit dem Ellbogen in die Seite. "Ich bin nur Halbfranzose."
Ich lachte und sprang leichtfüßig die letzten paar Stufen hinunter. "Natürlich. Salut, Mamie. Nous sommes là. (Hallo, Oma. Wir sind da.)" Zu meiner Überraschung stand Lucius bereits neben Josette. Sein blondes, meiner Meinung nach zu langes Haar war noch nass. Vielleicht war er im Pool gewesen oder so.
Der Rest der Familie war auch da.
Es klingelte.
"Ah, sie sind da!" Mamie zerrte Remus und mich aufgeregt neben Lucius. "Benehmt euch!", fauchte sie und sah dabei vor allem meine Brüder, Remus und mich an.
"Bien sûr, Mamie. (Natürlich, Oma.)", antworteten wir im Chor.
Sie öffnete die Tür. Es waren Diane und Armenius, dieser arrogante Schleimbeutel.
"Hallo.", sagte Armenius in seiner unfreundlichen Art, während Diane alle umarmte.
"Also, wenigstens Salut oder Bonjour hätte er sagen können.", schnaufte Alain leise. Ich kicherte. Keiner, wirklich keiner aus meiner Familie mochte Armenius.
Der Rest der Gäste für heute kam und wir wurden von unserem Job als Empfangskomitee erlöst. Die Erlösung kam in Form unserer Urgroßmutter, die uns nach oben scheuchte, um uns für das erste große Abendessen schick zu machen (Madleines Outfit ist auf dem Bild).
Auf dem Weg in den großen Speisesaal traf ich auf meinen großen Bruder.
"Hübsch siehst du aus.", lächelte er und bot mir seinen Arm an.
"Merci, Monsieur." Ich hackte ich bei ihm unter und gemeinsam schritten wir die Treppe hinunter.
"Wie läuft es eigentlich so auf Hogwarts?", fragte Damien nach ein paar Stufen beiläufig. "Verstehst du dich besser mit Remus Freunden?"
Überrumpelt fiel ich beinahe die Treppe runter. "Was meinst du?"
Er lächelte fast schon amüsiert. "Oh, komm schon, Mads! Du kannst mir nichts vor machen. Als ich dich auf der Krankenstation besucht habe, waren sie nur aus Solidarität zu Remus da."
"Das war nur, weil sie dachten, ich hätte etwas mit dem Angriff auf Remus zu tun.", verteidigte ich die Rumtreiber.
"Und wieso haben sie das geglaubt?" Damien legte die Hände an meine Hüfte und hob mich die letzten drei Stufen hinunter, als wäre ich leicht wie eine Feder.
"Weil ich in Slytherin bin.", murmelte ich und senkte den Kopf. Ja, inzwischen schämte ich mich oftmals richtig für mein Haus.
"Wenn sie dich danach beurteilen, sind sie noch größere Idioten, als ich dachte.", flüsterte Damien und strich mir eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich lächelte traurig und Damien seufzte. "Komm her!" Er zog mich in seine starken Arme und drückte mich fest. Ich vergrub das Gesicht in seiner Schulter.
"Ich hab dich lieb, Maddy. Vergiss nicht, dass ich immer für dich da bin!"
Vorsichtig löste ich mich von ihm und sah ihn lächelnd an. "Du bist der beste große Bruder der Welt.", verkündete ich.
Damien verbeugte sich. "Danke sehr!"
"Krieg ich auch eine Umarmung?" Alain stand grinsend in der Tür zum Speisesaal.
Damien und ich wechselten einen Blick, dann stürzten wir uns auf ihn.
"Wah! Hilfe! Bei Merlins Bart!", schrie er, als Damien und ich in zwischen uns in einer Umarmung einklemmten. Es war ein schönes Gefühl, zu wissen, dass es immer noch Menschen gab, die mich liebten. Richtig aufrichtig liebten.
"Les Enfants! (Kinder!)", schimpfte meine Großmutter und wir drei schreckten auseinander. "Wieso könnt ihr euch nicht benehmen?!"
"Aber, Maman! Sie haben sich doch nur umarmt!" Tante Diane legte Mamie eine Hand auf die Schulter. "Das war doch eine sehr rührende Szene."
"Mais... (Aber...)", wollte Josette widersprechen.
"Nichts aber. Wir gehen jetzt wieder hinein und die drei kommen nach." Diane zwinkerte uns zu und führte Mamie zurück in den Speisesaal. In Momenten wie diesen fiel es mir unglaublich schwer Tante Diane mit zum Beispiel Walpurga Black zusammen an einem Tisch sitzend vorzustellen.
Alles in allem war es ein gelungener Abend und als wir schließlich spät in der Nacht ins Bett gingen konnte ich den Heilig Abend gar nicht mehr abwarten.
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Ordinary Girl
FanfictionMadleine de la Fontaine kommt in ihrem 5. Jahr nach Hogwarts. Nach Slytherin. Denn sie scheint wie die perfekte Slytherin und Reinbluttochter- kalt, hochnäsig und verabscheut Gryffindors. Doch eigentlich ist sie ganz anders. Eigentlich ist sie in ei...