Thinking Moments//Sirius

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Sirius

Kennt ihr dieses Gefühl, dass euch nichts und niemand von eurem Hoch an guter Laune runter holen kann? So fühlte ich mich gerade. Und das lag definitiv nicht an Madleines Kopf, der auf meiner Schulter ruhte, und ihrem betörenden Rosenduft. Es war der Weihnachtszauber. Eindeutig der Weihnachtszauber.
Auch wenn ich zugeben musste, dass sie noch schöner war, wenn sie so ruhig uns gelassen schlief. Sie hatte sogar ein kleines Lächeln auf den Lippen, was ihr super stand. Slytherin schien sie wirklich kaputt zumachen.
Und meine Gedanken wanderten in eine vollkommen falsche Richtung!
Schnell wandte ich meine Aufmerksamkeit ihrem großen Bruder zu, der mit James über Quidditch-Mannschaften stritt. Es war ein sehr unterhaltsames Streitgespräch, da beide etwas zu tief ins Glas geschaut hatten.
"Das ist völliger Quatsch!", lallte James mit erhobenem Zeigefinger. "Das Englische Team ist viiiel besser als das französische!"
"Als ob." Damien lallte nicht ganz so sehr wie Krone, aber man konnte den Alkoholkonsum ebenfalls deutlich hören.
Ich schmunzelte, als James lallende Argumentation startete, warum wir besser in Quidditch waren als die Franzosen. Normalerweise war ich der Betrunkene, aber heute hatte ich tatsächlich nur Butterbier und Wasser getrunken. Keine Ahnung, wieso ich den Feuerwhiskey, den Madleines Vater mir mehrmals angeboten hat, abgelehnt hatte. Ich hatte dafür auch komische Blicke von Remus, James und sogar Malfoy kassiert.
"Du bist also Sirius Black." Die rothaarige Freundin von Madleine setzte sich zu mir und Mads auf das Sofa.
"Ja, der bin ich.", antwortete ich langsam und etwas verwirrt. Was wollte die denn jetzt?
"Aha." Sie lächelte, als wüsste sie etwas, das ich nicht wusste. Merlin, solche Gesichtsausdrücke hasste ich. "Dafür das du Mads nicht besonders magst, bist du aber sehr nett zu ihr."
"Bitte?!" Ich zog eine Augenbraue hoch und musterte das französische Mädchen. Was bei Merlins Bart meinte sie? Ja, ich konnte Madleine nicht leiden und genau deshalb war ich auch nicht nett zu ihr.
"Also, du hast ihr eine Mütze gekauft, wenn auch eine echt dämliche, und jetzt gerade schläft sie auf deiner Schulter.", zählte Marie auf. "Für mich klingt das jetzt nicht unbedingt nach Hass."
Ich sah hinunter auf die brünette Schönheit, die an meiner Schulter schlummerte. Unwillkürlich fragte ich mich, ob ich Madleine wirklich hasste. Denn, mal ehrlich, eine so starke Abneigung wie gegen andere Slytherins wie Malfoy oder Crouch Jr. spürte ich bei ihr absolut nicht. Eigentlich war es eher ne Kurzschlussreaktion gewesen sie zu hassen. So in der Art: Sie ist Lucius Cousine, ich hasse sie.
Als ich wieder zu Marie sah, hatte sich das Lächeln auf ihren Lippen geweitet.
"Ich hasse sie nicht. Ich habe sie noch nie gehasst.", sprach ich die Erkenntnis aus.
"Das weiß ich.", war alles was Marie sagte. "Ich wollte nur, dass du es auch weißt." Damit stand sie auf und ging hinüber zu James und Damien.
Ich blinzelte verwirrt. Das war es, was sie von mir hören wollte? Dass ich Madleine nicht hasste? Weshalb? Was brachte ihr das?
Abrupt stand ich auf. Es kümmerte mich reichlich wenig, dass Madleine unsanft nach rechts kippte. Erschrocken fuhr sie hoch und rieb sich die müden Augen. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich schuldig, aber nachdem ich mich rasch abwandte, verschwand das Gefühl genauso schnell wie es gekommen war.
"Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen, mein Sohn?" Fleamont hielt mich auf, ehe ich den Raum verlassen konnte.
"Nichts."
Mr Potter zog die Augenbrauen nach oben. "Tatsächlich? Wenn James so guckt, hat es etwas mit dem Blumen-Mädchen zu tun. Geht es um ein Mädchen, Sirius?" Er legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Schon irgendwie.", hörte ich mich murmeln, ehe ich die Worte stoppen konnte. "Aber nicht so wie du denkst.", fügte ich hastig hinterher, als Fleamont wissend lächelte.
"Ach nein?"
"Nein." Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Ich überlege, wie ich sie hassen kann."
"Du willst jemanden hassen? Aber weshalb? Sirius, mein Junge, Hass ist ein Pfad, den du nie mit Absicht einschlagen solltest. Denk nur an deine Eltern oder den dunklen Lord!"
Ich schwieg und sah auf meine Fußspitzen. Er hatte recht. Aber irgendwie konnte ich nicht damit umgehen, dass ich Madleine nicht mehr so schlimm fand. Sie war eine Slytherin. Als Gryffindor musste ich sie folglich als meine natürliche Feindin betrachten.
Mein Hoch an guter Laune war jetzt definitiv vorbei. So viel zu niemand kann mich davon runter holen. Vielen Dank, Französin. Hast du toll hingekriegt.
"Ich werde es überdenken.", antwortete ich Fleamont.
Er lächelte und klopfte mir väterlich auf die Schulter. "Hass ist ein Gefühl, dass man meiden sollte.", sagte er und ging dann hinüber zu Euphemia, welche sich mit Melisande, Madeleines Mutter, über Kochrezepte unterhielt.
Ich entschied, dass ich frische Luft und Ruhe brauchte und verließ den Salon.
Merlin, dieses Mädchen verwirrte mich. Wieso konnte ich sie nicht einfach nicht mögen uns gut ist? Wieso mochte ich Madleine?
Ohne es zu wollen beantwortete ich mir diese Frage selbst. Madleine war hübsch, klug, freundlich, hilfsbereit, niedlich und sorgte sich um jeden. Sie konnte nicht mal Barty Crouch Jr, diesem schleimigen schmierigen Arschloch, sagen, dass er seine Hände bei sich behalten soll, aus Angst seine Gefühle zu verletzten.
Ich stand nun in der Eingangshalle der Villa Fontaine. Hier war es ruhiger.
"Was tust du hier, Tatze?" Remus saß im Dunkeln auf der Treppe.
"Ich musste wieder einen kühlen Kopf kriegen.", seufzte ich und setzte mich kurzer Hand zu ihm.
An der Garderobe hing die graue Mütze, die ich Madleine auf dem Weihnachtsmarkt in Paris gekauft hatte.
Ich seufzte erneut. Wieso konnte ich Madleine nicht einfach nicht mögen?
"Moony, ich hasse deine Cousine nicht." Er sollte es wissen, fand ich, auch wenn es für ihm vermutlich einfach so aus dem nichts kam.
"Das weiß ich.", antwortete mein Kumpel und überraschte mich damit vollkommen.
"Wie, du weißt das?", hackte ich verwirrt nach. Er konnte es nicht wissen. Die Erkenntnis kam mir doch selbst erst gerade eben.
"Ach, komm schon, Tatze! Du hast dich so da hinein gesteigert, um dich selbst davon zu überzeugen, dass du sie hasst.", grinste Remus. "Es ist schön, dass du nun endlich die Wahrheit erkennst und zu gibst."
Ich war immer noch verwirrt. Wieso hatte Moony das gewusst, bevor ich es selbst wusste und begriffen hatte?
"Tatze, ich bin einer deiner besten Freunde. Ich kenne dich besser als du vielleicht denkst." Remus klopfte mir auf die Schulter und stand auf, um zurück zur Gesellschaft zugehen. Ich blieb sitzen. Eigentlich hatte Remus recht. Ich versteckte mich immer hinter dem Machogehabe und Streichekönig. Ähnlich wie Madleine ihre wahren Gedanken und Gefühle hinter des eiskalten Slytherin - Maske versteckte. Also war ich immer davon ausgegangen, dass eigentlich kaum jemand weiß wie es wirklich in mir drin aussieht, was ich denke, was ich fühle. Ich hätte gedacht, dass nur James mich tatsächlich so gut kennen würde, um hinter die Fassade zu schauen. Doch Remus konnte es offensichtlich auch. Ich hatte Moony unterschätzt, obwohl Remus schon immer eine ausgeprägte Menschenkenntnis hatte und unglaublich feinfühlig war.
Näherkommende Schritte holten mich aus meinen Gedanken. Ich hob den Kopf, nur um in ein Paar Teddyaugen zu gucken.
"Wieso bist du denn so ganz alleine hier draußen?", fragte Madleine verwirrt und rieb sich noch ein wenig verschlafen von ihrem Nickerchen an meiner Schulter die Augen.
"Ich musste nachdenken.", murmelte ich mit kratziger Stimme.
"Alles in Ordnung?", fragte Madleine und runzelte die Stirn.
Ich räusperte mich. "Klar."
"D'accord.", sagte sie und zuckte Schultern. "Remus meinte ich soll nach dir sehen.", fügte sie dann ein wenig unsicher hinzu und versuchte mich anzulächeln. Diese Madleine ohne Slytherinmaske mochte ich deutlich mehr als das kalte Wesen, das in Hogwarts herum lief. Ich mochte ihr Lachen und die Art wie ihre braunen Augen dann strahlten und funkelten.
Aber natürlich hatte Remus ihr das gesagt.
"Geh wieder rein!", sagte ich. "Ich komme schon klar. Remus wollte wahrscheinlich nur lustig sein."
Nachdenklich sah sie mich ein paar Sekunden lang an, dann setzte sie sich neben mich auf die Mamorstufen.
Ich blinzelte. Was?!
"Ich muss auch nachdenken.", lächelte sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Wobei, die Überraschung war mir wohl ins Gesicht geschrieben.
Mir fiel auf, dass sie, wenn sie müde war, mit einem französischen Akzent sprach. Irgendwie war das sexy. Hastig schüttelte ich den Kopf. So was sollte ich nicht denken! Mein Blick huschte zu Madleine, die neben mir saß und gedankenverloren ins Nichts starrte. Sie war sexy, ohne Frage. Dieser Körper und ihre sinnlichen Lippen. Ich schluckte und wandte den Blick ab. Was war denn jetzt los?
"Worüber musst du nachdenken?", traute ich mich nach einer Weile neugierig zu fragen.
Madleine sah zu mir und legte den Kopf schief. "Worüber denkst du nach?", stellte sie leise lächelnd die Gegenfrage.
"Über ein Mädchen.", antwortete ich nach kurzem Überlegen wahrheitsgemäß. Das sie dieses Mädchen war, musste sie nun wirklich nicht wissen.
Mit großen Augen sah sie mich an. "Du, der große Frauenheld von Hogwarts, denkst über ein Mädchen nach?", wiederholte die überrascht.
"Ja, stell dir vor, ich habe auch Gefühle.", schnaubte ich heftiger als beabsichtigt.
"Tut mir leid.", murmelte sie und sah zu Boden. Sie biss sich auf die vollen Lippen. Merlin, dieses Mädchen brachte mich noch um!
"Du schuldest mir noch eine Antwort.", sagte ich in der Hoffnung sie würde dann von ihren Lippen ablassen. "Worüber zerbrichst du dir dein hübsches Köpfchen?"
Sie biss sich erstmal weiter auf den Lippen rum. Ich schwöre, wenn sie damit nicht gleich aufhört, falle ich über sie her!
"Über einen Jungen.", murmelte sie schließlich und ließ endlich, endlich ihre Lippen in Frieden.
"Ach, hat die eiskalte Slytherin auch Gefühle?", neckte ich sie.
Zu meiner Überraschung regierte sie vollkommen anders als ich. Sie lachte. "Ja, tatsächlich.", lächelte Madleine. "Ich habe auch Gefühle. Und den Seitenhieb hab ich verdient. Tut mir leid.", entschuldigte sie sich erneut.
"Macht nichts. Ich schätze, ich habe auch überreagiert.", entgegnete ich. Remus hatte mal wieder recht. Madleine passte so gar nicht nach Slytherin. Was hatte der sprechende Hut sich dabei nur gedacht? Wie es wohl wäre, wenn sie in ein anderes Haus gekommen wäre? Meine Gedanken drifteten ab.
Madleine, die in einer Huffelpuff-Uniform neben mir und den Jungs her lief. Sie lachte und alberte mit uns herum. Ich nahm ihre Hand und zog sie zu mir. Mit strahlenden braunen Augen sah sie zu mir hoch und schlang die Arme um meinen Nacken. Ihr Lächeln brachte mich um den Verstand. Langsam beugte ich mich zu ihr herunter, dann...
"Sirius!" Ich schreckte aus meiner Vorstellung gerade zum richtigen Zeitpunkt. Mein Herz klopfte hart gegen meine Rippen und ich wäre fast rot geworden, als ich in Madleines Augen sah. Merlin, was war das gewesen? Könnte ich mich in sie verlieben, wenn sie nicht in Slytherin wäre? Könnte sie das Mädchen, die Frau sein, die mich aus der Einsamkeit rettete?
"Was ist?" Meine Stimme war rau. Ich hatte Mühe die Worte herauszubringen und räusperte mich mehrmals.
Kurz sah Madleine mich irritiert an, ehe sie ihre Frage wiederholte. "Wollt ihr heute hier schlafen?"
"Was haben denn Euphemia und Fleamont gesagt?"
"Sie wollen noch nachhause, aber du und James können gerne hier bleiben. Bei Remus Zimmer sind noch zwei Gästezimmer frei.", erklärte sie.
War es falsch, dass ich mir in diesem Moment wünschte, in ihrer Nähe zu schlafen?
Merlin, ich sollte dieses Haus so schnell wie möglich verlassen und nie wieder einen Fuß über seine Schwelle setzten.
"Ich gehe heim."
Kurz schien Enttäuschung in Madleines Blick aufzuflackern und fast hätte ich den Entschluss umgestoßen nach Potter Manor zurückzukehren, doch sie hatte ziemlich gute Kontrolle über ihre Gesichtsausdrücke und die Enttäuschung in ihrem Blick verschwand genauso schnell wieder wie sie gekommen war.
"In Ordnung.", meinte sie und stand auf. "Dann sag ich Maman Bescheid, dass sie dir kein Bett beziehen muss."
Ich folgte ihr zurück zur Gesellschaft.
"Was ist mit James?", wollte ich wissen.
"James schläft schon.", kicherte sie. "Er ist total dicht."
In Anbetracht der Diskussion von Damien und James vorhin konnte ich mir das gut vorstellen. Ich grinste.
"Sirius, kommst du mit heim?" Euphemia kam uns entgegen. Ich nickte.
Nachdem wir uns von allen verabschiedet hatten, disapperierte ich mit den Potters. Die Verabschiedung von Madleine war sehr merkwürdig. Keiner von uns wusste, wie wir uns verhalten sollten, bis wir schließlich einfach nur "Bye" sagten.
Am Abend lag ich in meinem Bett und starrte an die Decke. Meine Gedanken kreisten um den Abend. Ich musste zugeben, dass es eines der besten Weihnachtsfeste war, das ich je erlebt hatte. Und dann war da noch Madleine, die sich auch immer wieder vor mein inneres Auge schlich. Als ich gegen fünf Uhr morgens endlich einschlief, beherrschte sie dann mein gesamtes Denken. Zum ersten Mal in meinem Leben träumte ich von einem Mädchen. Zum ersten Mal träumte ich von Madleine de la Fontaine.

 Zum ersten Mal träumte ich von Madleine de la Fontaine

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