Captured - Fehler des Systems

Kapitel 14

Maya

Ich kann die Gefühle nicht beschreiben, welche in meinem Inneren verrückt spielen. Nach der Erinnerung, von der ich insgeheim noch immer hoffe, dass sie nichts als eine unbedeutende Illusion und somit eine Falle der Regierung ist, haben Derek und ich kein Wort mehr miteinander gewechselt. Darüber schien er beinahe erleichterter gewesen zu sein als ich selbst.

Er verwirrt mich. Mehr denn je - allein seine Anwesenheit fühlt sich an, wie ein im Raum stehendes Geheimnis, welches ich nicht lüften kann. Und zusätzlich scheinen alle möglichen Hinweise in direkt greifbarer Nähe - dennoch bin ich nicht in der Lage, das Ganze zu entwirren. Wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll, weiß ich ebenfalls nicht. Noch immer kreisen die Gedanken in meinem Kopf wild umher, ebenso wie die Fragen, die ich mir nach wie vor nicht beantworten kann. Ich habe gedacht, dass es weniger werden, sobald ich ein weiteres Bruchstück meiner vermeintlichen Vergangenheit zurückerlange - doch im Gegenteil, meine Verwirrung wächst beständig.

Derek, schießt es mir durch den Kopf, da ich jetzt wenigstens einen kleinen Anhaltspunkt besitze, wie vertraut dieser Name klingt... Ebenso wie mein eigener, welchen ich nun kenne. Ich liege mit dem Gesicht zur schneeweißen Wand, die mit ihrer kalten Leere ein Ebenbild zu meinem Inneren bildet.

Hätten mich bei den wiederkehrenden Erinnerungen nicht Glücksgefühle überfallen sollen?

Weitere Fragen kommen mir in den Sinn. Wie es sein kann, dass ausgerechnet er mein Pfleger ist. Ist das denn niemandem aufgefallen? Ausgerechnet er, rein zufällig mein früherer Freund... Irritiert halte ich inne. Wären wir immer noch zusammen, wenn wir unsere Erinnerungen noch hätten? Ich beiße mir auf die Unterlippe, als ich an den ersten Flashback zurückdenke. An den Kuss. Welcher mir so unfassbar real vorkam. Beängstigend real. Anders als der Gedanke an Robin, welcher eine beruhigende Wirkung auf mich ausübt, lässt mich der an Derek erschaudern - er ist mit nichts als Ungewissheit verbunden.

Denn wer ist Derek wirklich? Wer bin ich wirklich?

Plötzlich beginne ich mich zu fragen, was wohl passieren würde, wenn ich Robin gegenüber stände. Dem einzigen Menschen, dem ich vertraue und der mir alle Antworten geben könnte, die ich brauche. Und ob das überhaupt jemals passieren wird.

Ich höre, wie Derek durch ein Räuspern probiert, auf sich aufmerksam zu machen und schließe reflexartig die Augen. Obwohl es unreif ist, versuche ich, meine Atmung ruhig und gleichmäßig klingen zu lassen, um das bevorstehende Gespräch mit ihm noch weiter hinauszuzögern.

Derek

"Du kannst mich nicht ewig ignorieren", sage ich mit einer Spur von Verachtung in der Stimme zu ihr.

Die daraufhin den Raum erfüllende Stille ist Mayas Antwort.

Genervt atme ich aus und setze mich ans Bett, darauf bedacht, sie unter keinen Umständen zu berühren. Selbst wenn ich es niemals vor ihr zugeben würde und mich bereits schwer damit tue, es mir selbst einzugestehen... Mir machen diese Erinnerungen Angst. Ebenso wie die Tatsache, dass ein Teil von mir sie als angenehm ansieht. Denkt, dass es selbstverständlich von mir oder meinem früheren Ich gewesen ist, sie zu trösten. Zu beschützen, fügt mein Gewissen hinzu.

Wenn sie tatsächlich einmal ein so wichtiger Teil deines Lebens gewesen ist - wie konntest du zulassen, dass dir diese Erinnerung genommen wird?

Langsam dreht sie sich um und richtet sich auf. Für einen Moment bohren unsere Blicke sich ineinander - es besteht eine unausgesprochene Verbundenheit zwischen uns. Ihre Stimme klingt kratzig, als sie zu sprechen beginnt. "Wir sollten wirklich zusammenarbeiten...", murmelt Maya nachdenklich. Ihre gewittergrauen Augen fixieren mich auf diese analysierende, für sie typische Weise, während sie angespannt auf meine Reaktion wartet. "Willst du damit sagen, dass du mir gerade Recht gibst?", entfährt es mir ungläubig, da ich mit allem, bloß nicht damit gerechnet hätte. Sie zieht die Augenbrauen hoch und holt entnervt Luft.