Kapitel 13

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Derek

Regungslos sitzt das braunhaarige Mädchen auf meinem Bett. Die Sekunde, in der sie über mein Angebot nachdenkt, reicht aus, um mich zum Triumphieren zu bringen. Doch schließlich antwortet sie mit kalter Stimme: "Vergiss es. Ich werde keine weiteren Menschen töten, eher sterbe ich selbst." "Es wären Rebellen, keine Zivilisten."

"Wo liegt der Unterschied? Das sind trotzdem Menschen! Robin ist auch einer der Rebellen!"

"Stimmt", gebe ich missmutig zu, "aber auch nur, weil du ihm keine andere Wahl gelassen hast."

Das Mädchen schnappt vor Empörung nach Luft.

"Wir sind uns ähnlicher als du denkst", sage ich zu ihr und sehe, wie sich eine Maske purer Abscheu über ihr Gesicht legt. "Nein, definitiv nicht. Nicht im Geringsten", widerspricht sie mir mit fester Stimme und schüttelt den braunen Lockenkopf, "ich bin weder arrogant, manipulativ, noch egoistisch."

"Doch, bist du. Vor allem Letzteres."

"Woher willst du...?"

"Du hast gezögert", erinnere ich sie schulterzuckend daran, über ihre Verblüffung lachend.

"Was meinst du?", will sie überrumpelt wissen, scheint allerdings bereits zu ahnen, worauf ich anspiele.

"Bei meinem Angebot. Du hast für einen Moment mit dem Gedanken gespielt, weiterhin Menschen Leid zuzufügen, um deine Erinnerung zurück zu bekommen. Die Tatsache, dass du dabei nach wie vor die Leute umbringst, zu denen dein Robin deinetwegen mittlerweile zählt, war dir dabei doch komplett egal."

Treffer, versenkt.

"Er ist nicht mein Robin", protestiert sie schwach, beinahe schon reflexartig. Als hätte sie diesen Satz bereits zahlreiche Male gesagt. Sie wendet den Blick ab, ihre sturmgrauen Augen scheinen sich zu verdüstern, als sie in ihren Gedanken versinkt. "Außerdem habe ich keinen dieser Morde freiwillig begangen. Genau genommen sind sie deinetwegen passiert." Sie sieht mich wieder an und ihre Stimme schraubt sich schrill in die Höhe: "Es ist allein deine Schuld, dass diese Menschen gestorben sind, ich kann dafür doch nichts!"

Ich betrachte ihre scheinbar kalte Fassade, die zu bröckeln beginnt. Ihr Gesichtsausdruck zeigt deutlich, was für ein Gefühlschaos in ihr vorgeht, in was für einer Verzweiflung sie zu ertrinken droht. Sie hat ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr Zögern richtig gedeutet habe. Weil ich nun weiß, dass sie so gut wie alles tun würde, um ihr Gedächtnis wieder zu heilen - denn diese verlorenen Erinnerungen sind, abgesehen von Robin, das einzig Verbliebene auf dieser Welt, was ihr noch etwas bedeutet.

Und genau deshalb sind sie das perfekte Druckmittel - weil dieses Mädchen kurz davor ist, sogar über Leichen zu gehen, um sich wieder an ihr vorheriges Leben erinnern zu können.

Mit ruhiger Stimme fahre ich fort: "Hör zu. Wir sind beide keine Mörder, es bringt uns jetzt wirklich nichts, Beschuldigungen auszutauschen - davon werden diese Menschen nicht auferstehen."

"Was du nicht sagst", wirft sie sarkastisch ein.

Entnervt fahre ich fort: "Aber wir können etwas an dem Ganzen ändern. Dann werden keine weiteren Menschen sterben und ich werde keine weiteren Aufträge mehr erfüllen, solange ich nicht ganz genau weiß, was hier vor sich geht." Skeptisch zieht sie eine Augenbraue hoch, sagt jedoch nichts. Dass sie mir nicht widerspricht, deute ich als Erlaubnis, um weiter zu reden.

"Wie du siehst, sind wir auf einer Seite und haben dasselbe Ziel. Und wir wissen beide, dass du mich zum Überleben brauchst... also warum arbeiten wir nicht zusammen?"

Captured - Fehler des SystemsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt