Kapitel 18

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Robin

Das braunhaarige Mädchen erstarrt und lässt mich augenblicklich los.

"Was hast du gesagt?"

Ihre Miene nimmt eine Fassungslosigkeit an - als hätte ich sie von mir gestoßen.

Hast du in gewisser Weise ja auch, fügt mein Gewissen hinzu, während ich mir eine viel wichtigere Frage stelle. Die Frage, welche ich vorhin bereits ausgesprochen habe. Wer dieses Mädchen ist. Warum sollte eine normale Rebellin mich umarmen? Mich auf diese Weise ansehen? Als hätten wir uns seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen...

"Hey... tut mir leid", antworte ich hektisch, als ich feststelle, dass ihre ungewöhnlich grauen Augen beginnen, sich mit Tränen füllen. Sofort überkommt mich ein schreckliches Gefühl.

Irgendetwas stimmt hier nicht.

"Woher kennst du mich?", will ich kurz darauf wissen und betrachte sie genauer, beginne, Einzelheiten wahrzunehmen, um sie besser einschätzen zu können. Die grauen, blitzenden Augen sind neben den dunkelbraunen, wilden Locken das allererste, was mir an ihr auffällt. Sie ist hübsch, sieht allerdings nicht sehr gesund aus. Die teils bläulich teils violett schimmernden Ringe unter ihren Augen deuten anklagend an, wie wenig Schlaf sie in der letzten Zeit hatte und ihre Handgelenke sind viel zu dünn - ich komme aus der Arbeiterfraktion, ich sehe täglich ausgehungerte Menschen. Zusätzlich treten ihre Wangenknochen zu stark hervor, noch heftiger als es bei Olivia der Fall ist. Was mich nicht loslässt, ist ihr Blick. Ich habe eine gute Menschenkenntnis, oftmals sogar eine bessere, als ich es mir wünsche. Und dieses Mädchen hat etwas Gehetztes an sich - wie ein Tier, welches viel zu lange in seinem Zwinger gequält worden ist. Zuvor schien es so, als hätte in ihren Augen ein kleiner Funke Hoffnung überlebt, doch nun ist auch dieser spurlos verschwunden.

"Ich weiß nicht mehr, woher wir uns kennen", erwidert sie langsam als Antwort auf meine Frage und ich runzele verwirrt die Stirn, während ich versuche, ihren Worten zu folgen, "aber du bist die einzige Person, die mir helfen kann." Der zweite Teil des Satzes scheint wie von selbst aus ihr herauszukommen und ich spüre, wie tief er mich berührt - obwohl ich beim besten Willen nicht sagen kann, wieso es so ist. Das ist doch absurd. Während ich das Mädchen ansehe, fühle ich mich hilflos. Als hätte irgendetwas gewaltsam eine unnatürliche Lücke in mein Gedächtnis und meine Empfindungen ihr gegenüber gerissen. Es fühlt sich kalt an. Leer.

"Okay, hör zu...", beginne ich und halte inne. "Maya", stellt sie sich murmelnd vor.

"Maya", fahre ich fort, dankbar, dass ich sie nicht direkt nach ihrem Namen fragen musste, "es tut mir wirklich leid... Hier muss eine Verwechslung vorliegen." "Nein!", unterbricht sie mich heftig und glitzernde Tränen beginnen, an ihren Wangen herunterzulaufen, "Ich weiß, dass du es bist! Ich erinnere mich seit über drei Monaten an nichts, nur an dich! Du bist Robin. Du... Du warst mein Anker, mein Anhaltspunkt..." Sie beginnt stärker zu zittern, während ich mich immer mieser fühle. "Du bist die einzige Person, die mir helfen kann." Ich presse meine Lippen zusammen, als ich merke, wie verzweifelt sie diesen Satz wiederholt. Gleichzeitig verwirrt mich all das nur noch viel mehr. Ratlos sehe ich dabei zu, wie ihr immer mehr Tränen die Wangen herunter laufen. Ich atme hörbar aus und fahre mir durch meine hellbraunen, ohnehin bereits verwuschelten Haare, da ich nicht weiß, wie ich diese mir surreal erscheinende Situation lösen soll. Schließlich blicke ich neben mich, zu Liv. Doch diese schläft noch immer tief und fest.

Etwas in mir schreit, versucht an die Oberfläche meines Gedächtnisses zu gelangen, doch es funktioniert nicht. Als hätte man alle Fäden, welche ich zusammenzuführen versuchte, um ein Muster zu erkennen, mit einem einzigen Ruck zertrennt. Verärgert durch meinen offenbar überaus mitleidigen Blick presst Maya die Zähne aufeinander.

Captured - Fehler des SystemsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt