Kapitel 9

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Maya

Noch immer blickt mich der schwarzhaarige Junge stumm an.

Obwohl er Schwierigkeiten damit hat, aufrecht zu stehen, funkeln seine grünen Augen auf eine belustigte, trotzende Weise. Als würde er die gesamte Situation und meine Bemühungen, möglichst skrupellos und bedrohlich zu wirken, lachhaft finden.

Mit einer Boshaftigkeit, die ich von mir selbst nicht kenne, erhöhe ich den Druck auf der Nadel.

„Antworte mir!", fahre ich ihn an.

Selbst wenn er erst aufgrund des stechenden Schmerzes zusammenzuckt, umspielt kurz darauf ein spöttisches Lächeln seine Lippen. „Die Tür lässt sich nur mit meinem Mikrochip öffnen. Angenommen du bringst mich irgendwie dazu, sie aufzumachen... was dann?"

Er hebt herausfordernd eine Augenbraue. „Alle Gänge sind überwacht - es gibt keinen Fehler im System."

„Jedes System hat einen Fehler", schieße ich automatisch zurück und mir ist ebenso klar wie ihm, dass pure Verzweiflung aus mir spricht. Ich klammere mich mit aller Kraft an das letzte bisschen Hoffnung, welches ich in meinem Inneren auffinden kann. Viel zu lange bin ich eingesperrt gewesen - das hier ist vermutlich meine einzige Möglichkeit, um jemals aus diesem trostlosen Gefängnis auszubrechen. Meine einzige Möglichkeit, Robin jemals wiederzusehen. Herauszufinden, wer ich bin und warum sie mich festhalten.

„Okay, wie lautet denn dein diabolischer Masterplan? Meine Sympathie erwecken, indem du mir eine Nadel in den Bauch jagst und dann feststellst, dass du mich brauchst? Sehr gut durchdacht", spottet er weiterhin.

„Halt die Klappe", zische ich, schließe für einen Moment entnervt die Augen und nestele anschließend an seinem Armband herum, um den Mikrochip anzuschalten. „Du kannst ihn eh nicht bedienen", meint er schulterzuckend und ich bin kurz davor, ihm erneut eine zu scheuern.

Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde. Die Tatsache, dass er so arrogant ist oder die Tatsache, dass er auch noch Recht hat und sich dessen durchaus bewusst ist.

Stirnrunzelnd drücke ich auf dem Mikrochip herum und bin kurz davor, ihm das Ding abzureißen und gegen die Wand zu werfen. Kein Hologramm leuchtet auf. Sein Chip, mein einziger Ausweg, ist verschlüsselt. Das hätte ich mir denken können...

Die Gewissheit darüber, wie aussichtslos meine Lage ist, treibt mir fast Tränen in die Augen.

"Sag mir, wie ich die Tür aufmachen kann", fordere ich den Jungen mit fester Stimme auf. Kurz wirft er einen Blick auf den Mikrochip an seinem Handgelenk, welchen ich umklammert halte. Er scheint seine Möglichkeiten abzuwiegen. Als er sich dann lächelnd abwendet, muss ich innerlich mit mir ringen, um ruhig zu bleiben. Frustriert atme ich durch.

Ganz ruhig. Du schaffst das. Du kommst hier wieder raus.

„Was hast du schon gegen mich in der Hand? Womit willst du mir drohen? Mit dem Tod?", fragt der schwarzhaarige Junge provozierend und obwohl er mit dem Rücken zu mir steht, weiß ich, dass er sein selbstgefälliges Grinsen wieder aufgesetzt hat, "Ich habe keine Angst davor, zu sterben."

Ich antworte ihm nicht.

Er dreht mir wieder sein Gesicht zu, tritt näher an mich heran und beugt sich zu mir herab. „Töte mich doch, gleich hier und jetzt", flüstert er dicht an meinem Ohr und lächelt spielerisch, „und dann sieh zu, wie du hier ohne meine Hilfe wieder raus kommst..."

Meine Verzweiflung und meine Wut siegen über meinen gesunden Menschenverstand. Ich sehe Belustigung in seinen grünen Augen aufleuchten, als ich ihn erneut zornig gegen die Wand drücke.

Captured - Fehler des SystemsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt