Kapitel 16

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Maya

Derek beobachtet mich äußerst skeptisch, während ich mich langsam auf das Bett setze. Die von ihm ausgehende Nervosität ist förmlich spürbar. "Was genau hast du beim letzten Mal gemacht?", will er wissen, darum bemüht, möglichst neutral zu wirken.

Ich beiße mir auf die Lippe und wünsche mir, eine beruhigendere Antwort parat zu haben. Normalerweise bin eine gute Lügnerin...  "Ich weiß es nicht", erwidere ich schließlich ehrlich, mit einem leisen Seufzer. Er stößt ein missbilligendes Schnauben aus.

"Ich halte das nach wie vor für keine gute Idee", vernehme ich seine Stimme.

"Und mich interessiert nach wie vor nicht, was du davon hältst", gebe ich zurück.

"Charmant wie immer", höre ich ihn mit einem Lachen murmeln, beschließe jedoch, Derek zu ignorieren. Ich spüre ein Glühen, welches von dem Medaillon ausgeht und sich regelmäßig pulsierend in meinem Körper auszubreiten scheint. Der Gedanke, welcher sich bereits länger in meinem Hinterkopf versteckt gehalten hat, beginnt langsam, mehr und mehr Gestalt anzunehmen.

"Vertrau mir einfach, ich hab eine Idee", sage ich mit fester Stimme.

Olivia

"Robin muss jetzt mit Nathaniel reden", stellt die Rothaarige mit einem Ton klar, welcher keine Widerrede duldet und deutet ihm an, ihr zu folgen. Scheint so, als wäre sie es gewohnt, andere herumzukommandieren, schießt es mir durch den Kopf und es erinnert mich an meine Schulzeit, in der ich diejenige gewesen bin, für die alle anderen die Arbeit erledigt haben.

"Robin muss gar nichts", entfährt es mir scharf und zum ersten Mal sieht dieses Mädchen mich richtig an. Ihre smaragdgrünen Augen blitzen belustigt auf, woraufhin sie mich stark an meinen Bruder erinnert. Mit der selbstbewussten, arroganten Art, die bereits ausstrahlt, dass nur ihre eigene Meinung für sie zählt. Ich werfe einen Seitenblick zu Robin, welcher nicht aussieht, als würde ihm ihr befehlshaberischer Tonfall etwas ausmachen. Sein Gesicht ist ausdrucklos, kommt mir beinahe etwas zu blass vor. Aaron, dem das ebenfalls aufzufallen scheint, tritt besorgt näher an Robin heran.

"Alles okay?", will er an ihn gewandt wissen. Anstelle einer Antwort taumelt Robin. Aaron und ich stürzen zu ihm hin, als seine Füße schließlich ganz nachgeben.

"Was passiert mit ihm?", rufe ich entsetzt, als seine Lider zu flattern beginnen und sein Blick merkwürdig glasig wird. "Aaron, leg ihn auf den Tisch", weist die Rothaarige Aaron an, welcher sich augenblicklich Robins Arm um die Schulter legt und ihn stützt, ehe er ihn mit einer Leichtigkeit hochhebt und auf einen der um uns herum stehenden Tische niederlässt. Ich beginne mich zu fragen, wer Aaron die ganze Zeit über gewesen ist, während ich ihn für einen Langweiler aus unserer Fraktion gehalten habe. Währenddessen lässt das Mädchen ihr flammenartiges Tattoo von einem der in der Wand eingebauten Sensoren einscannen. Mehrere Schubladen fahren aus den Wänden hervor, gefüllt mit zahlreichen Arzneien und Verbänden. Ich komme mir auf einen Schlag unfassbar nutzlos vor, als ich sehe, wie professionell Aaron und das Mädchen zusammenarbeiten, um erst Robins Wunde zu versorgen und anschließend seinen Puls zu messen. Mir kommt es vor, als würden sie das jeden Tag erledigen. Als sie sich gegenseitig etwas zurufen, schnappe ich den Namen der Rothaarigen auf.

Kylie. Ich runzele die Stirn, da mir dieser Name eine Geschichte in Erinnerung ruft, die sich vor ungefähr acht Jahren abgespielt haben muss...

"Olivia", reißt Aaron mich aus meiner Starre, "halt seinen Arm fest." Zitternd gehorche ich und lege meine Hände auf Robins Unterarm, darauf bedacht, in sein regloses, mittlerweile viel zu blasses Gesicht und nicht auf die blutende Schnittwunde an seinem Handgelenk zu schauen. "Alles wird gut", flüstere ich, mehr, um mich selbst zu beruhigen. Behutsam fahre ich mit den Fingerkuppen über sein Tattoo, welches einen starken Kontrast zu seiner nun fahl wirkenden Haut darstellt. "Du wirst wieder aufwachen, hörst du? Du musst."

Captured - Fehler des SystemsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt