Prolog - Ein Mädchen überlebt und verschwindet

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31.Oktober 1981

Heute kennt wohl jeder die Geschichte, wie am 31.Oktober 1981 der dunkle Lord die Potters ermordete. Jeder weiß, dass Harry James Potter den Todesfluch überlebte - aber seine Eltern starben. Nur die wenigsten wussten damals, dass die Potters zwei Kinder hatten. Sie war exakt 8 Minuten älter als er und charakterlich hätten die beiden Potter-Kinder kaum unterschiedlicher sein können. Ihr Name war Celia Lily Potter. Sie hatte rotes Haar, ganz wie ihre Mutter, und dunkle Augen, ganz der Vater. Sie war ein aufgewecktes und lautes Kind, das die Welt mit viel Neugier sah. Und in jener schicksalhaften Nacht des Halloweens 1981 wurden die Potters verraten. Einzig durch diesen Verrat schaffte der dunkle Lord es, diese bis dahin glückliche kleine Familie zu zerstören. Es war Lily und James schwer gefallen, sich in all dem Leid des Kriegs ein kleines warmes Licht der Hoffnung zu schaffen doch eben jenes Licht erlosch in jener Nacht. Doch was geschah, nachdem seine Macht zerflossen war und Lily und James tot waren? Als die Macht des dunklen Lords in sich zusammenfiel, ließ die dunkle Magie die Umgebung in Godrics Hollow, dem kleinen Dorf, in dem die Potters lebten, erzittern. Die Wände des Hauses bebten, die Scheiben borsten und ein Teil des Daches stürzte ein. Wie durch ein Wunder überlebten die Zwillinge. Der dunkle Lord hatte kaum die Flucht ergriffen, da erschien eine Gestalt am Eingang zum verwüsteten Garten der Potters. Die Gestalt sah voller Schrecken auf das zerstört Haus und wäre gern selbst ebenfalls direkt wieder geflohen. Aber in dem Moment, in dem sie die feste Gewissheit über die Situation hatte, fasste jene Gestalt einen Entschluss. Sie hatte ein Kind vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren, obwohl man es ihr ausgeredet hatte. Jene schattenhafte Gestalt, welche eine zierliche Frau war, lief panisch auf das Haus zu, in welchem sie noch am Vortag Tee getrunken und gelacht hatte. Die Wärme und Liebe hatten das Haus verlassen, genau wie ihre guten Freunde Lily und James das Reich der Lebenden verlassen hatten. Sie konnte die noch immer herrschende Präsenz der schwarzen Magie fühlen und es schauderte sie. Doch ihr Entschluss stand fest. In ihrem Inneren machte sich bereits eine grausige Gewissheit breit und diese zwang sie dazu, das zu tun, was Dumbledore ihr hatte ausreden wollen. Ihr schwarzer Umhang wirkte im kühlen Wind der Herbstnacht ihr wie eine düstere Wolke, als sie stürmisch über die Schwelle des Hauses trat. Die Wände hatten tiefe Risse bekommen, die Fenster ließen nun die kalte Nachtluft ins Haus und Dunkelheit hatte sich über dieses traute Heim gelegt. Als sie auf die erste Stufe der Treppe trat sah sie bereits den Schatten am oberen Ende der Treppe. Als sie oben angekommen war atmete sie tief durch und kämpfte gegen die Tränen, von denen sich letztendlich doch noch eine befreite. Vor ihr lag der Mann, der ihr ein langjähriger Freund gewesen war. Seine braunen Augen blickten nun ohne jede Freude und ohne jedes Leben ins Leere und ließen sie erschaudern. James Potter. Die runde Brille lag zerbrochen unweit von ihm am Boden, ebenso wie sein Zauberstab. Sie starrte hinab auf das verstrubbelte schwarze Haar und ihr wurde zum ersten Mal bewusst, wie leer ihr Leben ohne James gewesen wäre. Seine Scherze, und auch die von Sirius, hatten sie zwar stets in den Wahnsinn getrieben aber gewiss wäre es in Hogwarts viel zu langweilig geworden ohne die beiden. Bei dem Gedanken an Sirius schnaubte sie verächtlich, denn sie wusste wessen Schuld das hier wohl sein musste. Die Trauer wollte der Wut weichen, allerdings dachte sie an die Kinder und schluckte. Sie bückte sich und schloss ihrem alten Freund die Augen - das war das Letzte was sie für ihn tun konnte. Wacklig richtete sie sich wieder gerade auf und schritt den engen Flur entlang. Sie konnte bereits die zerstörten Wände des Kinderzimmers sehen und auch der Schatten, der in der Tür lag. Die roten Haare leuchteten selbst in dieser Finsternis und hatten sich wie ein Schleier um ihre beste Freundin ausgebreitet. Lily. Leise sank die Frau auf die Knie, denn sie konnte die Tränen nicht weiter zurückhalten. Diese wunderschönen grünen Augen, deren Farbe stets ihresgleichen gesucht hatte, hatten ihren Glanz verloren und bei dem starrenden und leblosen Blick wurde ihr eiskalt. Nun geschah auch noch das, was sie versucht hatte zu unterdrücken: sie spürte wie ihre Haare sich schlagartig schwarz färbten. Sie hatte versucht es zu unterdrücken und ihre Fähigkeiten von ihren Gefühlen abgeschottet, aber es hatte nicht geklappt. Als Metamorphmagus war es schwer, seine tiefsten Gefühle vor der Welt zu verbergen. Sie schloss auch Lily die Augen, jedoch nicht ohne ein letztes Mal die Farbe einzufangen. Und dann spürte sie, wie ihre Augen die Farbe ihrer Vorbilder annahmen und sie schwor sich diese Farbe nie wieder zu ändern, denn zum einen hatte sie sich endlich einen Erfolg abgerungen und zum anderen würde sie ihre beste Freundin niemals ganz verlieren. Ihr Atem ging schnell und flach, aber sie musste sich beeilen. Das Herz schlug panisch bis zum Hals. Sie schluckte und spürte ihren trockenen Hals, fast wäre sie versucht gewesen zu husten. Allerdings hörte sie jemanden aus Richtung der Haustür und sie hatte nicht vor heraus zu finden, wer es war. Sie erhob sich und mit wackligen Schritten betrat die das Kinderzimmer. Harry saß wie erstarrt da, den Blick stumm auf seine leblose Mutter gerichtet. Das Bett der kleinen Celia war umgestoßen und sie befürchtete bereits das Schlimmste. Sie durchwühlte den Berg an Stofftieren und Kissen, und fand sie schließlich. Der linke Ärmel ihres Schlafanzuges war zerrissen und eine lange rote Linie, stark geformt wie ein Blitz, zog sich über den Oberarm des Mädchens. Sie hob sie sanft in ihre Arme und blickte in die vertrauten braunen Augen. Mit einem letzten Blick auf Harry, auf dessen Stirn über den grünen Augen seiner Mutter ebenfalls eine blitzförmige Linie war, wandte sie sich ab. Sie hörte die Schritte, die kurz vor dem Kinderzimmer ins Stolpern gerieten. Und als sie die dunkle Gestalt sah, die vor Lily zusammensackte und begann zu weinen war sie sich sicher: es war Severus ‚Schniefelus' Snape. Celias Pate, alter Schulfreund und auch Feind. Mit einem verächtlichen Blick auf ihn disapparierte sie und verschwand ins Ungewisse.

Snape dagegen blieb nicht viel Zeit, das war ihm klar. Doch der Schmerz zeriss ihm das Herz. Jahrelang hatten er und Lily nicht reden können, hatten sich gemieden. Schließlich war sie es gewesen, die mit ihm hatte reden wollen. Sie hatte gewusst, wie er für sie empfand. Und statt ihn zu verstoßen, hatte sie ihn eingeladen, Teil ihrer kleinen Familie zu sein. Teil ihres Glücks. Potter war ihm zuwider gewesen, doch Lily liebte ihn und das hatte er akzeptieren müssen. Man konnte sich eine Niederlage nicht schön reden doch man konnte nehmen, was man bekam. Innerlich er fing sich schließlich und raffte sich auf. Er warf einen Blick in das verwüstete Kinderzimmer und entdeckte Harry, ihren Sohn. Für ihn war er ein Abbild seiner Liebe aber auch das, was er verloren hatte. Das Bett neben ihm war umgefallen und sofort dachte er an Celia, seine Patentochter. Lily hatte es sich so sehr gewünscht. Er trat in das kleine Zimmer und suchte den Berg von Plüschtieren ab, doch sie war fort. Mit Schrecken in den Augen disapparierte auch er, ohne zu wissen, dass jemand die Kleine bereits geholt hatte um sie zu schützen - vor ihm. Er hätte nicht dorthin kommen sollen, das wusste er. Aber ohne Lily schien alles so leer, auch wenn sie sich so lange zerstritten hatten. Doch er hatte sie immer geliebt und er wünschte, dass er es ihr gesagt hätte, statt ihr die stumme Gewissheit zu lassen. Doch nun war alles zu spät und er hatte nicht einmal mehr Celia.

Kurz darauf betrat ein großer Mann mit struppigem Bart das in Teilen zerstörte Haus. Er blieb stark beim Anblick von Lily und James, denn seine Aufgabe war wichtig. Auch wenn dicke Tränen in den struppigen Bart liefen, schritt er voran. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er die Gefühle beiseite schob und sich auf etwas wichtigeres konzentrierte. Rubeus Hagrid war schon immer eher emotional gewesen und viele hielten ihn aufgrund seiner Mutter für gefährlich und aufgrund seiner Liebe und seinem Interesse zu magischen Geschöpfen für wahnsinnig. Als er sich durch den Türrahmen ins Kinderzimmer quetschte, erblickte er sofort Harry, der stumm auf seine Mutter blickte. Er hob den kleinen Jungen aus seinem Bett und durchsuchte den unordentlichen Haufen an Plüschtieren des umgefallenen anderen Bettes, fand jedoch keine Spur von Celia. Das würde Professor Dumbledore gewiss nicht gefallen, das wusste er. Doch er musste den Kleinen hier schnellstens wegschaffen, der Professor hatte vermutlich längst einen Plan für einen solchen Fall. Hagrid machte sich mit Harry im Arm auf den Weg nach draußen und wickelte ihn ungelenk in eine Decke, die er vom Boden des Kinderzimmer geklaubt hatte. Er schob sich gerade durch das Gartentor, als ihm eine Gestalt entgegen geeilt kam. Es war kein geringerer, als Sirius Black. „Hagrid! Du hast Harry!" sagte er und blickte auf den rasch eingeschlafenen Jungen in den Armen des Halbriesen. „Gib ihn mir, er muss hier weg!" sagte er und blickte besorgt auf den Sohn seines besten Freundes „Warte. Wo ist Celia?" fragte er kurz darauf. „Tut mir Leid, Black. Aber ich hab strenge Anweisung von Dumbledore." Sagte er pflichtbewusst. „Un wo die Kleine ist, weiß ich nich! Sie is weg. Scheint geholt worden zu sein...hoffen wirs mal." fügte er hinzu. Sirius schüttelte verzweifelt den Kopf. Er hatte so eine Ahnung, wer die Kleine geholt haben könnte. „Nimm mein Motorrad und schaff ihn hier weg!" sagte er schließlich. Hagrid sah sein Gegenüber überrascht an. Das Motorrad war Black quasi heilig. Doch er bedankte sich kurz angebunden und machte, dass er Harry in Sicherheit brachte.

Als Hagrid verschwunden war, sah Sirius nur paralysiert auf das zerstörte Haus und wusste, dass es seine Schuld war. In ihm kochten blanke Wut und Hass. Er wusste, wer dafür verantwortlich war. Und er wusste auch, dass dieses Debakel in Teilen seine Schuld war. Er würde den Schuldigen suchen und zur Rechenschaft ziehen, das war klar. Und was Celia betraf, so würde er auch nach ihr suchen müssen. Er würde nach beiden suchen, denn er ahnte was SIE getan hatte. Er hatte ihr seine Rolle anvertraut, aber nicht diesen elendigen Tausch. Am liebsten hätte er laut geflucht, denn er hatte gerade nicht nur seine besten Freunde, sondern vermutlich auch die Liebe seines Lebens für immer verloren. Doch was war ihm nun wichtiger? Den wahren Schuldigen finden oder seine Frau von einem großen Fehler abhalten? Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich erst an die Fersen dieses Verräters zu heften, den er so lange einen Freund genannt hatte. In ihm schien alles zerstört, und Sirius hatte bis jetzt keinen Plan, wie er das alles wieder heil kriegen sollte.

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Splitternde WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt