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And the lights, turn them off my friend. And the ghosts, well just let them in. Cause in the dark it's easier to see.

Ich lag im Bett und schaute mich in meinem Zimmer um. Den restlichen Tag hatte ich mit auspacken und das Zimmer einrichten verbracht. Leo half mir zwar, doch ich war immer noch nicht fertig. Deshalb standen überall noch Umzugskartons rum und Gegenstände lagen wahllos verteilt auf dem Boden.

Seufzend knipste ich das Licht aus.
Da würde noch viel Arbeit auf mich zu kommen!

Ich drehte mich auf die Seite und schloss die Augen.
Gedanken jagten durch meinen Kopf und hinderten mich am Schlafen.
Unruhig drehte ich mich auf den Rücken und starrte nach oben an die Decke.

Doch der Schlaf wollte mich einfach nicht einholen.
Ich drehte mich wieder auf die andere Seite.

So verging Stunde um Stunde.

Noch immer lag ich wach im Bett und starrte jetzt an die Decke. Mein Wecker zeigte in roten Leuchtziffern 4:47 Uhr an. Schon langsam fiel das erste Licht in mein Zimmer, sodass ich die Silhouetten der Gegenstände ausmachen konnte.

Ich drehte mich wieder um und schaute an die Wand. Jetzt fühlte ich mich eingeengt, weshalb ich mich wieder umdrehte.
Die Silhouetten schienen langsam auf mich zuzukommen.

Verdammt Lou, du wirst noch verrückt!

Ich drehte mich hektisch auf den Rücken, schloss die Augen und versuchte ruhig zu atmen. Doch mir war viel zu heiß unter meiner dicken Decke. Ich schlug sie zur Seite und drehte mich wieder zur Wand.

Es war ungewohnt die Wand zu meiner Rechten zu haben, nicht wie in meinem Jugendzimmer links oder wie in meiner alten Wohnung ganz ohne Wand.

Ich wälzte mich weiterhin unruhig hin und her. Es war jetzt zehn nach fünf und ich hatte die gesamte Nacht nicht ein einziges Mal die Augen zugemacht. Was sollte das nur morgen werden?

Leise öffnete ich die Türe und trat hinaus auf den dunklen Flur. Ich tastete mich vorsichtig an der Wand entlang zur Küche, damit ich niemanden aufweckte.

Ich drehte mich um und hätte beinahe das Glas in meiner Hand fallen gelassen. Vor mir stand Jim und schaute mich einfach nur an.

„Was machst du denn hier?", zischte ich ihn leise an.

„Ich feier ne Party", entgegnete er. Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
„Bist du eigentlich wirklich so blöd oder tust du einfach nur so?"

Ich stieß ein leises verächtliches Lachen aus und meinte dann: „Du hast mich erschreckt. Verzieh dich."

Ungläubig blickte er mich an. Er schob sich an mir vorbei, nahm ein Glas aus dem Schrank und füllte es mit Wasser. Dann trank er einen Schluck und schaute aus dem Fenster hinaus.

„Schätzchen, das hier ist meine Küche und du bist hier nur, weil Leo einen Narren an dir gefressen hat. Also verzieh du dich doch lieber. Denn ich könnte dich genauso gut fragen, was du hier machst, doch da das - zumindest für mich - offensichtlich ist, lasse ich das und mache mein Ding hier. Also lass mich bloß in Ruhe."
Mit diesen Worten drehte er sich zu mir um, lehnte sich an die Anrichte und schaute mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

Ich spürte, wie das Blut in meine Ohren schoss. Es war wirklich offensichtlich, was Jim hier machte, aber was er hier zu mir gesagt hatte, war mehr als nur unhöflich.

Ich nahm mir Zeit, ihn genau anzuschauen. Seine schwarzen dicken Haare waren verstrubbelt und hingen ihm leicht ins Gesicht. Was ihm aber eindeutig stand. Die Arme vor der Brust verschränkt lehnte er lässig an der Theke. In Zusammenhang mit der hochgezogenen Augenbraue sah das sehr überheblich und arrogant aus. Aber auch cool. Zu cool für mich. Ich fühlte mich wie der letzte Bauerntrampel.

Mein Blick wanderte weiter nach unten und blieb bei seinem nacktem Oberkörper hängen. Sabbernd bestaunte ich seine Bauchmuskeln.
Er hatte nur eine enge Boxershorts an, bei der man nicht einmal mehr Fantasie benötigte.
Mein Kopf wurde, wenn möglich, noch röter.

Seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Ja ich weiß, dass ich heiß bin, im Gegensatz zu dir schon ein Gott, aber hör bitte auf zu starren. Das ist unangenehm, wenn es von dir kommt."

Empört schnaubte ich auf und sah an mir herunter.
Gut, bei Germany's next Topmodel konnte ich so nicht mitmachen, mit meinem abgesplitterten Zehennagellack, dem zerstrubbelten Dutt auf meinem Kopf und dem übergroßen Hard Rock Cafe T-Shirt aus Mallorca von meinem Bruder, unter dem ich nichts mehr anhatte. Peinlich. Wahrscheinlich war meine Wimperntusche auch noch über mein ganzes Gesicht verschmiert, weil ich am Abend keine Lust hatte, mich abzuschminken.

Ich stand also wie der letzte Penner vor dem wohl heißesten Typen der Stadt. Willkommen in meiner Welt!
Ich wollte gerade zu einer pampigen Antwort ansetzen, da drehte Jim sich um und sagte noch leise:

„Gute Nacht. Und... Sorry."

Verblüfft stand ich an der Theke und schaute ihm hinterher, wie er in der Dunkelheit verschwand.
Nach einer Weile setzte ich mich an den Küchentisch und starrte ratlos in das Wasserglas.

Er war so ein Rätsel. Erst war er unfreundlich, asozial, und ein richtiger Rüpel. Dann verteidigte er mich vor meinem Exfreund und nannte mich ein sowohl äußerlich als auch innerlich wunderschönes Mädchen.
Aber dann verhielt er sich wieder wie der letzte Neandertaler auf Erden. Behandelte mich wie Dreck.
Und kurz darauf entschuldigte er sich deshalb bei mir. Zwar leise, aber immerhin.
Jim, wer bist du? Was denkst du? Und vor allem wie denkst und fühlst du?

Ich musste es mir eingestehen: ich war eindeutig überfordert mit diesem Typ. Er machte es mir so schwer, ihn zu lesen, ihn zu verstehen, ja auch mich in ihn hereinzuversetzen.

Doch Jim war ja nicht das einzige, was mich beschäftigte und mir den Schlaf raubte. Auch wenn ich tagsüber kaum etwas davon merkte, setzte es mir ganz schön zu, dass Jayden mich betrogen hatte. Jayden, mein bester Freund. Mein Bruder. Mein Freund. Mein Seelenverwandter. Dachte ich zumindest. Doch offensichtlich war ihm unsere jahrelange Freundschaft und die darauffolgende Beziehung nichts wert.

Natürlich tut dieser Gedanke weh. Es schmerzte so sehr, ihn zu verlieren. Tagsüber war dieses Gefühl fast verschwunden. Ich spürte davon nichts, denn ich war so beschäftigt mit den Veränderungen in meinem Leben.

Aber wie sagt man so schön? Nachts kriechen die Gespenster unter deinem Bett hervor?

Früher habe ich darüber gelacht. Wer glaubt denn schon noch an Gespenster und Dämonen? Wer hat denn noch in unserem Alter Angst vor der Dunkelheit?

Heute weiß ich, es sind nicht nur solche Gespenster, sondern auch die Gespenster unserer Gedanken. Unsere negativen Erlebnisse, die wir nachts verarbeiten, weil wir tagsüber keine Zeit dafür haben. Und manchmal sind diese Gespenster auch die nackte, ungeschminkte Wahrheit.

Mein Kopf wurde langsam schwerer, meine Augenlider fielen zu und ich bettete meinen Kopf auf meinen Armen auf dem Tisch.

Das letzte was ich merkte war, wie mich jemand hochhob, in mein Bett legte und mir sanft einen Kuss auf die Stirn gab. Dann war ich vollkommen weg.

* * *
Auf meinem Spotifyprofil juuleeeez ist jetzt auch eine Club 27 Playlist 😏

The Club 27Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt