Anziehung

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Würde ich noch essen, hätte ich mich sicherlich an den Nudeln verschluckt, sie hätten wie ein Strick meinen Gaumen umschlugen und ich hätte nach Luft gerungen. So blieb die Spaghettifolter aus und ich rang nur nach Luft, hier Schlafen? Natürlich war mir bewusst, dass es schon spät war, es hatte auf den Weg zu ihr ja schon gedämmert gehabt, doch mit einem Übernachtungsangebot hatte ich nicht gerechnet. Ich war es gewohnt auf meinem Rausch nach Hause zu laufen, wanken, tanzen, doch wo anders schlafen?

Cara blickte mich erwartungsvoll an, wartend auf meine Antwort, die wiedermal merkwürdig ausfiel. Wäre mein Gehirn nicht ständig im Panikmodus, wenn ich in zwischenmenschliche Situation schlitterte, würde ich mich sicherlich gescheiter ausdrücken. ,,Auf dem grünen Sofa?" das Grün betonte ich, weil ich die stechende Farbe gleich vor dem geistigen Auge hatte. Sie lachte, ich zog verwirrt die Augenbraue hoch, doch sie erklärte sich nicht, sondern meinte ,,Nein, Gott, das schon so alt, du bräuchtest morgen ein Kosettt für deinen Rücken. Ich dachte du kannst bei mir mit im Bett schlafen" den letzten Satz brachte sie leiser hervor, war sie unsicher? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Als sie über das Kosett sprach, hatte ich noch geschmunzelt, doch nachdem die Bedeutung, sowie ihre folgende Wörter zu mir durch drangen, wusste ich gar nicht mehr welche Körperreaktion ich als erstes an mir beobachten konnte.

Der sich beschleunigende bis in meinem Kopf und Bauch ausstrahlenden Puls, die aufsteigende Hitze, der Schweißfilm der sich wie ein sanftes Seidentuch über meine Haute legte, die tiefe Röte die sich daurch einfand in meinem Gesicht oder die auftretende Sprachfindungsstörung, die wohl schon bestand, mich aber jetzt völlig beherrschte. Sie selber blickte mich diesmal nicht an, sie schielte auf ihr Weinglas und ich war mir sicher eine Röte auch bei ihr wiederzufinden, wollte sie mich bei sich haben? Wäre das nicht wahnsinnig, aber gab es nicht zwischen Menschen diese sofort eintretene Anziehung? Anziehung?

Mir brummte der Kopf, ich wusste nicht wohin mit dem ganzen, aber ich wusste auch, dass ich mich jetzt etwas konzentrieren sollte. Ich konnte mich auch später, morgen, irgendwann, damit auseinandersetzen. Noch ein Schluck Wein fand den Weg hinab vom Munde zum Magen, bevor ich meinte ,,Schon, gern, aber.. Ich schlafe oft unruhig" wahnte ich vor, ich malte mir aus, wie ich sie versehentlich in der Nacht schlug oder schlimmer aus dem Bett beförderte, es war amüsant, wäre aber auch recht unangenehm und nicht gerade schmeichelhaft für mich. Nun lenken ihre Augen fort von ihrem Glas, blickten zu mir, schweigend wie ich es so eben noch war. Ich schluckte schwer, fiel mir auf, wie hübsch sie doch war. ,,Das überleb ich schon" Sie schenkte mir ein Lächeln, ein Hauch überspielte Unsicherheit lag darin, doch hauptsächlich war es Zuversicht.

,,Okay" meinte ich nur, nicht wissend, ob sie diese Spannung auch spürte, nicht wissend, ob ich mir was einbildete, nicht wissend, was ich überhaupt wollte. ,,Okay" kam es auch von ihr, was mich überrascht, ob sie wohl auch so verwirrt war? Ob es für sie nur ein Akt der Höflichkeit war, ein Akt des Mitgefühls? Oder, nein, was sollte sie in mir sehen, und war sie nicht eben aus einer Beziehung gekommen, da, doch das Herz begehrt was es nunmal begehrt, flüsterte etwas in meinem Hinterkopf. Ich seufzte schwer und fragte nachdem, was mich immer beruhigte ,,Kann ich hier irgendwo kiffen oder muss ich raus, ohne schlafe ich nicht" unsicher fuhr ich mir dabei durchs Haar, eine Angewohnheit die ich vor ein paar Jahren entwickelte und noch immer nicht abgelegt hatte. Wieder eine Schieflage des Kopfes ihrerseits, ein langes intensives Mustern unter dem ich ein Stück kleiner wurde.

,,Du kannst hier rauchen, stört mich nicht" war ihre Antwort, ich blickte ihr noch einen Moment in die Augen, es stört mich nicht, war eine seltene Aussage. Ich suchte nach unterdrücktem Ekel, nach Abneigung, nach Sorge, etwas das dagegen sprach, doch ich fand nichts und entschied mich dafür mich verbal nochmals zu versichern ,,Wirklich?". Sie lächelte sanft, wie gestern, heute, wie spät es denn nun sei, und mein Herz machte einen Hüpfer ,,Ja, wirklich" ich lächelte dankend zurück. Noch ein Schluck Wein, bevor ich mich erhob, um meine Jacke aus dem Wohnzimmer zu holen, in dem grünen Raum atemte ich einmal tief ein und aus. Ließ in der Schnelle die Ergebnisse seit dem Morgen durch mein Kopf rasen, das fremde erwachen war ja schon eine heftige Sache, eine überraschende noch dazu. Marko und seine pulsierende Halsschlagader, die Fluchtreaktion die bei Lauren einsetzte, ohje, Lauren.

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