Zwölf

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ZWÖLF

„Dr. Clark, wissen Sie was mit Sophia King los ist? Sie hat mir eben gesagt, dass sie doch nicht hier anfangen will zu arbeiten", sagt er und sieht mich fragend an.

„Nehmen Sie das bitte nicht allzu ernst. Ihr geht der Tod von Lola sehr nahe. Ich kümmere mich darum", gebe ich bekannt.

Ich habe Glück, dass ich Sophia noch auf dem Parkplatz antreffe. Ihr Gesicht ist tränenüberströmt.

„Hey, so fährst du mir nicht", sage ich streng und nehme ihr die Schlüssel ab. „Setz dich ins Auto. Ich fahre dich".

-SOPHIA-

Als wir in meiner Wohnung ankommen, habe ich noch immer nicht wirklich verarbeitet was mir Svenja an den Kopf geworfen hat. Sie hat mir unterschwellig klar gemacht, dass ich wirklich an Lolas Suizid schuld bin. Meine Entscheidung meinen Traumberuf an der Nagel zu hängen, bevor er überhaupt begonnen hat, steht fest. Wie soll ich auch als Ärztin arbeiten, wenn ich für den Tod einer meiner ersten Patientinnen die Schuld trage.

„Wir müssen reden", meint Arthur, als er sich neben mich setzt. Ich weiß schon auf was dieses Gespräch hinauslaufen wird. Er will mich davon überzeugen nicht aufzuhören. Aber dafür ist es zu spät.

„Dann leg mal los", fordere ich ihn auf, während ich die Decke über mich lege und meine Beine anziehe.

„Wir wollen dir doch alle nur helfen. Das was Svenja gesagt hat stimmt nicht und das weißt du auch."

„Doch sie hat Recht, Arthur. Ich habe ihr nicht helfen können", sage ich traurig. „Nein verdammt nochmal. Rede dir diesen Mist gar nicht erst ein. Und das mit deiner Kündigung meine Liebe, kannst du dir abschminken. Du wirst in deinem Leben immer Zeiten haben, in denen du an dir selber zweifelst. Aber Sophia, glaube mir, es ist keine Lösung dann immer wieder abzuhauen und alles weg zu werfen. Du hast jetzt sechs Jahre studiert und nur weil sich eine Patientin umgebracht hat, willst du alles hinschmeißen", meint er und hält meine Arme fest. „Was glaubst du was ich alles schon für Sachen in der Klinik erlebt habe, aber ich habe nie daran gedacht mir persönlich die Schuld zu geben".

Ich hab noch nie gehört, dass Arthur mal etwas Schlimmes erlebt hat. Ich dachte immer, ihm fällt alles einfach zu und er hat keine Probleme. So wie bei meinem Bruder eben.

„Ich habe schon viele Menschen gesehen, welche todkrank waren und auch Patienten die sich umgebracht haben. Natürlich ist das ein harter Moment, da kann ich dich wirklich verstehen, aber du musst mir wirklich glauben. Es ist keine Lösung einfach alles hinzuschmeißen und sich einzuigeln".

Ich ziehe meine Beine an meinen Körper und lege mein Kinn darauf.

„Ich will mich gar nicht einigeln, wie du es nennst. Aber ich war für Lola verantwortlich. Und ich habe es nicht geschafft ihr zu helfen", merke ich an und kämpfe gegen meine aufsteigenden Tränen.

„Ja das warst du, aber dann müsste ich mir auch die Schuld geben". Ich sehe ihn irritiert an. Von was redet er da?

„Ich war es doch, der dir Lola erst als Patientin übergeben hat. Und das obwohl du erst ganz neu auf die Station gekommen bist. Aber Sophia, wir wussten doch alle nicht, wie schlecht es ihr wirklich geht. Und du hast einen Erfolg geschafft. Sie hatte doch schon etwas zugenommen. Du bist nicht schuld", versucht er mir klar zu machen. Ich nicke lediglich und lasse mich zurück fallen.

„Das kann ich mir nicht mit ansehen. Wir beide gehen heute Abend raus. Damit du aus deinem Schneckenhaus heraus kommst und mal endlich wieder positive Gedanken bekommst", ordnet er an und und zückt sein Smartphone.

„Ja Josh, hast du heute Abend Bock mit in den Club zu kommen? Deine Schwester muss dringend mal aus ihrem Prinzessinnenturm", höre ich ihn mit meinem Bruder reden. „Ja? Perfekt. Dann treffen wir uns um neun vor dem Eingang".

Also Sweety, um halb neun bin ich bei dir", meint Arthur und verabschiedet sich von mir.

Na super. Mit Arthur und Joshua in einen Club zu gehen, ist nicht wirklich dass was ich mir für den heutigen Abend vorgestellt habe. Am Ende bringt Arthur noch seine Svenja mit. Dann bleibe ich aber gleich zu Hause.

Kurz nachdem Arthur meine Wohnung verlassen hat, klingelt mein Smartphone. - Joshua.

„Hallo Josh", begrüße ich meinen Bruder.

„Na Schwesterherz. Bist du sicher, dass es das Richtige ist heute Abend in einen Club zu gehen? Also ich finde es schon einmal gut, dass du dich nicht verschließt, du weißt, dass ich dich sehr, sehr lieb hab oder?", fragt er.

„Um ehrlich zu sein, hat mir dein bester Freund nicht wirklich eine Möglichkeit gegeben. Arthur hat das einfach so bestimmt. Du musst aber nicht mitkommen, ich könnte es verstehen wenn du ohne Sam nicht ausgehen möchtest", erkläre ich ihm.

„Glaubst du ich lasse dich mit Arthur alleine? Nein meine Liebe, da ist mir das Risiko zu groß, dass ihr euch die Köpfe einschlagt", meint er und ich weiß genau, dass er mit dem Kopf schüttelt.

„Ok, dann sehen wir uns also vor dem Club".

Nachdem wir das Gespräch beendet haben, raffe ich mich auf und suche mir ein passendes Outfit.

Um halb neun klingelt es an der Tür. Und ich bin noch nicht angezogen. Lediglich in meinem Bademantel, öffne ich die Tür und sehe einen grinsenden Arthur vor mir. „Also ich weiß nicht, ob ich in deinem Aufzug nicht lieber hier bleibe und was anderes mache", meint er und sieht mich an.

„Vergiss es. Gib mir fünf Minuten dann können wir los", entgegne ich und renne in mein Schlafzimmer.

- - - - -

„Dann hole ich uns mal was zum Trinken", informiert uns Arthur als wir im besagten Club angekommen sind. „Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal in einem Club war," gibt mein Bruder zu.

„Na ja, es würde mich auch wundern, wenn du trotz Frau noch alleine in einen Club gehst", erwidere ich kichernd. „Hey, du kannst wieder lachen. Aber um ehrlich zu sein, habe ich genau hier meine Frau kennengelernt", eröffnet er strahlend.

Ich will auch so glücklich sein wie er und Sam.

„So, ich würde einfach mal sagen, Prost". Arthur drückt Josh und mir eine Flasche Bier in die Hand und sieht uns an.

„Auf einen fröhlichen Abend", versucht uns Josh über die laute Musik zu zurufen.

- - - - - -

Ein paar Stunden und Drinks später, habe ich meinen Bruder vollkommen aus den Augen verloren. Hoffentlich hat er keinen Mist gebaut und ist mit irgendeiner Frau mitgegangen.

Ich persönlich bin ehrlich gesagt, schon etwas betrunken.

Als ich mir den nächsten Drink bestellen möchte, hält mich eine Hand zurück. „Ich denke du hast genug", höre ich Arthur hinter mir. „Lass mich", fauche ich ihn an und möchte meinen Arm los reißen, doch er hält mich fest. „Ich bringe dich nach Hause", kontert er und zieht mich aus dem Club.

Was bildet er sich eigentlich ein?

Als wir auf der Straße stehen, drückt er mich an sich und sieht mir in die Augen. Er hat so unfassbar schöne Augen. Am liebsten würde ich ihn jetzt küssen. „Sophia, was machst du?", fragt er als ich mit meinem Gesicht immer näher komme. „Ich werde dich jetzt küssen", warne ich ihn, ehe meine Lippen schon auf seinen liegen. Dieses Gefühl habe ich wirklich vermisst. Sie sind so schön weich. Zu meiner Freude, erwidert er den Kuss und zieht mich noch näher an sich.

Und immer wieder er! #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt